Skip to main content

Full text of "Die Sage von Tristan und Isolde: Studie über ihre Entstehung und Entwicklung im Mittelalter"

See other formats


Google 



This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct 

to make the world's books discoverablc online. 

It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject 

to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books 

are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover. 

Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the 

publisher to a library and finally to you. 

Usage guidelines 

Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the 
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to 
prcvcnt abuse by commercial parties, including placing lechnical restrictions on automated querying. 
We also ask that you: 

+ Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for 
personal, non-commercial purposes. 

+ Refrain fivm automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machinc 
translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encouragc the 
use of public domain materials for these purposes and may be able to help. 

+ Maintain attributionTht GoogXt "watermark" you see on each flle is essential for informingpcoplcabout this projcct and hclping them lind 
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it. 

+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are lesponsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just 
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other 
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any speciflc use of 
any speciflc book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search mcans it can bc used in any manner 
anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe. 

Äbout Google Book Search 

Google's mission is to organizc the world's Information and to make it univcrsally accessible and uscful. Google Book Search hclps rcadcrs 
discover the world's books while hclping authors and publishers rcach ncw audicnccs. You can search through the füll icxi of ihis book on the web 

at |http: //books. google .com/l 



Google 



IJber dieses Buch 

Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Realen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im 
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfugbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde. 
Das Buch hat das Uiheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch, 
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann 
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles 
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist. 

Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin- 
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat. 

Nu tzungsrichtlinien 

Google ist stolz, mit Bibliotheken in Partnerschaft lieber Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse 
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nie htsdesto trotz ist diese 
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch 
kommerzielle Parteien zu veihindem. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen. 
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien: 

+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche Tür Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese 
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden. 

+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen 
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen 
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials fürdieseZwecke und können Ihnen 
unter Umständen helfen. 

+ Beibehaltung von Google-MarkenelementenDas "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über 
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht. 

+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein, 
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA 
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist 
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig 
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der 
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben. 

Über Google Buchsuche 

Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google 
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser We lt zu entdecken, und unterstützt Au toren und Verleger dabei, neue Zielgruppcn zu erreichen. 
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter |http: //books . google .coiril durchsuchen. 



C- 



DIE SAGE 



VON 



TRISTAN UND ISOLDE. 



S T U D I E 



ÜBER IHRE 



ENTSTEHUNG UND ENTWICKLUNG IM MITTELALTER 



VON 



DR WOLFGANG GOLTHER. 



MÜNCHEN 1887. 
CHRISTIAN KAISER. 



\ 



i 



- zy^o^. 



/ 






- \> 

t v- 



V 



VORWORT. 



Die vorliegende abhandlung über die sage "von Tristan und 
Isolde wurde im verflossenen winter auf rat des herrn professor 
Conrad Hofraann in angriff genommen, es wurde zunächst beab- 
sichtigt, sämtliches erreichbare materiai heranzuziehen und das 
gegenseitige verhältniss der verschiedenen erhaltenen fassungen 
festzustellen, es liessen sich unterscheidende merkmale der beiden 
hauptgruppen leicht erkennen und es galt nur mehr deren gründe 
klar zu legen, das Thomasgedicht hat in den letzten jähren ver- 
schiedene bearbeitungen erfahren und diese frage darf in den 
hauptpuncten wenigstens als erledigt gelten, dagegen hat die 
Berol- oder Eilhart-version längere zeit keine eingehendere Unter- 
suchung mehr erfahren, durch Lichtensteins ausgäbe, wenn man 
auch gegen die textconstituirung bedenken erheben kann, ist doch 
für die uns hier in erster linie beschäftigenden zwecke der ver- 
gleichenden Sagenforschung das notwendige materiai in vollständiger 
weise zur band gelegt, so konnte ein ähnlicher versuch, wie er 
bereits mit dem Thomasgedicht gemacht wurde, auch mit der 
zweiten gruppe unternommen werden, ich bin mir der Schwierig- 
keiten dieser aufgäbe wol bewusst, und glaube durchaus nicht zu 
ganz unverrückbaren resultaten gelangt zu sein, man hkt hier 
vor allem von französischer seite auf neue publicationen, auf das 
schaffen einer festen basis, wo wir bisher noch in vielen puncten 
auf unsichere grundlage angewiesen waren, zu rechnen, im grossen 
ganzen haben wir zwar auf neue entdeckungen nicht mehr zu hoffen, 
bereits die älteren forscher, wie Michel in seiner Tristanausgabe 
und Hagen im vierten bände der Minnesinger in der abhandlung 
über Gottfried von Straösburg haben ziemlich vollständig alles 



IV 

beigezogen und besprochen, unsere aufgäbe besteht heute darin, 
das teilweise noch ganz kritiklos und ungeordnet neben einander 
liegende zu sichten und zu ordnen; eine grössere anzahl von 
meinungen, welche bei genauerer betrachtung sich als keineswegs 
stichhaltig erweisen, deren autorität meistens nur durch die macht 
langer gewohnheit gestützt wird, muss aus der litteraturgeschichte 
des mittelalters entfernt werden, bei der arbeit musste unwill- 
kürlich die frage nach dem Ursprung und dem entstehen der sage 
auftauchen, die ganze masse von differirenden zügen der sage 
konnte doch unmöglich als jedesmal von neuem aus keltischen 
originalen übernommen betrachtet werden, es hält schwer, eine 
grenze zu ziehen, wo die sage beginnt, sich als bereits nationale 
französische weiter zu entwickeln, das muss aber unstreitig schon 
ziemlich früh der fall gewesen sein, an verschiedenen orten waren 
treffende bemerkungen zur Tristansage niedergelegt, dieser oder 
jener zug als ein der mittelalterlichen novelleu- und märchen- 
litteratur entnommener nachgewiesen, ich habe mich bemüht, im 
ersten abschnitt alles hierher gehörige zusammenzustellen, die 
keltische sage trat dabei aber immer mehr in deu hintergrund, 
verschwand fast vollständig, es dürfte namentlich schwer halten, 
dasjenige, was man den nationalen geist einer sage nennt, für 
keltische entstehung geltend zu machen, abgesehen von dem stoffe, 
der nicht keltisch scheint, ist form und geist französisch, wenn 
auch mein verfahren vielleicht zu radical erscheinen dürfte, so 
wird man doch das eine zugaben müssen, dass dem französischen 
dichter eine wichtigere Stellung in der entstehungsgeschichte der 
bretonischen sagen einzuräumen ist, als es für gewöhnlich geschieht, 
auch das verhältniss zwischen dem höj&schen epos und dessen not- 
wendiger grundlage, dem epischen gedichte des roheren Jongleurs 
darf einige beachtung beanspruchen. 

Als meine arbeit ziemlich abgeschlossen war, kam mir erst 
das letzte heft des XV. bandes der Romania zu. es konnte noch 
in den anmerkungen verwertet werden, die Tristanfrage ist von 
berufenster seite, von Gaston Paris auf die tagesordnung gesetzt, 
und wir dürfen auf höchst interessante aufschlüsse hoffen, ich 
glaube aber, zur Veröffentlichung meiner studie gerade im gegen- 
wärtigen zeitpuncte berechtigt zu sein, in der geschichte der 



litteratur des mittelalters ist die deutsche und die französische 
forschung innig verwachsen und nur aus einer möglichst voll- 
ständigen berücksichtigung der deutschen und franzosischen werke 
kann man sichere erkenntniss schöpfen, so hoffe ich, dass bei 
den Untersuchungen über die altfranzösischen Tristandichtungen 
die vorliegende arbeit nicht ganz unwillkommen sein wird, indem 
ja auch sie sich zur aufgäbe macht, aus den deutschen übersetzungs- 
werken ein bild der originale zu gewinnen, was bisher in bezug 
auf die deutschen dichtungen in dieser hinsieht festgestellt wurde, 
wurde verwertet, es ist gleichsam eine skizze, welche wir zur 
berichtigung und ausführung denjenigen übergeben, welche die 
originale selbst besser zu beurteilen und verstehen vermögen. 

Ich habe mich am ende noch darüber zu rechtfertigen, dass 
ich einige Seiten text des altfrauzösischen prosaromanes stehen liess, 
den ich nach dem mir zugänglichen drucke excerpirte, nachdem 
nunmehr^) diese teile correct nach der handschrift edirt sind, es 
geschah nur aus äusseren gründen, um mit den vorher benützten 
stellen in Übereinstimmung zu bleiben, für welche mir ja eine 
correcte handschriftliche lesung nicht zu geböte stand, für die 
bequemere orientirung des lesers liess ich die ausserdem nur so 
weit als mit Eilhart correspondirend ausgehobenen stücke stehen. 



^) im XV. bände der Bomania. 

München, juli 1887. . 

W. Golther. 



INHALTSVERZEICHNISS. 



pag. 

I. Der Stoff nnd Inhalt der Tristansage 1—29 

Einleitende bemerkungen 1—2 

Die namen stammen teils aus dem französischen, teils aus 

dem keltischen 2—6 

Zeugnisse für das bestehen einer sage von Tristan und Isolde, 

die aus historischen oder halbhisi^rischen quellen . . . 6—7 

aus kymrischen sagen 7, — 10 

aus bretonischen sagen 10 

aus den Ortsnamen zu entnehmen sind 10 — 11 

Das vorhandene keltische material bietet keinerlei irgendwie 
beweiskräftige anhaltspuncte für die annähme einer aus- 
gebildeten keltischen Tristansage dar . . . . . . . 11 

Beziehungen zur keltischen und indogermanischen mythologie 11 — 12 

Die sage setzt sich aus einzelnen episoden zusammen ... 13 

Der reinigungseid 13 — 15 

Tristans drachenkampf 15 

Fahrt nach der Jungfrau mit dem goldenen haare . . . . 15 — 16 

Eahedin und das zauberkissen 16—17 

Die Midasepisode 17 

Genovevalegende 17 

Tristans Verkleidungen 17 — 18 

Kleinere züge 18 

Züge, welche sonst im sog. bretonischen Sagenkreise parallelen 

haben 18—20 

Die episoden und einzelnen scenen, aus denen sich die sage 
zusammensetzt, stammen aus der im mittelalter sehr ver- 
breiteten, in ihren letzten Ursprüngen nach dem Orient 

zurückreichenden novellen- und märchenlitteratur ... 20 
Spuren keltisch-bretonischer sagen sind vorhanden, aber sie 

sind von untergeordneter, secundärer bedeutung . . . 20—22 
Der stand der keltischen litteratur, soweit man sich nach dem 
vorhandenen materiale ein urteil zu bilden vermag, lässt 

auch nicht mehr erwarten, als wir besten falles vorfinden 22 — 24 



VII 

Ausserkel tische, germanische elemente der sage .... 24 

Antike sagenelemente 24 — 27 

' Der schluss der Tristansage, die blumensage 27 — 29 

Als resultat ergibt sich, dass man aus der betrachtung des 

inhaltes keineswegs auf eine keltische sage schliessen darf 29 

II. Die spielmannsTersion der Tristansage 30—100 

Die sage erwuchs in Frankreich, bereits um 1150 existirten 
zusammenhängende darstellungen 30 

Das verhältniss des französischen höfischen kunstdichters zu 
seinem stofPe. aus seinen angaben ist zu entnehmen, 
dass bereits anderweitige spielraanns-dichtungen seinem 
werke vorangegangen waren 30—33 

In bezug auf die entstehung und bildung der sage herrscht 
ein parallelismus zwischen den epen des national-fran- 
zösischen und des bretonischen Sagenkreises 33 — 35 

Die lais und die französischen spielleute in ihrem verhältniss 
zu ihnen, sie sind teilweise als Übersetzer tätig; die- 
selben männer können aber nicht zugleich als dias- 
keuasten und cykliker tätig sein 36—39 

Nicht alle lais sind notwendig als Übersetzungen aus dem 
bretonischen aufzufassen, der lais de Chevrefoil ist keine 
Übersetzung aus dem keltischen, sondern ein auf einer 
bereits ausgebildeten französischen Tristansage beruhen- 
des gedieht 39—41 

Die form der lais ist aber wichtig, weil in ihr einzelne epi- 

soden erzählt werden 41 — 42 

Der versuch der gesamtbearbeitung wurde mehrfach unter- 
nommen: Berol- und Thomasversion 42 — 43 

Der französische prosaroman: 

Handschriften und drucke 43 — 45 

Textstellen aus dem romane 46 — 71 

Der roman repräsentirt eine version, welche in ihren grund- 
zügen zu dem bei Berol, Eilhart, Ulrich von Türheim 
und Heinrich von Freiberg überlieferten stimmt . . . 71 — 72 
Mit demjenigen, was der roman über seine quellen und 
seine entstehung angibt, darf man nicht für die ent- 
stehungsgeschichte der sage überhaupt argumentiren. 
die angaben sind in der letzterwähnten beziehuhg wert- 
los und unglaubhaft 72 — 74 

Die von Michel edirten sog. Berol-fragmente sind Überreste 
von' Spielmannsdichtungen, in denen die handlung noch 

unfertig und im flusse begriffen ist 74 — 78 



VIII 

pag- 
Die stellimg der mittelalterlichen dichter zu ihren quellen 

und der wert ihrer angaben 78—80 

Berol hat die bereits schriftlich fixirte und namentlich * 

aber auch mündlich Überlieferte sage behandelt . . . 80—82 
Aus yarianten mehrerer bearbeitungen, welche auTs fran- 
zösische zurückführen, geht hervor, dass im französischen 

verschiedene fassungen vorhanden waren 82 — 83 

Auch aus Eilharts werten darf auf mehrfache versuche von 

Tristanversionen im XII. Jahrhundert geschlossen werden 84 
Das von Michel im 1. bände edirte fragment (Berol) zerfällt 

in zwei hälften, die verschiedenen Ursprunges sind . . 85 — 89 
Ein unterschied in der stofflichen anordnung ist in den 
verschiedenen bearbeitungen der spielmannsversion zu 

constatiren 89—92 

Der stil der französischen fragmente 92—95 

Ulrich von Türheim, Heinrich von Freiberg und ihre vor- 
lagen . . . > 95—97 

Der (^chische Tristan 97 

Spuren anderer Versionen 98 — 99 

Characteristik der spielmannsversion 99—100 

III. Die höfische Torsion^ das Thomasgedicht 101—114 

Einleitende bemerkungen. der vom spielmann verarbeitete 

Stoff wird vom höfischen kunstdichter übernommen . . 101 — 102 

Thomas und sein Vorgänger Breri 102 — 107 

Principiell« unterschiede zwischen der vorläge des Thomas 
und der spielmannsversion in bezug auf stoff und inhalt 

sind nicht vorhanden 107 — 109 

Des Thomas eigenes dichterisches verdienst und sein stil 109 — 113 
In den französischen fragmenten des Thomasgedichtes 
(Michel II und III), in der englischen und nordischen 
Version und bei Gottfried von Strassburg haben wir 
verschiedene redactionen eines und desselben gedichtes 
gegenüber den verschiedenartigen bearbeitungen der 

spielmannsversion 114 

Der Tristan des Chrestien von Troyes 114 — 116 

Der Tristanstoff in Norwegen, Island, auf den Feeröem 

und in Dänemark 116—124 



ERSTES CAPITEL. 
Der stofT und Inhalt der Trietansage. 

Die sage von Tristan und Isolde hat im Mittelalter wol unter 
allen den übrigen beliebten und viel bearbeiteten stoffen die grösste 
Verbreitung gefunden, von Frankreich nahm sie ihren ausgangs- 
punct, und wurde in die vulgärsprachen teilweise übersetzt, teil- 
vreise auch mit mehr oder weniger freiheit bearbeitet, die liebe, 
welche mit unbesieglicher macht herrorbrechend alle schranken 
zertrümmert, in ihren ewigen kämpfen sich in schuld verwickelt, 
endlich zum sühnenden tode führt und damit ihre unüberwindlich- 
keit besiegelt, ist ein rein menschliches motiv, das nicht zum 
wenigsten dazu beitrug, dass die sage noch mehr als die andern, 
welche doch allerlei fremde demente in sich schlössen, überall 
anklang fand und uns auch heute nahe steht, es ist von interesse, 
dem Stoffe, in den diese in der gemütsweit beruhende dichterische 
Schöpfung sich kleidete, soweit als möglich nachzugehen und zu 
versuchen, eine darstellung der geschichte vom Ursprung und von 
der entwicklung der sage zu entwerfen, es liegt bereits eine 
grössere anzahl von einzeluntersuchungen vor, die zum teile vor- 
treffliches bieten, auch in den litteraturgeschichten kamen diese 
fragen zur erörterung, wurden aber sehr widersprechend und un- 
klar beantwortet, die specialarbeiten, wie z. b. die abhandlungen 
von Heinzel (z. f. d. a. XIV, pag. 272—447) und von Kölbing 
(die nordische und die englische version der Tristansage bd. I 
und II) sind auf die fragen nach dem Ursprung als ausserhalb 
ihres gebietes liegend nicht eingegangen, den darstellungen, die 
vom gesamtgesichtspuncte ausgehen, haftet aber meistens eine ge- 

Golther, Tristan. 1 



- 2 - 

wisse Oberflächlichkeit an, und die resultate, welche sich aus einer 
genauen berücksichtigung des materiales gewinnen lassen, werden 
darum nicht erreicht, oft auch findet sich eine wertvolle bemer- 
kung an einer entfernten stelle niedergelegt, der versuch einer 
erneuten darstellung darf somit wol als berechtigt erscheinen. 

Unsere frage hängt zusammen mit dem für die litteratur- 
und kulturgeschichte gewiss wichtigen probleme, auf welche art 
und weise sich der Übergang der keltischen stoffe, des sogenannten 
bretonischen Sagenkreises in die französische epische dichtung voll- 
zog, auch hier vermisst man eine durchaus befriedigende dar- 
stellung. im einzelnen stösst man auf sehr schwankende ansichten, 
oft geradezu auf blosse Phantastereien, der bretonische kreis gilt 
als von den keltischen bewohnern der Bretagne und Englands 
überkommen, das Vorhandensein irgend welcher züge einer sage 
im keltischen, vorzugsweise in cymrischen mabinogion, genügt 
einer entsprechenden classificirung. vollkommen unklar bleibt das 
verhältniss, in welchem grosse meister höfischer dichtkunst, ein 
Thomas oder Ghrestien sich dem stoffe ihrer rittergedichte gegen- 
über befanden, teilweise betrachtet man die afz. prosaromane, den 
angaben ihrer Verfasser folgend, als die ausgangspuncte für die 
epischen gedichte, teilweise aber auch sind diese machwerke ihrem 
wahren werte nach als späte elaborate erkannt und dem ent- 
sprechend beurteilt, gerade die Tristansage bietet in dieser be- 
ziehung in den erhaltenen französischen fragmenten und in den 
zahlreichen ausländischen bearbeitungen ein material dar, das 
vielleicht einen etwas klareren einblick in die verschiedenen stadien 
zu eröffnen vermag, bei ihr lä^t sich erkennen, was ursprünglich 
wirklich keltisch war, was dann um einen gegebenen mittelpunct 
sich krjstallisirte, und wo und unter wessen bänden solches ge- 
schah, endlich wie der stoff soweit gedeihen konnte, dass daraus 
jene epochemachenden poetischen kunstwerke hervorgiengen, welche 
einen mächtigen einfluss auf die gesamte europäische litteratur 
auszuüben bestimmt waren. 

Die Tristansage nimmt im bretonischen kreise insofern eine 
Sonderstellung ein, indem sie selbstständig auftritt und ihre Ver- 
bindung mit den sagen von Arthar rein äusserlicher natur ist 
und auch erst spät zum Vorschein kommt. Gotfried von Monmouth 



— 3 - 

erwähnt bei Arthur unserer sage nicht, kein märchen, kein 
mabinogi ist überliefert, dass die Tristansage, uns in ähnlicher 
gestalt vorführen würde, wie die entsprechenden mabinogion von 
Peredur, Owenn etc., wodurch- die annahtne gerechtfertigt schiene, 
dass unsere sage ursprünglich als ein product keltischen volks- 
geistes aufzufassen wäre, wenn wir uns bestreben, die etwa in 
keltischer tradition vorhandenen grundzüge aufzudecken, aus denen 
sich Aie sage aufbaute, so ist zunächst das vorhandene material in 
bezugauf die ihm beizumessende bedeutung zu untersuchen, hieraus 
wird sich am ehesten eruirea lassen, was keltisch ist. zunächst 
lassen sich aus den namen Schlüsse ziehen, wobei jedoch darauf 
rücksicht zu nehmen ist, dass die "Schreibweise der namen zuweilen 
schon in den französischen, noch weit mehr in den auslän- 
dischen bearbeitungen ziemlich differirt. Volksetymologie, lautliche 
Umgestaltungen können zerstörend eingewirkt haben, so dass die 
richtige form nur schwer zu ermitteln ist. über die Variabilität 
der form cfr. Leith, on the legend of Tristan, pag. 35, der, obwol 
nicht einmal erschöpfend, doch eine recht bunte reihe für Tristan, 
Isolde, Marke, Brangaene und Morold verzeichnet, am besten hat 
wol Gottfried die frz. namen wiedergegeben. Tristan und Isolde^) 
(Essylt im Brut Tysilio) werden als keltische namen aufgefasst. ihre 



^) Isolt findet sich bereits in einer Urkunde des 8. Jahrhunderts; 
Foerstemann altdeutsches namenbuch l, 804. es ist darum allerdings die 
möglichkeit vorhanden, dass wir es hier mit einem ursprünglich germa- 
nischen und gar nicht mit einem keltischen namen zu tun haben, nemlich 
tswalda = Eiswalterin, wozu die alte form vortrefflich stimmt Isalt; cfr. 
Gregor Sarrazin, ztschr. f. vergleichende litteraturgeschichte bd. I, 1887, 
pag. 266. der name Isold erscheint ja erst im 12. Jahrhundert in Irland, mit 
der sage selbst, er scheint vorher nicht belegt werden zu können, cfr. Hertz 
Tristan und Isolde pag. 579. unsere ansieht, dass die sage gar nicht kelt. 
Ursprunges ist, wird durch diese mir sehr wahrscheinlich dankende ableitung 
des namens sehr gestützt. Über die formen in der afz. Überlieferung cfr. 
unten, der Name , Isolt* ist uns in einer Urkunde vom 1. april des Jahres 
792 überliefert (Zeuss, traditiones possessionesque Wizenburgenses pag. 199). 
femer findet er sich im verbrüderungsbuche von St. Peter ed. Earajan 
pag. 53, hier im 10. Jahrhundert eingezeichnet, an beiden stellen bleibt 
unsicher, ob wir es mit männlicher oder weiblicher form zu tun haben, 
dagegen findet sich im polyptychon St. Remigii ed. Gudrard die form 



— 4 — 

deutung liegt im dunkeln (cfr. auch Hertz, Tristan u. Isolde pag.542). 
Marke^) wird mit dem altgall. marka = pferd in Verbindung gebracht. 
Riwalin repräsentirt den aremorischen namen Rigobilinus, der als 
Rivelin, Rivilin, Rivilen, Rivelen, Riwelen erscheint (Zeuss gram, 
celt.* pag. 87), oder wie Bacmeister, kelt. briefe, Strassb. 1874, 
pag. 86 will, Rigovellaunus d. i. königlicher held, cfr. Glück, die 
bei Cäsar vorkommenden keltischen namen, München 1857, pag. 2, 
164, 178. Rigolin (Gottfried 18878 u. a.) und Rlole (Eilhart 
5542 u. o.) sind nur Umgestaltungen desselben namens. Brangaene 
ist = Brangwen des cymrischen mabinogi (bei Lady Guest III, 
pag. 197), d. h. Weissbrust, im 'selben mabinogi kpmmt ein 
irischer held mit namen Matholuch vor, der mit dem Morold des 
Tristan in Verbindung stehen soll, die form Morold weisst aller- 
dings eher auf deutschen Ursprung, etwa Morwalt zurück. Urgan 
ist der name Uryen; Morgan ist ein keltisches resp. cymrisches wort 
und bedeutet meeranwohner. Marjado, (Sir Tr. Mefjadok) stimmt 



ylsoldus''. der deutschen heldensage ist ebenfalls die männliche form be- 
kannt, Isolt ist ein manne Etzels, Grimm heldensage pag. 198. die Zu- 
sammensetzungen mit ^is' sind ziemlich hftu6g, cfr. Iso, Isbert, Isger, Is- 
man, Ismar, Ismund, Isulf, Isher, Isovin, demin. Isilo, Isikö, fem. Isula; 
Isgild, Islind, Isburg, (Foerstemann altd. namenbuch I, pag. 803 ff.); 
auch im nord. lassen* sich entsprechende compositionen finden, Isolfr, Israudi*, 
lsmä.1. auch die mittelhochdeutsche dichtung kennt den namen, in der 
klage kommt die herzogin Isalde vor, Grimm, heldensage pag. 118. man 
könnte hier zwar an entlehnung aus der Tristansage denken, doch ist kein 
grund dazu vorhanden, die namen, welche wir als Urformen für alle übrigen 
ansetzen müssen, lauteten im frz. Isalt, Isolt, Iselt. Isalt und Isolt erklären 
sich direct aus Iswalt, das im frz. als Isoalt erschien. Iselt aber kann unter 
dem einfluss einer andern ableitung entstanden gedacht werden: Isgildis 
(polypt. Irminonis ed. Guärard 72, 257) aus Ishilt, Ishilt aber repräsentirt 
sich leicht als Iselt. wenn wir einmal Ysiaut finden = Isialt, so kann 
auch hier formübertragung tätig gewesen sein, indem Is- wie ein -i stamm 
behandelt wurde z. b. Hildiold (pol. Irm. 231). somit steht der ableitung 
des namens aus dem germanischen nichts im wege, zumal ja der name aus 
fränkischen Urkunden belegt werden kann, und die erklärung unstreitig 
allen andern versuchen vorzuziehen ist. 

^) Marc und Marco muss nicht notwendig aus dem keltischen erklärt 
werden, da derselbe name auch im deutschen häufig belegt werden kann, 
Foerstemann I, pag. 912 ff. 



— 5 — 

zu dem namen Meriadus^) im lai de Guigemar der Marie de France 
vers 692 u. ö. im altfranzösischen prosaromane heisst Isoldes 
vater, der könig von Irland Anguis, zuweilen verschrieben Argius. 
Hertz pag. 579 hält es ftir eine entstellung aus Hengist; vielleicht 
aber repräsentirt dies auch den irischen namen Oengus. bei Gott- 
fried hei»ät Isoldes vater Gurmun. diese persönlichkeit stammt 
natürlich von überall eher als aus keltischer sage, cfr. die aus- 
führungen darüber bei Hertz pag. 569 S. Jovelin bei Gottfried 
ist eine fehlerhafte form, das richtige bietet Eilhart: Havelin, 
der franz. prosaroman Howel = dem bretonischen namen Hoel, 
Houel (Zeuss gr.* pag. 93). Eaherdin erklärt Villemarque, 
(les romans de la table ronde, Paris 1860, pag. 83) aus dem 
cymrischen Kaerden d. h. schöner mann, an Ortsnamen finden 
wir Develln, Karliun, und das feenland der bretonischen sagen 
Avelun. die namen der hauptpersonen weisen auf einen ausser- 
französischen Ursprung hin. daneben aber stehen personennamen, 
die ein deutliches französisches gepräge tragen und für deren heimat 
und Ursprung wir frz. Verhältnisse vorauszusetzen haben, man 
könnte zwar dagegen geltend machen, dass die frz. namen viel- 
leicht frühere keltische verdrängt hätten, wie z. b. Gurmun und 
Anguis. aber eine directe notwendigkeit zu solcher annähme liegt 
ganz und gar nicht vor. Blancheflur heisst Tristan^s mutter., das 
seltsame BlensinbiP) der nordischen saga ist aus irgend einer ver- 
derbten lesart zu erklären, man darf darin nicht etwa einen fremden 
ursprünglichen namen suchen wollen, dem steht schon das über- 
einstimmende zeugniss Gottfrieds, des Sir Tr, und Eilharts entgegen. 
Rugier (Gottfried 18842) ist ein französischer^) name, der aus 
dem altnorrönischen Rodgeir abzuleiten ist; ebenso stammt Rual 



^) Meriadoc heisst ein könig der Bretagne bei Gotfried von Monmouth 
ed. San Marte pag. 292. 

^) Gottfried N liest Blanze-flur, Blansi-flur, hieraus ist leicht für den 

ersten teil eine etwa mit dem nordischen übereinstimmende lesung Blansi- 

oder Blensi-flnr zu entnehmen, auch Eilhart H liest Blantze-fluor , und 

noch treffender 633 Blanczen-flur. bei GottMed M findet sich auch häufig 

i Blanschen-flur. 

') zu den französ.-germanischen namen cfr. auch Sarrazin ztschr. 
f. vergl. litteraturgesch. bd. I, 1887, pag. 263. 



— 6 - 

li foitenant aus Kohault, d. i. Hrodo — Hruodwalt; seine gattiu 
Floraete = florata die blühende, Kurvenal — Gouvernail ist ein 
name, der aus der erzieherischen tätigkeit seines tragers abzuleiten 
ist. neben die rein keltischen namen stellen sich also 
rein französische, welche nur auf französischem boden, 
unter den bänden französischer dichter der sage ein- 
verleibt werden konnten, mit den namen an und für sich 
ist ja noch keineswegs auch schon eine sage gegeben. 

Auf grundlage der namen darf man nach etwa vorhandenen 
historischen Verhältnissen suchen. Morolds zug nach Cornwall 
enthält eine erinnerung an kriege zwischen Irland und Cornwall. 
dem bereits erwähnten mabinogi li^en vielleicht ähnliche erinne- 
rungen zu gründe; die cymrischen triaden erwähnen mehrfacher 
kämpfe mit den Gwyddelian, den Irländern; ebenso häufig die 
bardenlieder. aber es ist gewagt und wertlos, aus dem ersten 
teile der Tristansage auf grund sehr vager und unbestimmter an- 
haltspuncte unsichere hypothesen zu bauen, wie Sullivan-O'Curry, 
on the manners and customs of the ancient Irish I, p. XXXIX, 
und Estlander, acta societatis scientiarum Fennicae 1867, tom. 
YIII, pars II, pag. 427. dagegen sind allerdings einige notizen 
vorhanden, welche man in directen Zusammenhang mit der 
Tristansage bringen darf, im leben des heiligen Paul von 
Leon, der am ende des V. Jahrhunderts geboren wurde, heisst es 
' (ASS. mens. mart. tom. II, pag. 114^^ 12. märz): ßex quidam 
Marcus nomine in vicino (seil. Comubia vel Cambria) florebat 
eodem tempore, cujus imperii dominatus leges dabat quatuor gen- 
tibus, linguarum famine dissidentibus. bei Gotfried von Monmouth 
lib. II, 2, 4, 5 erscheint eine Estrildis (in der entsprechenden stelle 
des Brut Tysilio Essylt). man bringt diese Estrildis^) in ver- 



^) Estrildis ist offenbar ein germanischer name, mit bilde zusammen- 
gesetzt ags. form für östarbilt (Foerstemaun altd. namenbucb pag. 184 ff.)> 
Brut Tysilio ist eine Übersetzung von Gottfrieds werk, cfr. Heeger, über 
die Trojanersage der Britten, München 1886, pag. 79 f. warum er gerade 
Essylt an stelle von Estrildis setzt, kann ich mir nicht erklären, am 
ende ist es ein reiner zufall und hätte die stelle überhaupt gar nichts 
mit Essylt-Isolde zu tun. nach dem texte bei G. v. M. würde niemand 
auf irgend welchen Zusammenhang schliessen können, das einzige medium 



- 7 — 

bindung mit der gleich nachher zu erwähnenden Essylt der triaden. 
in der Schilderung ihrer Schönheit und des Unfriedens, den diese 
anrichtet, findet man einen hinweis auf die liebesgeschichte von 
Tristan und Isolde, die weite zurückversetzung in die urzeit deute 
auf ein hohes alter der Tristansage (San Marte. Gotfried von 
Monmouth pag. 212 f.). jener Marcus rex kann recht wol unser 
Marke sein und die Estrildis Isolde, aber damit ist noch nichts 
für das hohe alter der sage bewiesen, es ist hieraus nur zu ent- 
nehmen, dass die historischen personen, an deren namen später 
die sage sich anknüpfte, in einer frühen zeit lebten, die Tristan- 
sage ist damit so wenig gegeben, als die sage von Karl dem 
grossen mit dessen regierungszeit oder die Dietrichsage mit Theo- 
dorich, verschiedene namen also sind keltisch, auch der Schauplatz 
ist hauptsächlich Oornwall und Irland, erst in zweiter linie das 
bretoniscbe Frankreich, auch letzterer umstand darf nicht ohne 
weiteres als ein beweis für den notwendigen keltischen Ursprung 
der sage angeführt werden, deutsche, und französische sagen 
nationalen Stoffes spielen auf spanischem, italienischem und orien- 
talischem boden, ohne darum etwa von dorther zu stammen. 

In zweiter linie kommen vorhandene reste und spuren 
in keltischer sage selbst in betracht. an erster stelle stehen die 
angaben der sogenannten cymrischen triaden, in denen annalen- 



ist der name Essylt. bezüglich dieses aber hege ich bedenken, ich 
halte eher dafür, dass auch er aus dem frz. stammt, aus der 
form Iselt ^= Yseut. meines wissens gibt es keine belegstellen, welche 
ihn als keltisch erweisen würden, und die erklärungsversnche aus dem 
cymrischen sind keiner weiteren debatte wert, die kelt. sprachen ver- 
fahren mit fremdwörtern sehr frei, ein Essylt aus Yselt erklärt sich leicht, 
aber schwer können wir ein frz. Ysalt Ysolt Yselt aus Essylt uns zurecht 
legen, wenn aber diese unsere ansieht richtig ist, so ^llt natürlich jegliche 
bedeutung der triaden, die ja übrigens ohnehin fast nichts bieten, und sie 
sind gleichwie der entlehnte name ganz wertlose auf grund der bereits 
bestehenden sage fabricirte machwerke. mit den chronologischen Verhält- 
nissen lässt sich unsere ansieht recht wohl in einklang bringen. G.'s historia 
regum ßritanniae erschien um 1136. die wälsche Übersetzung dürfte um 
die mitte des 12. Jahrhunderts angefertigt worden sein, in welcher zeit 
wir bereits eine franz. sage von Tristan und Isolde vorauszusetzen haben, 
den aus ihr übernommenen namen setzte sie an stelle von Estrildis des 
latein. originales. 



— 8 — 

massig immer drei für Britannien besonders wichtige ereignisse oder 
Personen zusanmien genannt werden, diese sanmilungen stammen 
aus sehr verschiedenen perioden, aus dem XII. — XV. Jahrhundert, 
ihrem inhalte nach kann allerdings manches vielleicht älter sein, 
(über die triaden cfr. Stephens, geschichte der wälschen litteratur 
übersetzt von San Marte verschiedenen ortes.) eine sachlich correcte 
arbeit über diese für die sagengeschichte teilweise wichtigen denk- 
mäler fehlt, die angaben sind jedenfalls mit grösster vorsieht zu 
betrachten, der cymrische text findet sich in der Mjvyriau 
archaiology of Wales tom. II. es kommen für die Tristansage 
in betracht die Sammlungen pag. 1 — 22 (tr. no XX, XXIV, XXX, 
LIII, LVI, LXXXIX, und im lyvyr coch o Bergest XXV, XXXVI, 
LVI) und pag. 57 f. (no 32, 69, 78, 102, 105, 113). daraus 
geht hervor, dass Trystan, der söhn des Tallwch ein häuptling 
des VI. Jahrhunderts gewesen ist; er ist einer der drei diadem- 
tragenden fürsten der insel Britannien , einer der drei herolde, 
einer der drei hartnäckigen, welche nichts von ihrem einmal ge- 
fassten entschlusse abschrecken konnte, die liebe zur gattin seines 
oheims March ab Meirion, Essylt, erwarb ihm die bezeichnung 
eines der drei brennenden liebhaber von Britannien, es wird ihm 
die fähigkeit zugeschrieben, sich in jede beliebige gestalt ver- 
wandeln zu. können, einmal hütete er seines oheims schweine, 
während deren gewöhnlicher hirte mit einer botschafk an Essylt 
von ihm betraut war. darum zählt er zu den drei Schweinehirten. 
Essylt Fyngwen d. i. weissmähne, die blonde, die tochter des 
Culfynawyd, Tristans geliebte, und ihre Schwestern Penarwen und 
Bun sind die drei unkeuschen frauen. Marke ist einer der drei 
fiottenführer der insel Britannien, ein gespräch zwischen Tristan 
und Gwalchmai, worin letzterer den unbesieglichen beiden aufsucht 
und an Arthurs hof führt, findet sich Myvyr. Arch. I, pag. 178; 
übersetzt von Villemarque, les romans de la table ronde 
pag. 70 — 72, San Marte Arthursage pag. 161 ff. ein sonst 
unbekanntes Tristanfragment erwähnt Owen (cfr. Villemarque 
a. a. 0. pag. 78). das ist alles, was die cymrische sage über- 
liefert, die notizen sind einerseits sehr dürftig und mager, so dass 
man nicht aus ihnen für das Vorhandensein einer lebensvollen 
keltischen Tristansage argumentiren darf, andererseits sind sie 



— 9 — 

überdiess noch in bezug auf ihre ächtheit und ihren wert sehr 
anzuzweifeln, einzelne angaben der triaden dürften viel eher die 
französische sage bereits voraussetzen und demgemäss aus ihr sich 
erklären, nicht zur erklärung der französischen sage beigezogen 
werden, so enthalten z. b. die triaden eine notiz über die bekannte 
erzahlung von dem mantel, den die damen an Artus hofe an- 
probiren müssen, bei allem, was Villemarque im genannten werke 
als quelle aufstellt, ist es eher glaubhaft, dass es vielmehr umge- 
kehrt steht, nemlich die romane die quelle sind, die verschiedenen 
gestalten, die Tristan anzunehmen vermag, will er in Zusammen- 
hang mit den häufigen Verkleidungen Tristans in der sage bringen 
(a. a. o. 78). das schweinehüten Tristans hängt auch nicht mit 
dem göttlichen sonneneber zusammen (Leith, on the legend of 
Tristan pag. 20), woraus auch das wappenbild Tristans, ein eher 
sich erklären soll, berücksichtigen wir, dass bei dieser beschäftigung 
von Arthur, Marke, Cai und Bedwyr ein versuch gemacht wurde, 
dem hirten durch bestechung, kauf, list oder gewalt ein schwein 
zu rauben, so zeigt uns dies Tristan in Verbindung mit Artus, 
was immer auf eine sehr späte zeit der entwicklung der sage hin- 
weist, und wir werden besser hierin ein beliebiges spät gedichtetes, 
vielleicht etwas schwankhaft gehaltenes abenteuer zu erkennen 
haben, wie sie in den französischen prosaromanen der Artusritter 
an der tagesordnung sind, das gespräch zwischen Tristan und 
Gwalchmai könnte abgesehen von den stilistischen eigentümlich- 
keiten geradezu aus dem roman übersetzt sein, die Verbindung 
Tristans mit der tafeirunde ist anerkanntermaassen späte erfindung, 
sie ist rein äusserlich und durchaus unorganisch, in der eigent- 
lichen Tristansage ist gar kein platz zu solchen dingen vorhanden, 
im französischen prosaroraane ist dies am meisten entwickelt, aber 
auch um so äusserlicher. es kommt am ende so weit, dass der 
name Tristan rein statistisch unter den beiden der tafeirunde 
fungirt, ohne dass auf seine wirkliche sage überhaupt nur bezug 
genommen wird, z. b. in ülrich's von Zatzikhovens Lanzelet 6234, 
6394, 6979, 7030, 7289, 7601. so aber erscheint er im gründe 
auch in jenem gespräche. auch den Zusammenhang mit andern 
bardischen dichtungen, mit dem zauberkessel der Ceridwen und 
mit Taliesin, den Villemarque pag. 70 constatirt, kann ich als 



- 10 - 

auf zu vagen, unaicheren äusserlichkeiten beruhend nicht aner- 
kennen, aus dem, was die cymrische sagentradition 
selbst berichtet, dürfen wir für das Vorhandensein einer 
keltischen Tristansage kaum mehr entnehmen, als was 
bereits die namen und die wenigen halbhistorischen 
notizen an die band gaben, neu ist allein d^r bestimmte 
hinweis auf das liebesverhältniss zwischen Trystan und Essylt, 
aber in anbetracht des oben bemerkten ist nicht einmal sicher, 
ob das nicht eher auf den einfluss der bereits entwickelten fran- 
zösischen sage zurückgeführt werden muss. 

Im Bretonischen lassen sich verwandte sagenzüge aufweisen. 
Villemarque erkennt in einem volksliede, Bran ou le prisonnier 
de guerre (Barzas Breiz tom. I, pag. 205) die grundlage der 
Tristansage, cfr. auch les romans de la table ronde pag. 82 ff. 
die Übereinstimmungen sind schlagend, mit der anderung, dass 
'^die mutter des gefangenen an stelle der geliebten tritt, ferner dass 
die wache und nicht Isolde Weisshand dem harrenden die falsche 
künde bringt, dass die flagge des herannahenden schiffes schwarz 
sei, repräsentirt das fragliche lied in kurzer fassung den schluss 
der Thomasversion, es vei^leicht sich in der handlung ganz dem 
isländischen liede von Tristram. als die mutter ans land steigt, 
ertönt glockenhall und ein alter mann erteilt ihr auf befragen 
künde vom hinscheiden des Bran. sie stirbt über der leiche. die 
bretonischen Volkslieder stammen zwar aus einer viel späteren 
zeit, als das XII. Jahrhundert, jedoch könnten sie ja ihrem stoffe 
nach, wie dies auch Villemarque postulirt, viel älter sein, gerade 
die allzu genaue Übereinstimmung erregt bedenken, das lied steht 
im selben verhältniss zur französischen sage, wie das isländische 
zur norwegischen saga, es ist aus ihr geflossen und darf nicht im 
sinne Yillemarque^s als beweis für das Vorhandensein keltischer 
sage angeführt werden. 

Es finden sich einige Ortsnamen, aus denen man für die ur- 
sprüngliche heimat der sage Schlüsse ziehen könnte, in der nähe 
der in trümmern liegenden stadt Tintajoel in Cornwall findet sich 
Tristans sprung und die minnehöhle, San Marte, Arthursage 
pag. 64. eine insel „Tristan** liegt in der Bretagne, bei der bucht 
von Douarnenez, cfr. Michel, Tristan I, pag. 6. in Irland, in 



- 11 — 

Dublin waren irische orte nach Isolde und Gurmun benannt, aber 
auch diese Zeugnisse sind nur von geringer bedeutung. die sage 
zeigt einen localisierungstrieb. in Irland war die sage von Tristan 
und Isolde bis zur anglonormannischen eroberung im XII. Jahr- 
hundert unbekannt, von da ab aber giengen die namen rasch 
über, cfr. Hertz pag. 579. der name Tristan wird überhaupt 
beliebt, wo die sage hinkommt, sogar in Island, cfr. Espolin Isl. 
ärb. III, 20 ad. an. 1506 Tristram Buason. die betreffenden Ort- 
schaften erhielten ihre benennung ebenso leicht aus der franzö- 
sischen sage. 

Aus dem keltischen materiale erhalten wir also 
nichts sicheres, bedeutendes, man könnte nun allerdings 
entgegenhalten, da&s ein mabinogi von Tristan wol existirt haben 
könne, auch wenn uns nichts davon erhalten ist. ein schluss ex 
silentio dürfe nicht ohne weiteres eintreten, das märchen ver- 
schwand, weil es eine isolirte Stellung einnahm und nicht mit dem 
Arthurkreise in Verbindung stand, wie die meisten übrigen cym- 
rischen mabinogion. ohne die möglichkeit vollständig ableugnen 
zu wollen, glaube ich doch auf grund der unten mitzuteilenden 
erwägungen, dass die Wahrscheinlichkeit der existenz eine sehr 
geringe ist. 

Ob in der Tristansage züge keltischer mythologie vor- 
handen sind, so dass wir etwa nur heroisirte urkeltische gott- 
heiten vor uns hätten, scheint mir sehr fraglich, die phan- 
tastischen anschauungen von Davies (the mythologie and rites 
of the british bards London 1809) und Mone (in der ein- 
leitung zu Groote's ausgäbe von Tristan und Isolde, Berlin 1821, 
und über die sage von Tristan etc. Heidelberg 1822) wird 
niemand teilen, züge keltischen Volksglaubens finden sich jedoch, 
ob ein indogermanischer mythus^) zu gründe liegt, ist eben- 

^) für das zu gruode liegen eines idg. mythos tritt ein Sarrazin, 
f^erman. sagenmotive im Tristanromane, ztschr. f. vergl. litteraturgesch. 
bd. I, 1887, pag. 262 —272. diese arbeit enthält beachtenswerte gedanken. 
die Zusammenstellung mit deutschen und nordischen sagen ist aber nicht 
immer sehr überzeugend, zumal da die nord. sagen zum t>eile apokrypher 
natur sind, wir tun aber einen einblick gleichsam in die masse der Vor- 
stellungen und motive, aus denen sich die sagen bildeten und welche sich 
mehrfach kreuzen, ihr Ursprung scheint mir zum grossen teile in derselben 



— 12 — 

falls zweifelhaft, dafür eingetreten sind Herrn. Kurz (in der ein- 
leitung zu seiner Tristantibersetzung) und Leith (on the legend 
of Tristan, Bombay 1868); Vermutungen über Zusammenhang mit 
persischen sagen bei Hagen, minnesinger IV, pag. 564 — 565. 
Leith führt Tristan (Tritans) auf den avestisch-vedischen Thrae- 
tona-Trita zurück, aus dem drachenkampf des Gottes und aus 
dem Soma soll Tristans drachenkampf und der liebestrank zu er- 
klären sein, zunächst müsste vor allem festgestellt sein, dass 
Tritans wirklich die ursprüngliche, und echte form des namens 
repräsentirt. dies ist aber ganz und gar nicht der fall, allein im 
Berner manuscript von Tristans narrheit begegnet diese form, 
man hat derartigen mythologischen erklärungsversuchen gegenüber 
immer ein skeptisches verfahren einzuhalten, man müsste zu 
diesem behufe die sagen auf die älteste urform zurückverfolgen 
können, aber viele sagen sind eben erst im XII. Jahrhundert 
entstanden, so ist sicher auch der grösste teil der Tristansage 
eine neue dichtung. nur ganz skizzenhafte grundlinien blieben 
allenfalls der mythologiscTien deutung übrig, z. b. die beiden 
Isolden als göttin der ober- und unterweit, Tristan als frühlings- 
und Sonnengott, Marke als wintergott. eine in der menschlichen 
gemütsweit bedingte liebessage mag auch der Tristansage zu gründe 
liegen, wie die von Pyramus und Thisbe, Hero und Leander, Romeo 
und Julie; über diesen allgemeinen gehalt^) der liebessage cfr. 

quelle zu suchen zu sein, wie hier, nemlich in dem überkommenen märchen- 
und novellenhorte, der mit den echt einheimischen bildungen sich in ver- 
schiedentlicher art verbindet, die Zusammenstellung mit der Siegfriedsage 
(268 ff.) ist darum hinfällig, weil Sarrazin, obwol er pag. 262 von der aus 
beiden frz. gedichten zu erschliessenden alten normannischen sage spricht, 
hier doch nur die Thomasversion in Wahrheit berücksichtigt, aber nichts 
berechtigt zu der annähme, dass gerade ihr stoff und inhalt der ältere und 
ursprüngliche sei. 

^) diese liebessage, deren grundlage einzig die liebe zweier durch 
vom Schicksal verhängte hindernisse schliesslich zum Untergang getriebener 
menschenherzen ist, wobei sich die hemnisse in den verschiedensten formen 
zeigen können, ist in zahllosen Volksliedern behandelt, die meistens mit den 
aus den gräbem aufkeimenden blumen enden, sie ist aber so allgemeiner 
natur, dass in ermangelung besonderer characteristischer merkmale ein 
näherer Zusammenhang nicht angenommen werden darf, der natur der 
Sache nach kann sie ja bei jedem volke, zu jeder zeit entstehen. 



- 13 - 

Simrock, quellen des Shakespeare III, pag. 139—162; Bartsch, 
gesammelte vortrage und au&atze, Freiburg 1883 ^über Tristan 
und Isolde". 

Ehe wir betrachten, welchen Verhältnissen und personen die 
ausbildung der Tristansage beizumessen ist, haben wir den stoff 
selbst etwas näher ins äuge zu fassen, die handlung ist nur bis 
zu einem gewissen grade eine feste und bestimmte, nemlich in 
demjenigen teile, der auf historische Verhältnisse zurückzugehen 
scheint, Tristans kämpf mit Morold und vielleicht auch der friedens- 
schluss zwischen Cornwall und Irland bei der Werbung um Isolde, 
im übrigen besteht die sage aus einer reihe von episoden, die nur 
lose unter einander zusammenhängen, die leicht als gesondert ge- 
dacht und beliebig ausgeschieden werden können, so hat z. b. 
Eilhart^s gedieht die scene, in der Isolde durch einen irischen 
ritter entfuhrt wird, ausgeschieden, ohne dass dadurch der erzählung 
irgend wie eintrag geschieht, ganz entsprechend hat auch die 
moderne bearbeitung (Hertz) aus Gottfrieds gedichte die episoden 
von Gandin und vom hündchen Petitcriu gestrichen, da sie in 
ganz auffallig losem zusammenhange mit dem übrigen stehen. 

Eine der bekanntesten episoden ist Isoldes eid und das Gottes- 
urteil, es ist längst anerkannt, dass die scene der mittelalterlichen 
fabel- und novellenlitteratur angehört und in letzter instanz bis in 
ihre ursprüngliche heimat, nach Indien zurückverfolgt werden 
kann. cfr. Benfey, Pantschatandra I, pag. 457 — 459; arabisch 
bei Cardonne, melanges de litt, orient. I, pag. 43 — 46 (eine mit 
recht des ehebruchs angeklagte frau lässt sich auf dem wege 
zum bassin d'epreuve von ihrem als narr verkleideten liebhaber 
umarmen, sie schwört, ausser von ihrem manne nur von diesem 
narren berührt worden zu sein und steigt, ohne unterzusinken, in 
das eidwasser). auch mongolisch ist diese sage vorhanden, cfr. 
Jnlg, mongol. märchensammlung, die neun märchen des Siddhi 
Kür und die geschichte des Ardschi-Bordschi Chan, Innsbruck 1868, 
pag. 245—252, und mong. märchen, erzählung aus der Sammlung 
Ardschi-Bordschi, ein seitenstück zum Gottesgericht in Tristan und 
Isolde (text und Übersetzung), Innsbruck 1867. auf die von Jülg 
pag. 8—9 hervorgehobenen übereinstimmenden züge ist kein 
gewicht zu legen, ferner bei Straparola, piac. notti IV, 2, im 



— 14 — 

auszug bei von der Hagen, gesamtabenteuer II, pag. XXXIX S. 
weiteres auch bei Hertz pag. 599 — 603. in des Achilles Tatius 
roman tcc xora ^evninTitjv aal Kkeiftoq^wvxa VIII, 11, 12, 14 
wird erzählt, dass Thersander um die buhlschaft seiner frau Melite 
mit Eleitophon festzustellen, diese zwingt, in das Styxwasser hinab- 
zusteigen, das die eigenschaft hat, dass es meineidigen frauen bis 
zum halse steigt, vor reinen dagegen zurückweicht, ein tafelchen 
um den hals, auf dem der schwur geschrieben steht, sie habe mit 
Kleitophon keinen geschlechtlichen verkehr gehabt, solange Ther- 
sander abwesend war. die tat geschah nemlich, als er bereits 
zurückgekehrt war. der eid wird darum auch richtig und ohne 
gefahr in dem Styxwasser geleistet, cfr. Erwin Roh de, der 
griechische roman, pag. 484 anm. 1. hier fehlt die narren Ver- 
kleidung, nur der eid mit reserve ist vorhanden, man bringt 
diese erzählungen von der Verkleidung des liebhabers und des darauf 
hin geleisteten zweideutigen eides direct mit dem bericht bei Gott- 
fried (oder besser des trouvere Thomas = Sir Tristrem = Tristram- 
saga) zusammen, aber hier hat sich noch ein weiteres moment 
hinzngesellt, nemlich das Gottesurteil, das glühende eisen, richtiger 
stellt man sie zu dem bei Michel, Tristan I, pag. 185 ff., 196 ff. 
tiberlieferten, sogenannten Berolgedichte, woran sich auch der 
bericht der Grettissage anschliesst. diese erzählt im Spesapättr 
(cap. 90 — 91), dass Thorsteinn Dromundr mit Spes, der frau des 
Sigurdr mehrere Zusammenkünfte gehabt hatte, aber immer den 
nachstellungen entgangen war. Sigurdr verlangte nunmehr einen 
reinigungseid, am bestimmten tage erwartete sie Thorsteinn an 
einer sumpfigen stelle, welche zu passiren war, trug als bettler 
verkleidet sie hinüber und fiel mit ihr hin. darauf wurde vor 
dem bischof der eid gestabt. das niederfallen kommt allerdings 
nicht in den Berolfragmenten, sondern nur bei Thomas vor; jedoch 
geht die Grettissage darin, dass sie die eisenprobe fallen lässt, in 
der bettlerverkleidung, in der beschreibung des tatortes als einer 
sumpfigen wegstelle genau mit Berol zusammen, während bei 
Thomas Tristan als pilger erscheint und der Vorfall beim verlassen 
des Schiffes vor sich geht, die Grettissaga darf demnach als ein 
selbstständiges zeugniss beigezogen werden, in der uns vorliegenden 
gestalt wurde die saga am äussersten ende des XIII., wahrscheinlich 



- 15 — 

am anfange des XIV. Jahrhunderts (1310 — 1313) verfasst; cfr. 
Gudbrand Vigfusson, prolegomena zur Sturlunga pag. XL VIII 
bis XLIX. das material ist freilich grossenteils älter, der letzte 
teil, der Spesa|>ättr ist offenbar ganz unorganisch angeschwemmt, 
da die Übersetzung der Tristansage durch den bruder Robert ins 
jähr 1226 fallt (Tr. saga cap. I), so wäre eine entlehnung aus 
dieser, wie dies auch Hert» pag. 603 annimmt, sehr wol denk- 
bar, bei genauerer betrachtung erweist sie sich jedoch ihrem in- 
halte nach als auf einer anderen version fassend und ist wol direct 
aus der bekanntschaft mit der anglönormännischen spielmannapoesie 
geflossen. Thomas^ version, zumal Gottfried mit seiner polemik 
gegen das Gottesurteil steht auf einer anderen stufe und bereits 
hier also sehen wir zwei schichten neben einander li^en. 

Tristans drachenkampf enthält wol ein mythisches element, 
das ja in vielen indogermanischen ssugen und märchen wiederkehrt, 
nemlich dass der held durch besiegung des Ungeheuers die Jung- 
frau zum weibe gewinnt, wenn dieser kern auch auf urver- 
wandte sage zurückzuführen wäre, so ist zu diesem ein weiterer 
zug hinzugetreten, welcher der fabellitteratur angehört und demnach 
als entlehnt zu betrachten ist. Tristan schneidet dem drachen die 
zunge aus, als Wahrzeichen, um sich später vor dem könige und 
Isolde dem truchsess gegenüber als den wahren sieger auszuweisen, 
in dem entscheide Isoldes zwischen Tristan und dem truchsess 
schimmert vielleicht noch die erinnerung an den in der indischen 
sage so bekannten svayamvara, die gattenwahl durch, europäische 
märchen und sagen bieten eine bedeutende an^ahl von Variationen 
der erzählung von der ausgeschnittenen zunge. bei Firdüsi kehrt 
sie wieder in der geschichte des Guschtasp. in Indien hängt 
damit zusammen die sage von Hir und Ranjha, die im Pandjab 
in liedern gefeiert wird. cfr. E. Rohde, der griechische roman 
pag. 47 anmerk. 1 und pag 138 anm.; R. Köhler in Ebert's 
Jahrbuch für englische und romanische litteratur bd. VII, pag. 133. 

Nach dem berichte bei Eilhart wird Tristan ausgesandt, um 
diejenige frau für könig Marke zu gewinnen, die ein haar besitze 
so goldig, wie dasjenige, welches eine schwalbe in Markes saal 
getragen hatte, aufs gerade wol fährt Tristan aus und wird 
wiederum nach Irland verschlagen» am goldenen haare erkennt 



— le- 
er in Isolde die gesuchte Jungfrau, bei seinem ersten aufenthalte 
nemiich hatte Tristan Isolde niemals zu gesieht bekommen, E 1217 
,alsus heilte in die vrauwe mit miehelicher truwe, daz her sie ni 
an gesach*^. dieser an und fär sich sehr unwahrscheinliche zug 
scheint absichtlich zu sein, denn wenn Tristan Isolde bereits 
kennt, so muss er doch auch eine erinnerung an ihr goldhaar 
haben und braucht nicht planlos in. die weit zu fahren, nach 
dem romane in frz. prosa sieht Tristan die ärztin, aber der roman 
hat die sage vom goldhaar und von der schwalbe gestrichen., wir 
können hier erkennen, wie dieser märchenstoff gleichsam gewaltsam 
in die sage hineingezwungen wird, wir haben auch hier einen 
weitverbreiteten märchenstoff. cfr. R. Köhler, Tristan und Isolde 
und das märchen von der goldharigen Jungfrau und den wassern 
des todes und des lebens, Germania XI, pag. 359 — 406. wenn 
Köhler nicht zu entscheiden wagt, ob das märchen aus der Tristan- 
dichtung oder umgekehrt diese aus jenem oder beide aus einer 
dritten quelle entlehnen, so muss doch entschieden punct 1 ver- 
neint werden, es wäre eine arge' verkennung des wahren Sach- 
verhaltes, die Tristansage zum ausgangspuncte alter märchen zu 
machen; ferner ist die fahrt nach der unbekannten Jungfrau ja 
bereits im mongolischen erzählt (cfr. Jülg, mongol. märchen 
Siddhi Kür pag. 193 ff.), und darum zweifelsohne indischen Ur- 
sprunges, gehöH; zu der entlehnten litteratur, nicht zum urver- 
wandten sagen- und mythenhorte. für die scene mit der schwalbe 
liefert die nordische sage (Gaungu Rolfs-saga cap. 10 in Fomaldar- 
Sögur Nordrlanda III, pag. 266 — 267) eine parallele, ^forgnyr 
jarl sat a haugi drottningar sinnar, ok var leikit fyrir honum, at 
svala ein Saug yfir bann, ok feldi nidr einn silkiklüt i kne honum, 
ok flaug burt sidan. jarl tök ok leysti til, ok sa par i eitt 
mannshar sva langt, at f^at var mjök mannhätt, ok gullslitr ä. 
|)ötti flestum, sem konuhär mundi vera. jarl mselti: {»ess 
strengi ek heit, at fä pä konu, er harit er af, edr liggja daudr 
eUa, ef ek veit, at hvers baejar er at leita, edr a hverju landi 
hun er.« 

Der freund Tristans, Kaedin oder Kehenis, der ihn nach 
Comwall begleitet, verliebt sich daselbst in Brangäne oder eine 
andere dame an Isoldes hofe. er will mit ihr beilager halten, 



— 17 - 

was dadurch vereitelt wird , dass ihm ein zauberkissen unteres 
haupt geschoben wird, welches ihn sofort in tiefsten schlaf ver- 
senkt, dem entsprechend findet sich in griechischen Volksliedern 
der zug, dass moschus auf das kissen gestreut wird, infolge dessen 
der liebhaber fest einschläft und am ende höhn und spott davon 
trägt, cfr. Liebrecht, zur Volkskunde pag. 166 und 217. über 
zauberkissen, zauberbrief, schlafrunen, womit die spröde im an- 
fange die absieht des liebenden narrt, bis sie sich zuletzt doch 
ergiebt, cfr Simrock, quellen des Shakespeare III, pag. 199 — 200. 
ferner gesta Bomanorum ed. Oesterley pag. 603 ff.; R. Köhler 
in der Glarns saga keisarasonar ed. Gederschiöld pag. 11.^) 

Die französische sage (Michel I, pag. 64 ff., vers 1267 — 1314) 
erzählt von Marke die Midasgeschiehte, dass er pferdeohren gehabt 
habe, diese geschichte hat sich im irischen und bretonischen 
auch noch an andere namen geknüpft; cfr. darüber Michel, Tristan 
II, pag. 312 — 316; für das bretonische Cambry, voyage dans le 
Finistere II, pag. 287. über die sage an und für sich J. Grimm, 
kleinere schriften IV, pag. 216. 

Die scene, wie Brangäne von den mördem in den wald ge- 
führt, aber dort begnadigt und gerettet wird, ist der viel ver- 
breitete zug der Genovevalegende, im französischen z. b. an die 
sage von Berte au grand pied anknüpfend; cfr. Berte au grant 
pied publie par Scheler, Bruxelles 1874, pag. 21 f. 

Lassen sich auf diese weise verschiedene scenen als direct aus 
der novellistik und mittelalterlichen fabellitteratur übernommen 
nachweisen, so ist es für andere dringend wahrscheinlich, wenn 
auch keine directen parallelen beigebracht werden können, zu 
wiederholten malen benützt Tristan Verkleidungen, um dadurch 
eine Zusammenkunft mit Isolde zu erreichen, als aussätziger, 
pilger, mönch (Bechstein, Heinrich von Freiberg, Tristan, ein- 
leitung pag. VII), knappe und narr.^) namentlich Tristans narr- 



1) Bomania VIII, pag. 59—60. ein besonderes dänisches Volkslied 
behandelt diese scene cfr. Grundtvig, Danmarks gamle folkeviser II, no 81, 
pag. 837: sövneruneme. 

2) auch als spielmann verkleidet erscheint Tristan bei Gottfried 7564 ff. 
über dieses sehr häufig verwertete motiv cfr. Freymond, Jongleurs et niene- 
strels, Halle 1883, pag. 15, anm. 8. 

Golther, Tristan. 2 



- 18 - . 

» 

heit wird mit besonderer Vorliebe ausgeführt, die scenen sind 
vielleicht als Weiterbildungen jener in verschiedenen ländern vor- 
handenen erzählungen aufzufassen, wonach es einem liebhaber 
gelingt, dadurch da^ er sich närrisch stellt, seine wünsche zu Er- 
reichen, beispiele dieser sehr variablen sage Liebrecht, zur 
Volkskunde pag. 141 — 153 „der verstellte narr**, im afz. prosa- 
romane (fol. LY comment par le moyen de Basille [der geliebten 
des Andred] Tristans fut prins) schleicht sich Tristan zu der in 
einem festen türme verwahrten Isolde in frauenkleidern. hier 
also haben wir eine Variation des weitverbreiteten motives von 
dem als frau verkleideten liebhaber, dessen grundtypus wol in der 
sage von Achilleus bei den töchtern des Lykomedes zu suchen ist. 
beispiele cfr. Jänicke, deutsches heldenbuch IV, XL — XLII; 
Grundtvig, Danmarks gamle folkeviser I, 271; III, 796; Land- 
stad, norske folkeviser no 59. 

Die Vertretung Isoldes durch Brangäne ist ein motiv, dass 
wol auch aus der novellenlitteratur entnommen wurde, ähnliche 
fälle Meon, contes et fabliaux II, pag. 267 ff.; Dunlop- Lieb- 
recht, geschichte der prosadichtung pag. 104; Grimm, altdän. 
heldenlieder pag. 195; ü hl and, Schriften zur geschichte der dichtung 
und sage III, pag. 121.^) die scene, wie Tristan und Isolde den 
auf dem bäume lauschenden Marke durch ganz ähnliche zweideutige 
beteuerungen, wie beim eidschwur vor gericht täuschen (Isolde 
sagt Michel Tristan I, pi^. 4: mais Dex plevis ma loiaute, qui 
sor mon cors mete flaele s'onques, fors eil qui m'ot pucele, out 
m'amistie encor nul jor = Gottfried 14764 — 70), kann leicht 
auch aus diesem gebiete stammen, ins gebiet der schwanklitteratur 
gehört die bei Eilhart, Heinrich von Freiberg und etwas modi- 
ficirt auch im französischen prosaromane überlieferte scene am 
Artushofe, directe parallelen hiezu vermag ich keine beizu- 
bringen.^) 

Neben den scenen, welche der allgemeinen novellistik 
angehören, finden sich auch noch solche, welche speciell in der 



') weiteres bei Sv. Grundtvig» Danmarks gamle folkeviser V, pag. 312. 

2) R. Köhler (Germania 14, pag. 246) bringt zu der stelle von Isolde 
Weisshand und dem wasser, das kühner war als der kühne Tristan (G. 6143), 
einen verwandten zug aus einem gälischen märchen bei. 



- 19 — 

bretonisohen sagentradition und der von ihr abhängigen nnd 
beeinfluBsten litteratur yorzukommen pflegen, in wieweit die be< 
treffenden stücke einen doch weiter zurückliegenden Ursprung haben 
oder wirklich nur in keltischen Verhältnissen entstanden sind^ kann 
ich hier nicht entscheiden, es finden sich in den epen des Artus- 
kreises mehrfach wiederkehrende züge, ursprünglich wol einzelne 
lais, die, nachdem, sie einmal übersetzt und bekannt geworden 
waren, eigentnm der französischen spielleute wurden und in den 
verschiedensten romanen Verwendung fanden, zuweilen sind sie wol 
auch direct aus einem romane für einen zweiten entlehnt worden, 
jedenfalls darf aber auch hier nicht unbedingt die Tristansage 
als quelle und ausgangspunct betrachtet werden, vielmehr hat sie 
entlehnt, die version d«s Thomas (Tristramsaga cap. LXXl) er- 
zählt von einem riesen, welcher sich aus den härten der von ihm 
besiegten könige einen mantel anfertigen lässt. diese episode deckt 
sich mit dem, was die Bretasögur cap. 37 erzählen, ebenso 
die Örvar-Oddsaga, Fomaldarsögur Nordrlanda, II, pag. 253; cfr. 
Gottfried von Monmouth ed. San Harte pag. 402 ff.; Foerster, 
Zt. f. roman. phil. I, pag. 91 f. Kölbing, Tristramsaga I, 
pag. 212. ein irischer ritter gewinnt Isolde dadurch, dass er sich 
von Marke fßr sein harfenspiel zum voraus dasjenige versprechen 
lässt, was ihm gut dünke, dies gesteht Marke ihm zu, worauf 
er um Isolde bittet, die scene findet sich zwar bei Eilhart nicht, 
aber', wenn auch etwas variirt, im frz. prosaroman; so entführt Hörn 
die königin als bedungenen lohn seines saitenspieles (King Hörn), 
nach Heinrich's von dem Türlln ^ Kröne* 13183 ff. gewinnt der 
Zauberer Gtinsguoter die königin, Artus mutter auf ähnliche weise: 
»die er mit videlenne erwarp, do Uterpendragün starp*. infolge 
thörichter Versprechungen muss Artus frttu sich einem ritter hin- 
geben. Hartmann Iwein 4530 ff. cfr. Martin, zur gralssage pag. 43. 
Lanzelet (im Chevalier de la charette des Chrestien von Troyes) 
befreit die infolge leichtsinniger Versprechungen von Meleagant 
entführte königin Ginevra. die' entführung der Ginevra ist am 
häufigsten (cfr. Gotfried v. Monmouth ed. San Marte pag. 381) 
und auf sie sind vielleicht die übrigen entführungsgeschichten 
zurückzuführen, zum beweise dafür, wie sich nachweisbar dem 
Tristanstoffe in späterer zeit fabeln verbanden, die ursprünglich 



- 20 — 

anderen ortes erscheinen, kann der frz. prosaroman dienen, der 
folio LIII verso ~ LIV berichtet, wie ein ritter den bekannten 
becher als keuschheitsprobe an Marke's hof bringt, also den inhalt 
des lai du corn des Robert Bikez; Heinrich von dem Ttirlln in 
der Kröne dasselbe; cfr. Perd. Wolf, über die lais, Sequenzen 
und leiche pag. 173 anm. 13 und pag. 378 ff. hier ist vielleicht 
noch auf weiter zurückliegenden ausgangspunct, auf die allgemeine, 
von Indien stammende novellistik zu recurriren, cfr. Deslong* 
champs, fahles indiennes pag. 107, Leith, on the legend of 
Tristan pag. 15. 

Für eine grössere anzahl von episoden, — und 
es ist gerade ein characteristicum der Tristansage, 
dass sie sich durchweg aus derartigen ziemlich lose 
unter einander verbundenen stücken zusammen- 
fügt — ist die abstammung aus der allgemeinen, 
im mittelalter beliebten märchen und novellen- 
litteratur zu constatiren- der Ursprung dieser teile ist 
also keineswegs im keltischen altertum, in keltischer sage und 
mythologie zu suchen, sie müssen demnach auch jung sein und 
aus einer zeit stammen, in welcher eine derartige litterarische 
tatigkeit und geschmacksrichtung herrschte, man könnte ja für 
das eine oder das andere der angeführten beispiele die keltische 
durchgangsstafe behaupten wollen, und damit also doch die sage 
als in nächster instanz aus dem keltischen entlehnt betrachten, 
aber ein stricter nachweis dafür lässt sich nirgends führen, und 
die annähme wäre doch sehr gezwungen und unwahrscheinlich, 
träger und schöpfer dieser sagenbildungen müssen die im XII. jähr* 
hundert ungemein tätigen und fruchtbaren spielleute des nor- 
mannischen und anglonormännischen Stammes gewesen sein, welche 
den ausgangspunct der epischen dichtung des mittelalters bilden. 

Es finden sich aber in der uns überlieferten gestalt der sage 
auch unleugbar spuren von ursprünglicher keltischer Überlieferung 
vor, namentlich sofeme es sich um den Zusammenhang mit den 
so beliebten nationalen feenmärchen handelt, so scheint der bos- 
hafte zwerg mit seinen geheimen küusten aus dem keltischen Volks- 
glauben zu stammen; (Villemarque, les romans de la table 
ronde pag. 421 ; über die neben den feen häufigen zwerge der 



— 21 — 

sage cfr. Souvestre, foyer Breton. II, pag. 113 flf.; Ville- 
marque, Barzaz Breiz 6. ed. Paris 1867, pag. LIV). daa feen- 
hündlein Petitcriu ward dem herzog Oilän „uz Avelün, der feinen 
lant, von einer gotinne durch liebe und durch minne^ gesandt 
(Gottfried 15812 - 14). es wird hier auf eine jener beliebten und 
verbreiteten feensagen angespielt, welche das liebesverhältniss 
zwischen einem sterblichen und einer göttin schildern; aber dieser 
zug ist sehr episodisch und ohne jede bedeutung für die Tristan- 
sage selber, dagegen ist vielleicht ein anderer zug enger in die 
Tristansage verwoben, der lais von Guigemar (bei Marie de 
France) erzählt, wie dieser held bei der jagd auf eine hindin ver- 
wundet wurde und nur durch eine frau, die für seine liebe alles 
leidet, geheilt werden kann, er begibt sich nunmehr ans ufer 
und findet dort einen leeren nachen, den er besteigt, und der ihn 
ganz von selber ohne segel und steuer zum ersehnten ziele führt, 
zu einer schonen frau, welche aufs eifersüchtigste bewacht wird, 
sie ergeht sich mit einer dienerin gerade am ufer, als der nachen 
anlandet. Guigemar findet bei der Jungfrau heilung und liebe,* 
um welche er ausgefahren war. das übrige gehört nicht mehr 
hierher, ick erkenne hierin einen lais, wie ein ähnlicher auch 
der fahrt des siechen Tristan zu gründe liegt, welche nach der 
alten, richtigen tradition (cfr. über diesen punct Eolbing, Tri- 
stramsaga pag. LIV— L VI) ebenfalls ohne alle nähere kenntniss 
und ohne bestimmtes ziel .nach wane« unternommen wird, die 
ursprüngliche sage, aus der die Tristansage schöpft, hat wol auch 
hier eine entrückung ins feenland gemeint; die beiden hauptzüge, 
planlose fahrt und heilung, schimmern noch deutlich durch, nach 
einigen sagen wurde auch der tödHch verwundete Ari^s auf einem 
schiffe nach Avalun geführt, cfr. Dunlop-Liebrecht, ge- 
schichte der prosadichtung pag. 529 ff., anh. no 7; San Marte, 
Gottfried von Monmouth pag. 419 — 430. auch Ogier wird zu 
schiff nach Avalun geführt, ebenso wie Renoart, Roland, Iwain, 
Gawain und wol auch noch andere beiden (Gervasius von Til- 
bury, otia imperialia ed. Liebrecht pag. 151 anmerk.). 

Die beiden auf's gradewohl unternommenen, eigentlich zu- 
sammenhangslosen fahrten Tristans erhalten dadurch eine erklärung: 
die erste ^fahrt nach der heilung stammt aus keltischer sage, die 



— 22 — 

zweite nach der goldbarigen Jungfrau aus der allgemeinen märchen- 
litteratur. die äusserliche Zusammensetzung des Stoffes, die einer 
wirklichen Verarbeitung entbehrt, wird aus der etwas seltsamen 
Stellung dieser scenen in den verschiedenen Tristandiehtungen klar 
(cfr. oben pag. 16). die epen des bretonischen Sagenkreises sind 
reich an schlossern und bürgen, von denen allerlei Wunderdinge 
erzählt werden.^) auch die bürg Montsalvat, die ja nur för den 
berufenen sichtbar ist, gehört hierher, so wird vom königsschlosse 
von Tintagöl (Michel II, pag. 95, vers 131 f.) erzählt, dass es 
von riesen auf eine gar künstliche art erbaut worden sei. zweimal 
im jähre war die bürg vollkommen unsichtbar^ 

Chastel-Fai fut dit ä droit, 
kar douz faiz le an se perdeit. 

Holland (Chrestiens von Troyes, eine litterargeschichtliche 
Untersuchung, Tübingen 1854, pag. 49) bemerkt, den sagen von 
Clige, Lancelqt, Tristan könnte allen die sage von Mordreds ehe- 
brecherischer liebe zu seines oheims Artus weibe (Gottfried v. Mon- 
mouth 10, 13) zu gründe liegen, demnach könnte also auch das 
verhältniss zwischen Marke, Tristan und Isolde aus einem zuge 
der keltischen sage hervorgegangen sein, doch ist dieser be- 
rührungspunct sehr allgemeiner natur und damit für die ent- 
wicklung der sage selbst nur sehr wenig geboten. 

Damit halte ich diejenigen züge für. erschöpft, welche direct 
auf nationalkeltischen sagenursprung zurückgeführt werden können, 
er spielt offenbar eine sehr untergeordnete rolle 
und kommt eigentlich nur in nebenzügen zur gel- 
tung, ohne den kern der sage bestimmend zu tan- 
giren. betrachten wir diejenigen keltischen litteraturen , die 
überhaupt in frage kommen, in bezug auf ihren inhalt, auf 



1) dieser art von sagen ist vielleicht die minnegrotte bei Gottfried 
zuzurechnen, zumal wenn wir in betracht ziehen, was der französ. prosa- 
roman (fol. 56) davon berichtet: ein ritter hat sie für seine geliebte erbauen 
lassen, bis zu ihrem tode verweilen sie drin, la damoyselle scavoit trop 
d'enchantements quant ses ennemys la queroyent et venoyent devant ce 
rechet, si ne scavoyent veoir le rechet ne eulx. die dame ist eine weise 
(saige) frau, also wol eine fee. x 



-- 23 — 

dasjenige material, welches sie enthalten und darum auch allein 
zur entlehnung darzubieten vermöchten, so treffen wir auf die 
umfangreiche kunstpoesie der cymrisphen barden. es sind ähnlich 
den norwegisch-isländischen Skaldenliedem vorwiegend encomiastisch 
gehaltene gesänge, daneben auch produete lyrischer gattung. cfr. 
Stephens, geschichte der wälschen litteratur übersetzt von San 
Marte. diese kunstpoesie ist aber schon an und für sich für die 
auf bewahrung oder gar Weiterbildung epischer sagenstoffe total un- 
geeignet und andererseits ist ihre berührung mit der französischen 
poesie eine jedenfalls sehr unbedeutende; wahrscheinlich haben 
gar keine einflussreichen beziehungen stattgefunden, die triaden 
sind nur dürre aufzeiehnungen von sehr verschiedenem werte, 
demnach bleibt allein die volkspoesie. die Volkslieder stammen 
aus einer späteren zeit, von belang werden mabinogion und feen- 
märchen, die ja auch in reicher fülle vorhanden sind, die mabi- 
nogion kommen für die Artusromane mehr in betracht. die 
mabinogion selber aber sind auch oft sehr junge bildungen und 
ihre aufstellung als quelle für die frz. dichtungen ist nur mit der 
grössten vorsieht zu wagen, auch stehen die mabinogion bereits 
unter dem einfluss der novellistik z. b. im märchen von Taliesin, 
wenn die magd für Elphins weib substituirt wird und Rhun dieser 
einen finger abschneidet, eine erzählung deckt sich mit der ge- 
schichte des zweiten kalenders aus 1001 nacht, Stephens a. a. o. 
pag. 558, anm. 4. was wir demnach von der keltischen dichtung 
wissen, das genügt lange nicht, um daraus ein werk wie die 
Tristansage zu erklären, es könnten auch solche werke nicht spur- 
los verschwunden sein, was also nicht ganz offenbar auf keltischen 
Ursprung zurückweist, das ist bezüglich seiner keltischen herkunft 
anzuzweifeln, nachweisbar liegt ja auch der grösste teil der scenen 
unserer sage in seinem Ursprung auf ganz anderen gebieten. 

Es scheint demnach für die Tristansage ganz zutreffend, was 
Holtzmann^) in einer anmerkung zimi Wolfdietrich pag. XCIV 
bezüglich des Lanzelet aussprach: ,die ritterromane haben ihre 
heimat nicht bei den britischen Völkern, wie noch allgemein ge- 



1) cfr. auch den interessanten aufsatz über Artus, Germania 12, 
pag. 257—284. 



— 24 - 

lehrt wird, sondern im Orient/ eine nähere ausfährung dieses 
gedankens hat Holtzmann nicht gegeben, was erzählt wird, ist 
grössten teiles nicht autochthones oder urverwandtes eigentum aus 
dem sagenhorte der Indogermanen, sondern teilweise wol erst im 
XII. Jahrhundert nach Europa transferirt. nicht in unbe- 
kannten fernen verliert sich der Ursprung der er- 
zählungen der Tristansage, sondern die scenen sind 
abdrücke schon geprägter geschichten, die sich nur 
nach costüm und habitus angepasst haben. 

In der sage finden sich einige gebrauche, die nicht keltisch^) 
sind, der holmgang Tristans und Morolds ist sicher auf skandi- 
navischen einfluss zurückzuführen; holmgänge werden ja in den 
saga's sehr häufig erzählt z. b. Vigaglumssaga ; Ketillhaengss. ; 
Gunnlaugssaga ormstunga etc. die Dänen landeten allerdings 
bereits im IX. Jahrhundert (835) in Cornwall, somit konnte dieser 
gebrauch auch bereits in die cornische oder cymrische sage ein- 
dringen, glaubhafter aber scheint mir die erklärung aus nor- 
mannischem einflusse. die sitte des trennenden Schwertes, die j^ 
auch bei Tristan und Isolde vorkommt, ist germanischen, hier also 
wol fränkischen oder normannischen Ursprunges, cfr. R. A. pag. 168 
bis 170; die sagen cfr. bei A. v. Keller, roman des sept sages 
pag. CCXXXV und zu Diocletianus leben pag. 64. 

Noch auf eine weitere quelle werjäen wir hingewiesen, nem- 
lich auf antike sagen, dass die classische sagen weit auch von 
den keltischen Völkern angenommen und geradezu als lai- 
stoflF verwertet wurde, geht aus dem lai von Sir Orfeo und Nar- 
cissus hervor, ein anglonormännisches gedieht berichtet von den 
urbewohnern Albions, den riesen, eine fabel, welche offenbar der 
Danaidensage nachgebildet wurde; cfr. Jubinal, nouveau recueil 
de contes, dits et fabliaux, Paris 1839, 11, pag. 354; Wright, 
gesta regum Britanniae, pag. 199. bei Gotfried von Monmouth 
erhält Cornwall einen heros eponymos aus der antiken sage, den 
Corynaeus. im Jourdains de Blaivies ist ein ganzer griechischer 
roman, ApoUonius von Tyrus in die französische sage übergegangen 



^) cfr. auch Sarrazin, germanische sagbnmotive im Tristanroman, 
ztschr. für vergleich, litteraturgeach. bd. I, 1887, pag. 262—272. 



- 25 — 

(cfr. C. Hof mann, Amis et Amiles und Jourdains de Blaivies* 
pag. XXXIII ff.), des Chrestien von Troyes Cliget enthält eben- 
falls ähnliche elemente : das b^rabniss der Fenice entspricht scenen 
im romane des Chariton 7€eQl Xaigiav xai Kah.qqorpf iQWTixd 
ditiyrifjiata I, 6, und des Xenophon ^EqBaiana xara ^vd'lav xai 
uißQorKOfjnqv in, 5 — 7. Tessale, die kammerfrau der Fenice ist die 
zauberkundige Thessalierin (cfr. F. Wolf, jahrb. für wissenschaftl. 
kritik 1837, I, no 117, pag. 934), von welcher vielleicht Brangäne 
züge entlehnt hat. es stehen demnach zwei wege offen für den ein- 
fluss der antiken sagenweit, direct durch die Franzosen seit ihren Ver- 
bindungen mit Griechenland, oder auch, namentlich wenn wir Sophus 
Bugge^s ansichten über die schon sehr frühe in Irland verbreitete 
und von dort fruchtbringend hinausgetragene bekanntschafb mit 
der classischen sagenweit berücksichtigen, durch die Kelten selber. 
Liebrecht, Germania XII, 25 hat auf die ähnlichkeit hinge- 
wiesen, die zwischen dem Schlüsse der Tristansage und der griech- 
ischen vom tode des Paris besteht; Parthenius n^ql SQOfTixwv 
naxhfjftccTüJv erzählt: Tcegl Oivwvtjg (iaTOQei NixavÖQog sv T<p negi 
noirfvwv xal Keqxxixov 6 Fegyiöiog iv TQcoixoig), IdXi^avdqog 6 
JlQidfiov ßovxoXüv nard ti^v *'ldijv xj^aihfi tijg KeßQVjvog dvyazQog 
Oivwvtjg. liy&vat de xavxriv ix tov x^ewv xarexoidivrp^ x^eani^eiv 
Tttql Ttüv fielXovtiov, xal aXhag de hei avviaei q)Qevwv ercl fjLeya 
diaßeßorio%^ai, 6 ovv l^ki^avdQog avTrjv dyayofxevog naqd tov 
TtoTQog elg tijV "/diyv, ottoi; avzi^ ol arad-ftoi r^oav^ cl^c yrvalxa, 
xai avrf q>iXoq>Qovovfievog fÄtjöafda vniaxcto 7rQoXeiifjeiv^ iv neqiooo^ 
xiQ(f TB tifxji o^eiv. tj öi avvuvai fiiv €g>aax€v, elg ro Tcagov (og 
df) ndw dvTfjg e^^i}, XQ^^^^ f^evroi Tivd ysyrioeo-^ai, bv (j> dnak- 
Id^ag of^TijV Big ttjv EvQWTtjjv Tteoaiio-ih^aeTai xoxbi TCTorjx^Blg B7tl 
yvvaixl ^ivTj noXBfjiov irtd^Brav voig olxeioig, e^yslxo de wg öbI 
(xvTOv iv T<p noXBfji({i TQU-d-rivai, xal ort ovÖBlg avrov oiog xb eatai 
vyitj Ttoiijaai rj avtri, hxdoTOTB de iniXByofiivrjg avTtjg ixBivog 
ovx Bva ^B^v^ad^ai. xßovov de 7iqoi6vxog^ inBiöi^ ^E^vrjv eyqfxev, 
ri' fjiev Olvcivri /4Bf4q)0f^evi] twv nQax\^evrwv tov l/iXe^avdqov elg 
KBßq^a, od-ev tcbq rjv yevog^ dfCBXWQrjaBv, 6 de /ra^'xovrog ^dtj 
Tov noXifiov SiaTO^BvofiBvog (DikoxTrjTrj xixqwaxBiai, iv viy ie 
kaßciv TO T^g Olvcjvrjg enog, oxi eqmxo avzov nQog avTr^g f^ovtjg 
Oiov TB Bivai lax^ijvaif xi^Qvxa 7ti^7tBi ÖBTjodfXBvov^ OTiwg iTieix^^Blaa 



— 26 — 

ovx earai re amov xal twv jtaQOixofdivtJv Xi^dr/v Tton^arjTaij ate 
dl} xata d^ewv ßovXrjoiv ys dg)ixofAivwv. ij de ccvd-adeareQov ccTte" 
HQivaTOy (og x^ ^^Q* ^EXivf^v avtov ievai ndxetvtjg öeiad-ai^ at;Tij 
de r^TteiyenOy svd'a dr) enenvoTO xQUJf&ai avtov. xov da xij^vxog 
%ä Xex^ivra naqd rffg Olvwvtjg d-attov aTtayy^ihxvrog d&vfitjaag 
6 ^Xe^avÖQog a^suvevoev^ Oivvjvrj de enel vixvv t^ötj xard yi^g 
neifievov eX&olaa Xdevy dvtpfxw^iv te xat TCoiXd naTokoqwQafievrj 
dux^oato kavz'qv, (Westermann, Mvx^oyqaq)Oi^ Brunsvigae 1843, 
pag. 133 und 155). nach andern berichten (Qoiutus Smyrnensis, 
Posthomerica X, 259, — 488; Apollodor III, 12, 5 bei Wester- 
m a n n pag. 109) fleht der todwunde Paris personlieh um heilung 
und kehrt zurückgewiesen sterbend heim, gleich Brünnhilde ver- 
brennt sich Oenone mit ihm auf dem holzstosse. die sage von 
Oenone war im mittelalter sehr berühmt und beliebt; Ovids 
heroinen waren verbreitet, sie wurden im frz. und mhd. behandelt, 
cfr. noch Thomasin von Zirclar 1038 „si suln ouch Penelope der 
vrouwen volgn und Oenone, Galjenä und Blanscheflor". — das 
schwarze segel stammt aus der Theseussage, das schiff, das die 
athenischen kinder nach Kreta führte, pflegte mit schwarzen segeln 
in die see zu gehen. Theseus aber, der mit dem vorsatze etwas 
gegen den Minotaurus zu wagen mitschiffte, versprach seinem 
vater weisse segel aufzuziehen, wenn er als überwinder des stieres 
zurücksegelte, dieses aber nun hatte er vergessen, als nun Aegeus 
das schiff mit schwarzen segeln zurückkommen sah, so stürzte er 
sich, in der meinung, dass sein söhn umgekommen sei, herab und 
brachte sich ums leben; Pausanias I, 22; Plutarch, Theseus 17.^) 
in wie weit wir in Oenone-Helena, der blonden und weisshändigen 
Isolde, Brynhild-Gudrun einen typus von nebenbuhlerinnen-sagen 
haben, bleibe hier dahingestellt, man wird aber eher auf ent- 
lehnung als auf Urverwandtschaft zu schliessen haben. — der 
liebestrank kann möglicherweise auch aus dem classischen alter- 



^) dass das abenteuer mit der frau des Nampotenis (naim Bedenis) 
ebenfalls der Theseussage entstammt, behauptet B ä di e r , Born. XV, pag. 485. 
in dem lais von Tristans narrenverkleidung sieht G. Paris eine Variation 
der geschichte von der rückkehr des Odysseus, den seine frau nicht mehr 
kennt, wol aber sein hund. a. a. o. pag. 599. i 



— 27 — 

turne stammen, in welchem der glaube an philtren {(pikxqa) sehr 
verbreitet war. 

Was den berühmten schluss, das schöne gleichniss von rose 
und rebe anlangt, so fehlt er zwar in den französischen fragmenten 
des Thomas; vielleicht mit absieht, er wird von allen kunst- 
mässigen dichtem, auch sofeme sie den andern Versionen folgen^ 
welche das motiv enthalten, mit einer gewissen zaghaften reserve 
vorgebracht, welches beweist, dass er in seinem eigentlichen sinne 
von ihnen nicht erfasst wurde; cfr. Eilhart 9510 «ich enweiz, ab 
ich üch sagin mag, idoch hörte ich ^agin alsus'^ etc.; namentlich 
Ulrich von Türheim (ausgäbe von Massmann pag. 587, 28—588, 7) 
mit starken zweifeln; Heinrich von Freiberg 6822 fip. überall 
auch lässt der könig die pflanzen setzen und sie wachsen nicht 
von selber hervor, wie ursprünglich sicher erzählt wurde, wie auch 
noch der französ. prosaroman berichtet: folio CXXV : „et de la 
tombe de monseigneur Tristan yssoit une ronce belle et verte et 
bien fueilleuse qui alloit par dessus la chappelle et descendoit le 
bout de la ronce sur la tombe de la rojne Yseult et entroit dedans. 
ce virent les gens du pays et le compterent an roy Marc, le roy 
la feist coupper par troys foys, et quant il lauoit le iour fait 
coupper le- lendemain estoit aussi belle comme eile auoit autreffoys 
este. ce miracle estoit sur monseigneur Tristan et sur la royne 
Yseult ''. ganz ähnlich ist der schluss eines griechischen Volksliedes, 
wo eine cypresse hervorwächst und sich zum citronenbaum hinab- 
neigt, der aus dem grabe der geliebten spriesst, cfr. cyprische 
Volkslieder ed. A. Sakellarios, Athen 1868 no 13 Jannakos. 
einen ganz eigentümlich gearteten schluss hat die Tristramisaga 
cap. Gl: „ok er sagt, at Isold, kona Tristrams, hafi lätit jarda 
|»au Tristram ok Isondu sftt hvarumegin kirkjunnar, svä at |>au 
skyldu ekki vera naerri hvärt gdru framlidin. en svä bar til, at 
sin eik eda lundr vöx upp af hvärs peirra leidi, svä hätt, at limit 
kvlsladist saman fyrir ofan kirkju bustina, ok mä |)vf sjä, hversu 
mikil äst |>eirra ä milli verit hefir**. die saga ist die einzige aus- 
ländische Version des Thomasgedichtes, die bis zum Schlüsse geht, 
a^er gerade aus diesem Schlüsse scheint mir hervorzugehen, dass 
Thomas gedieht wirklich so schloss, wie unsere französischen frag- 
mente. der schluss der saga ist namentlich in nordischen und 



— 28 - 

englischen balladen häufig, so vereinen sich im liede von William 
und Margret rose und linde über dem kirchendache, cfr. Percy, 
reliques of ancient english poetrj I, 33. der Verfasser der saga 
kannte den schluss aus andern Versionen und fugte ihn, v^ie auch 
das gebet kurz zuvor, aus eignem mittein nach den ihm bekannten 
und naheliegenden analogien hinzu, der glaube an einen Zu- 
sammenhang von menschen und pflanzen ist wol indogermanisch, 
er kommt ja auch in der sage von Adam und Durkhaui im per- 
sischen vor, wo ebenfalls zwei bäume aus den entfernt liegenden 
gräbern emporwachsen und sich vereinen, cfr. Uagen, minne- 
singer 4, pag. 565. auch im irischen lässt sich auf eine ver- 
wandte sage hinweisen. Baile und seine geliebte Aillinn, deren 
loos es war, dass sie sich im leben nicht geniessen sollten, starben 
getrennt von einander, aus beider gräber wuchsen bäume hervor, 
nach sieben jähren hieben dichter die bäume ab und machten 
„taball filidh^ daraus, d. h. tafeln, auf denen die geschichte von 
Ulster und Leinster verzeichnet wurde, als nun die dichter sich 
begegneten, da sprangen die tafeln, die aus den bäumen verfertigt 
waren, je zwei zusammen und blieben unlöslich vereinigt; cfr. 
O'Curry, lectures on the manuscript materials of irish history, 
appendix pag. 472 ff. diese oflFenbar auf gelehrter erfindung be- 
ruhende sage setzt aber das Vorhandensein einer entsprechenden 
für unsere zwecke in betracht kommenden pflanzensage voraus, 
die möglichkeit wäre demnach vorhanden, dass sie aus dem kel- 
tischen übernommen wurde, aber zwingend ist die annähme nicht, 
die Verwandlung der seelen in blumen ist nur eine Variation des 
im volksliede so weit verbreiteten balladenmotives cfr. darüber 
Koberstein, Weimarer Jahrbücher I, pag. 73—100; weitere 
litteratur bei E. Roh de, der griech. roman pag. 159 anmerk. 
es wurde wol vom französischen spielmann aus der volkssage der 
Tristansage hinzugefügt (aus der Tristansage erst in die volkssage 
übergegangen ist das motiv natürlich nicht, dagegen spricht schon 
seine weite Verbreitung an den verschiedensten orten, die sage 
hat sich wie ein märchen überall hin verbreitet), was auch aus 
der unfestigkeit und Variabilität hervorzugehen scheint; es ist 
im gründe ein sehr schöner und poetischer gedanke, der gleichsam 
als zeichen des durch wahnvolie schuld verirrten, durch den tod 



— 29 — 

aber gereinigten und völlig enisühnten lebens diese blüthe auf das 
grab der liebenden gelegt. 

Die erzählung von Tristan und Isolde ist nach stoff, inbalt 
und form so geartet, dass sie sich zum grössten teile als ein mehr 
oder weniger geschickt gefertigter roman erweist, dessen aus- 
bildung wir einem volke zuzuschreiben haben, bei welchem eine 
sehr rege und ausgedehnte litterarische tätigkeit herrschte, aus 
dem inhalte an und für sich darf man auf alles eher 
als auf eine national keltische sage schliessen und 
zwar sind diejenigen y^rhältnisse, aus denen wir eine solche an- 
sieht schöpften, nicht etwa nur äusserlicher art, ein gewand, das 
über einen alten stoff hingeworfen wurde, der aber durch dasselbe 
hindurch sich noch deutlich dem beobachter zu erkennen gibt, 
sondern sie sind im gegenteil gerade das wesen der sage, die 
Tristansage auf eine uralte form zurückführen zu 
wollen, wäre ein versuch, der notwendig miss- 
glüeken müsste, da die einzelnen teile, aus denen 
sie besteht, abfallen und auf eine alte zeit nicht 
zurückgeführt werden können, wenigstens nicht in 
ihrem zusammenhange mit der Tristansage; und das- 
jenige, was bleibt, ist zu dürftig und unsicher, um als eine 
wirklich lebende sage gelten zu können, die bildung der sage 
wird ins XII., höchstens in ihren anfangen schon in den ausgaug 
des XL Jahrhunderts gesetzt werden därfen. in den siebziger 
Jahren des XII. Jahrhunderts muss die sagenbildung bereits zum 
abschluss gekommen sein, da hier die Übersetzung anfängt. 



— 30 — 



ZWEITES KAPITEL. 
Die spielmannsversion der Tristansage. 

Zu unsern bisherigen ergebnissen wurden wir durch die be- 
trachtung des gegebenen sagenstoffes seinem inhatte nach ohne 
rücksicht auf irgend welche andere Verhältnisse geführt, nunmehr 
sollen die fragmente und epen und die dichter selber einer prüfung 
unterzogen werden, ob wir aus diesen eine mit der oben darge* 
legten übereinstimmende anschauung zu gewinnen yermögen. der 
reichtum und die fülle der in der Tristansage verwerteten motive 
legt den schluss nahe, dass das land, wo sie in Umlauf waren, 
durch die regste Ijtterarische tätigkeit ausgezeichnet war: wir 
werden auf Frankreich und die französischen Jongleurs des 
XII. Jahrhunderts gewiesen, da wir auf keltischem boden von der 
Tristansage fast nichts oder im besten falle eben nur soviel, als 
wir nach dem stände der keltischen litteratur erwarten dürfen, 
vorfinden, so wird die ausbildung des epos eo ipso von dort heraus- 
gehoben, und in die Sphäre desjenigen volkes gerückt, welches 
epischer dichtung verständniss und natürliche anläge entgegen- 
brachte, provenzalische und französische dichter nehmen mehrfach 
bezug auf die sage von Tristan und Isolde (cfr. Michel, Tristan 
I, pag. I— -VI; Birch-Hirschfeld über die den provenzal. trou- 
bador bekannten epischen stoffe pag. 38 ff.); da wir bereits in 
den fünfziger jähren des XII. Jahrhunderts bei den Provenzalen 
anspielungen finden, so muss die sage bereits 1150 eine epische 
ausbildung in Nord-Frankreich erfahren haben. 

Wenn wir die grossen epiker Frankreichs im XII. Jahrhundert 
ins äuge fassen, deren werke muster für Deutschland und andere 
europäische länder geworden sind, so drängt sich die frage auf, 
welche Stellung wir ihnen selbst in der Schöpfung der romane 
anzuweisen haben, es ist unmöglich, dass sie selber ohne weiteres 
form und inhalt ihrer werke geschaffen haben, es müsste ein 
genie gewesen sein, wie es in der gesammten weltlitteratur höchst 
selten begegnet, das im stände gewesen wäre, aus eigner kraft 
auf grund des verhältnissmässig so dürftigen materiales ein werk 



— 31 — 

wie den Tristan zu schaffen, mit eiserner energie weit ver- 
streutes, mühsam zu sichtendes maiberial unter einem bestimmten 
plane zum lebensvollen, farbenprächtigen gemälde zusammenzu- 
fassen, denn dass keine keltischen epen im gegebenen falle vor- 
lagen, die der französische dichter einfach zu übersetzen brauchte, 
etwa wie Gottfried von Strassburg den Thomas, steht fest, wo 
wir uns zur höfischen dichtung wenden, immer liegt der schwer- 
punct der tätigkeit auf dem gebiete der form, spräche und metrik, 
die an eine nach stoflT und inhalt bereits fest begrenzte quelle 
herantreten, davon machten auch die französischen kunstdichter 
vielleicht wenig ausnahmen, sie müssten ja sonst weit über ihrer 
zeit stehen und in eine viel spätere hinübergreifen, in der die 
freie composition des stoffes den hauptwert einer dichtung aus- 
macht. Chrestien von Troyes ist als der neubearbeiter von 
bereits vorhandenen gedichten aufzufassen, wie er ja auch einen 
Tristan schuf, der hinter die uns erhaltenen bearbeitungen fällt, 
so sagt er in der einleitung zum Erec (nach Holland pag. 22): 

d' Erec li fil Lac est li contes, 
que devant rois et devant contes 
depecier et corrompre suelent 
eil, qui de conter vivre vuelent. 

Demnach bezieht sich hier Chrestien ganz offenbar auf 
vorhergehende, denselben stoff behandelnde Spiel- 
mannsdichtungen (eil, qui de conter vivre vuelent oder 
var. qui contrerimoier vuelent); auf vorhandene bretonische 
lais, wie Holland (pag. 26) will, darf die äusserung nicht be- 
zogen werden, sonst wäre entweder Chrestien ein blosser Über- 
setzer eines schon vorhandenen bretonischen epos, oder er wäre 
der Sammler einzelner, verstreuter lais, und hätte aus diesen dann 
sein epos geschaffen, das erstere ist sehr unwahrscheinlich und 
dabei würde die dichterische tätigkeit Chrestiens sehr reducirt ; im 
zweiten falle aber sind die anforderungen viel zu hoch gestellt. — 
im Gliget: ^ 

ceste estoire trovons escrite 
•en un des livres de Taumaire 
Monseignor Pere a Biauvez. — 



— 32 ~ 

P. Paris (les manuscrits franfois I, pag. 177) hält den Lan- 
celot für rein französische erfindung. 'dieser ansieht stimme ich 
bei trotz Villemarque, contes populaire? des anciens Bretons I, 
pag. 63; San Marte, beitrage zur bretonischen und keltisch-ger- 
manischen heldensage pag. 105. es ist auch hier, wie beim Tristan, 
frz. erfindung, zu der jedoch einige aus der keltisch-bretonischen 
Yolkssage übernommene züge sich hinzufügen. 

De Chevalier au lyeon fine 
Grestiens son romans ensi, 
n'onques plus conter n'en oi, 
ne ja plus n'en orroiz conter, 
s'an n'i vialt man9onge ajoster. 

Also auch Iwein wird von den spielleuten behandelt. Holland 

a. a. o. pag. 105 meint über den Perceval, dass Chrestien wol 

zahlreiche, mittelbar oder unmittelbar aus der Bretagne gekommene 

lais vorlagen, die er mit freiheit behandelte, und in Verbindung mit 

anderen zu einem weitschichtigen ganzen verarbeitete. Chrestien 

selber sagt: 

donc aura bien sauve sa peinne 

Grestiens, qui an tan t et peinne 

par le commandement le conte 

a rimoier le meillor conte, 

qui soit contez au cort real: 

ci est li contes del graal, 

don li quens li baille le livre. 

später dann: si com li contes nos afiche, 

qui a Pecamp est tot escriz. 

Die verweise Chrestiens auf vorher- und nebenhergehende 
dichtungen sind deutlich, man darf aber nicht bretonische lieder 
darunter verstehen, die, wenn sie wirklich vorhanden waren und ge- 
sungen Würden, doch an höfen und beim volke von einem verhältniss- 
mässig geringen teile überhaupt nur verstanden worden wären, 
und darum kaum den gedichten Chrestiens concurrenz machen 
konnten, sondern vielmehr französische Spielmannsdichtungen in 
der art unserer Tristanfragmente des Berol. Chrestien brauchte zu 
seinen werken nicht einmal notwendig der bretonischen spräche 



— 33 - 

kundig 55U sein, wenn wir Chrestien als Tristandichter betrachten 
und dabei die verschiedenen ihm vorhergehenden bearbeitungen 
der sage berücksichtigen, dann darf ein mit seinen eignen angaben 
sehr wol zu vereinigender analogieschluss auf das Vorhandensein 
französischer bearbeitungen vor seinen gedichten gerechtfertigt 
erscheinen, wenn wir die entstehung und bildung der sage kennen 
lernen wollen, so müssen wir von der höfischen dichtung um eine 
etappe zurückgehen, zu ihrer quelle, zur dichtung der fahrenden 
spielleute. es lassen sich in der französischen epik zwei in ihrem 
ausgangspunct verschiedene Strömungen unterscheiden, wie bei uns 
in Deutschland die heldensage in der band der spielleute lag 
und im XII. und XIII. Jahrhundert vielfach episch bearbeitet 
wurde, so besass Frankreich im XL (und XII.) Jahrhundert 
dichtungen, vielleicht schon epen, welche ihrem stoffe nach auf 
nationaler grundlage beruhten, das XII. Jahrhundert bildete die 
cyclen nationaler epopeen aus, die zum grossen teile ohne den 
namen des Verfassers überliefert sind, wo ein name auftaucht, 
ist es meistens nur ein Schreiber oder redactor, nicht ein beson- 
derer, individuell beanlagter, genialer dichter, in reichster fülle 
entwickeln sich die karolingischen epen. ihre bildung und ent- 
wicklung vollzieht sich zwar nicht durch das abstract gedachte 
dichtende volk, aber durch die zünftigen spielleute, gleichsam als 
deren gemeingut, und darum reich variirt. anders ist das verfahren 
bei den ebenfalls im XII. Jahrhundert ins leben tretenden epen 
des antiken Sagenkreises, cfr. Paul Meyer, Alexandre le grand 
dans la litterature franfaise I, pag. XXII; II, pag. 2 — 3. hier 
ist ein ganz bestimmter ausgangspunct gegeben, eine quelle, die 
in jedem zuge die sage schon ausgebildet zeigt, deren entwicklung 
in einer früheren zeit, unter anders gearteten Verhältnissen und 
bei fremden Völkern zu suchen ist. der französische dichter be- 
schränkte öich in seiner schöpferischen tätigkeit darauf, die quellen 
zu übersetzen und die scenerie und das costüm den mittelalterlichen 
Verhältnissen anzupassen, seine tätigkeit ist die des kunstdichters, 
der sich enge an gegebene Vorbilder anschliesst, im gegensatze zu 
dem auch in freier composition tätigen volksmässigen sänger. auch 
die späteren nachfolger bleiben in dem fest vorgezeichneten geleise, 
und benützen ihre Vorgänger und deren quellen, und nur selten 

Golther, Tristan. 3 



— 34 - 

kommt ein neuer selbstöndiger zug hinzu, die Alexanderlieder 
z. b. gleichen sich sehr unter einander, die dichter der epen des 
classischen Sagenkreises sind der natur der sache nach darum auch 
meistens kunstdichter und keine Torbereitende spielmannspoesie 
gieng ihren werken voran, die nationale epik ist demnach, selbst 
wenn sie züge aus fremden stoffen herübernimmt, in bezug auf 
die composition als das eigentum und selbst geschaffene werk der 
französischen dichter zu bezeichnen, während bei der kunstepik, 
die sich an bereits gegebenes anschliesst, das eigentumsrecht nur 
für die form und einige wenige nebensächliche züge beansprucht 
werden darf, wenn nun die epen des antiken Sagenkreises auf 
bereits vorhandenem fertigem stoffe beruhen, so sind sie demnach 
im verhältniss zu den nationalen epen nur zur hälfte als eine 
Schöpfung des französischen geistes aufzufassen, die Tristansage 
und vielleicht auch die anderen romane des bretonischen 
Sagenkreises sind wie die nationalen epen aufzufassen, 
also nach beiden seiten hin eigentum der Franzosen, 
nicht so grossartig nach anläge und conception, aber analog im 
process des werdens entstanden die verschiedenen Tristan Versionen, 
die Vorstufen sind beim Jongleur zu suchen, er hat allmälig feste 
formen geschaffen, diejenige sagengestalt, welche später dem 
grösseren, individuell veranlagten kunstdichter der höfischen Sphäre 
zur vorläge diente; und französisch können wir demnach die sage 
nennen, fast mit demselben rechte wie wir die karolingischen epen als 
national-französische werke bezeichnen, bei aufmerksamer betrach* 
tung lassen sich vielleicht sogar berührungspuncte auffinden, in 
allen gedichten kehren Schilderungen von hoffestlichkeiten an Artus' 
hofe wieder, im Erec hält er an ostern ein fest, im chevalier de 
la charette am himmelfahrtstage, im chevalier au lyon an pfingsten. 
diesen typischen gebrauch verspottet Wolfram Parz. 281, 16 ff.: 

Artus der meienbjere man, 
swaz man ie von dem gesprach, 
zeinen pfinxten daz geschach, 
odr in des meien bluomenzit. 
waz man im süezes luftes git! 

Dies ist wol nichts weiter als eine nachbildung der court 
plenieres der Karlsepen, die zwölf beiden der tafeirunde schliessen 



- 35 — 

8ich an die zwölf pairs an; zu gründe liegt eher die zwölfzahl 
der apostel als etwa alte mythische erinnerungen. — wenn wir 
bedenken, dass in den Karlsepen eine menge von rein germanischen 
namen, anschauungen, sitten und sagen* enthalten ist, ohne dass 
darum das epos selbst als fränkisch-germanisch bezeichnet werden 
darf, und dass trotzdem der rühm der epischen gestaltung allein 
Frankreich zufällt, so dürfen wir auch in der Tristansage mit 
P. Paris mit vollem rechte „la glorieuse propriete, la creation 
du genie fran9aise* erblicken, obwol die namen und personen 
ursprünglich keltisch sind und die sage yielleicht zwar etwas mehr 
directe entlehnungen aus der bretonischen volkssage enthält, -— 
ein umstand, der sich aus dem fortbestehenden contacte mit den 
keltischen bewohnern leicht erklärt — aber viel weniger keltische 
anschauungen und gebrauche, als sich germanische in der nationalen 
dichtung vorfinden, die Franzosen des mittelalters sind sehr 
adaptionsfähig und wie sie sich dort das germanische dement 
ganz zu eigen machten, so gelang es ihnen hier das keltische der- 
artig zu durchdringen, dass es gar nicht mehr anders als eben 
nur französisch empfunden werden konnte, und wie dies bezüglich 
der Karlsepen bei den Deutschen der fall war, später wiederum 
von den Kelten als eine rein französische sage zurückentlehnt 
wurde (cfr. oben pag. 11). so einfach also liegen die Verhältnisse 
durchaus nicht, als die worte Yillemarque's (les romans de la table 
ronde pag. 86) besagen: «anterieurement aux recits romanesques des 
troubadours et des trouveres il existait une legende galloise de Tristan 
ä laquelle les poemes des bardes et les triades fönt positivement 
allusiou. cette legende depuis longtemps repetee par les conteurs 
bretons aussi bien d'Angleterre que de France, avait subi Tinfluence 
de la chevalerie naissante, comme les autres fahles du cycle d ^Arthur 
et avait ete le sujet de divers chants populaires en langue celtique^. 
zur rechtfertigung dieser ansieht müsste eine ganz andere keltische 
grundlage zu erkennen sein, als dies in Wahrheit der fall ist. nach 
Villemarque würde die arbeit der französischen Tristan dichter der- 
jenigen der bearbeiter antiker stoffe gleichen, neben allem andern 
widerspricht dem schon die reiche, verschiedenartige Überlieferung 
unserer sage, es muss für ihre entstehungsgeschichte an dem paral- 
lelismus mit der karoüngischen sage unbedingt fest gehalten werden. 



— 36 — 

Wir haben uns nunmehr zur betrachtun^ der normannischen 
und anglonormännischeu spielleute zu wenden, welche in Frankreich 
und England in directe berührung mit der keltischen bevölkerung 
kamen und bei denen wir teilweise sogar die bekanntschaft mit 
den in betracht kommenden keltischen idiomen vorauszusetzen 
haben, die also aus directer quelle zu schöpfen vermochten, nur 
dass von da weitaus nicht so viel zu holen war, als man gewöhnlich 
annimmt, war aber einmal der erste schritt getan und durch 
Übersetzung beispielsweise etwa ein keltischer lais in französischen 
kreisen bekannt geworden, dann war er damit schon französisches 
eigentum geworden und der nachfolgende spielmann, der ihn in 
irgend welcher weise benützte, brauchte zu diesem zwecke bereits 
nicht mehr auf das original zurückzugehen, die zweite hälfte des 
XII. Jahrhunderts, die regierungszeit Heinrich's II. (1154 - 89), 
also gerade diejenige zeit, in der die französische epik sich voll 
entfaltete, war für derartige bestrebungen von grosser bedeutung. 
Heinrich begünstigte die Verbreitung der keltischen sagen in 
England und Frankreich, „sie wurden den anglonormännischeu 
hofdichtern und trouvers bekannt und von ihnen verarbeitet teils 
in kleineren erzahlungen (lais, fabliaux), teils in grösseren cyklischen 
dichtungen (romans d'aventure), indem sie mehrere solcher auf 
denselben Sagenkreis bezüglicher Volkslieder nach art der dias- 
keuasten und cykliker des altertums zu einem ganzen verschmolzen, 
die ursprünglich keltischen volkssagen bald wie die altklassischen 
mit dem ritterlich-höfischen costüme ihrer zeit und ihres Standes 
bekleidend, die romane des bretonischen Sagenkreises beruhen auf 
volkstümlichem, sagenhaftem gründe, geschöpft aus bretonischen 
volkssagen (mabinogion) und volksballaden (lais)* (cfr. Ferd. Wolf, 
über die lais etc. pag. 59 und .anm. 81 u. 82). diese ansieht 
bedarf für die Tristansage merklicher berichtigung. die benützung 
von lais ist allerdings richtig; aber sie ist in etwas modificirter 
weise aufzufassen, der hin weis auf diaskeuasten und cykliker 
muss etwas schärfer gefasst werden, wo wir „diaskeuasten* an- 
treffen, so ist ihre schaffende tätigkeit auf ihre eigene spräche 
beschränkt, und es wäre wol unerhört anzunehmen, ein fran- 
zösischer Jongleur habe bretonische lieder und sagen gesammelt, 
diese zum epos vereinigt und. dann übersetzt, auch hier geht der 



— 37 ^ 

process nur sehr langsam und allmälig vor sich, das erste ist 
das aneignen der keltischen grundztige; darauf folgt der ausbau 
zu einzelgemälden mit der Voraussetzung eines bestehenden ganzen ; 
dieses geschieht auf französischem boden von den Jongleurs und 
ist als die eigentliche sagenbildende periode zu bezeichnen; nun 
folgen die cyklischen bearbeiter, welche das verarbeitete material 
zusammenzufassen suchen, was übrigens sehr selten in einer durch- 
aus befriedigenden weise gelungen ist; und dann, wenn bereits 
fertige epen vorliegen, dienen sie dem kunstdichter als» quelle und 
erfahren durch seine Vermittlung eine formelle Verbesserung und 
Verbreitung in den höheren gesellschaftsclassen. es wird hieraus 
einleuchten, dass die ansieht, welche einen Chrestien oder 
Thomas sein material suchen und dann bearbeiten lässt, sehr 
wesentliche stadien einer naturgemässen entwicklung völlig hint- 
ansetzt. 

Wir haben einige blicke auf die lais und ihre eventuelle 
bedeutung für die sagenentwicklung zu werfen, es sind ursprüng- 
lich keltische Volkslieder, in späterer zeit versteht man darunter 
kürzere erzählungen in reimpaaren abgefasst, die in der afz. 
litteratur eine grosse rolle spielen, sehr viele lais gehen direct 
auf keltische vorlagen zurück und sind als Übersetzungen zu be- 
trachten, die bretonischen vorlagen, aus denen wir einen einblick 
in die arbeits weise der dichter erlangen könnten, sind nicht mehr 
vorhanden; das einzige erhaltene L'austic = die nachtigall (Ville- 
marque, Barzaz Breiz, Paris 1840, tora. I, pag. 122) wird in 
bezug auf seine echtheit angezweifelt, Reinhold Köhler, in biblio- 
theca Normannica ed. Suchier bd. III (Marie de France ed. Wamcke) 
pag. XCIV— XCV. Marie de France ist vorzüglich ein beispiel 
für den Übergang von bretonischer sage ins französische, so z. b. 
der eingang der ,, nachtigall** : 

une aventure vus dirai, 
dunt li Bretun firent un lai. 
Laustic a num, ceo m^est avis, 
si Tapelent en lur pais, 
ceo est russignol en Franceis 
e nihtegale en dreit Engleis. 



— 38 — 

femer im Bisclaveret: 

quant de lais faire m'entremet, 
ne voil ublier Bisclaveret. 
Bisclaveret a nun en Breton, 
garwalf Tapelent li Norman. 

Hieraus geht hervor, dass Marie bretonisch verstand und direct 
übersetzt hat. auch für verschiedene andere lais ist die bretonische 
quelle zweifellos. 

Les contes ke jo sai verais, 

dunt li Bretun unt fait les lais, 

vos conterai assez briefment. 

el chief de cest coumencement 

sulunc la lettre e l'escriture 

vos mosterai une aventure 

ki en Bretaigne la menur 

aviiit al tens ancienur. (lai de Guigemar). 

Les estores en trai avant 

ki encore sont ä Carlion, 

ens le Monstier Saint-Aaron, 

et en Bretaigne sont seues, 

et en pluisors lius conneues. (lai d'espine). 

Die Vorliebe der Bretonen für abenteuerliche sagen rühmt 
Marie im lai d^Equitan: 

mut unt este noble barun 
eil de Bretaigne li Bretun; 
jadis suleient par pruesce, 
par curteisie e par noblesce 
les aventures qu'ils oeient, 
ki ä plusurs genz avencient, 
faire les lais pur remerabrance, 
qu' um nes meist en ubliance. 

In hohen adelskreisen waren diese lais zur zeit Heinrichs IL 
sehr beliebt, wie aus den Worten des Denis Pyramu^ hervorgeht: 

e en est ele mult loee 
e la ryme partut amee; 



— 39 — 

kar malt Tayment, 
si Tunt mult eher 
cunte, barun e chivaler, 
e si en ayment mult Tescrit 
e lire le funt, si unt delit 
e si les funt sovent retreire. 

Verschiedene andere stellen namentlich bei Wace (roman de 
Ron pag. 143, Brut II, pag. 74 f.) bezeugen das Vorhandensein 
bretonischer sagen, die in laisform behandelt wurden, cfr. auch 
noch Chaucer in der einleitung zu „the Frankeleins tale*: 

this olde gentil Bretons in hir dayes 
of diverse aventures maden layes 
rimeyed in hir firste Breton tonge. 

Der inhalt der echten d. h. übersetzten lais z. b. des Guigemar 
sind bretonische feenmärchen. neben diesen finden sich auch 
classische stoffe, ganz im märchengewande, z. b. im Sir Orfeo. 
in Gottfrieds Tristan 3614 wird ein lais de la cürtoise Tispe von 
der alten Bäbilöne erwähnt, hier wird es bereits zweifelhaft, ob 
diese lais wirklich direct aus dem bretonischen stammen, da die 
keltische durchgangsstufe mitunter wenig glaubhaft scheint, die 
lais wurden eine sehr beliebte form, in welcher kürzere 
erzählungen vorgetragen wurden, sind aber keineswegs 
durchweg Übersetzungen keltischer originale, die frage 
wird in doppelter richtung für die Tristansage von belang, es 
spielt noch einmal die frage nach dem Vorhandensein einer keltisch- 
bretonischen dichtung herein. Marie de France hat einen lais 
von Tristan und Isolde gedichtet „lilaisdelchevrefoil*. es 
wird darin erzählt, wie Tristan, der vom hofe Markes verbannt 
war, ein jähr lang in seiner heimat weilte, dann aber nach Com- 
wall zurückkehrte, um Isolde wiederzusehen, auf haselstäbe schreibt 
er die liebesbotschaft an sie, und darauf hin findet eine Zusammen- 
kunft statt, eine ähnliche scene, nur dass Tristan einen begleiter 
hat und nicht allein ist, schildert auch die übrige Tristanüber- 
lieferung, Eilhart und Heinrich von Freiberg, das wiedersehen der 
liebenden im blanken lande; die botschaft wird durch einen 
zweig oder ein reis (E. 6542 — 4, H. 4556 — 9) vermittelt; es ist 



— 40 — 

vielleicht nur eine Variation der botschaft vermittelst der späne 
im baehe E. 3341—3345 und Gottfried 14427 ff. man könnte 
nun leicht auf die ansieht verfallen, dass wir hier direct ein bre- 
tonisehes Volkslied vor uns hätten, wie sie die Normannen, die 
als nachbam der Bretonen in Prankreich und England mit diesen 
m vielfache berührung kamen, kennen lernten, in den namenlos 
überlieferteji, teilweise zusammenhangslosen und unter sich vielfach 
widersprechenden französischen Tristanfragmenten könnten noch 
mehrere derartige Überreste verborgen sein, die sage würde sich 
am ende doch als einen complex alter zusammengefasster Volks- 
lieder ergeben, aber die bedenken lassen sich lösen. 

plusurs le me unt cunte e dit, 
e jeo Tai trove en escrit, 
de Tristram e de la reine, 
de lur amur que tant fu fine, 
dunt il eurent meinte dolur 
e puis mururent en un jur. 

Aus diesen Worten geht deutlich hervor, dass Marie auf eine 
schriftlich fixirte Tristansage bezug nimmt, das ^le* ist nicht 
einseitig auf den vorliegenden lais allein und seine vorauszusetzende, 
bretonische quelle zu beziehen, es wird von Markes zorn und 
der darauf hin erfolgten Verbannung Tristans nach seiner heimat 
(abweichend hier Süd- Wales) erzählt, das alles setzt eine wolge- 
gliederte handlung voraus, die diction und der gedankengang sind 
von der grössten feinheit und zartesten empfindung (z. b. der 
reizende vers: bele amie, si est de nus: ne vus sanz mei ne mei 
sanz vus). man muss in derjenigen Sphäre, in welcher 
das lied entstand, das Vorhandensein einer Tristan- 
sage von hoher Vollendung, etwa gleich der höfi- 
schen Version voraussetzen, dies kann aber in der 
keltischen litteratur nicht der fall sein; Marie weist 
auch mit keinem worte auf eine bretonische vorläge hin, sie spricht 
nur von englischer^) und französischer Version (Gotlef l'apelent 



^) auch G. Paris (Rom. VIII, 34) gesteht zu: l'^pisode des amours de 
Tristan et dlseut qui a foumi le sujet du Chevrefueil se passe en Angle- 
terre, et le nom du ch^vrefeuille est traduit en anglais; le mot breton 



— 41 — 

en Engleis, chevrefoil le nument Franceis), zu ende des XII. Jahr- 
hunderts war ein epos ja auch längst vorhanden, im französischen 
prosaromane finden sich zuweilen stellen, wie folgende. Tristan 
hat einen riesen erschlagen und das land von einem ihm gezahlten 
tribute befreit, li pais est orendroit apeles li franchise Tristan. — 
li Breton firent un lai de ceste aventure qui encore est apellez li 
lai de la franchise Tristan, cfr. Hagen, minnesinger IV, pag. 551 
anmerk. solcherlei stellen sind natürlich ohne jede bedeutung und 
geben keinen grund, auf bretonische lieder, die wirklich existirt 
hätten, zu schliessen. die scene an und für sich bat mit der 
Tristansage gar nichts zu schaffen, die beschaffenheit des romanes 
ist von der art, wie unten ausgeführt werden wird, dass man 
dessen compilator doch niemals kenntniss solcher alten quellen 
zuschreiben dürfte, es ist nur zufällige, gedankenlose Verwertung 
einer in den lais sehr häufigen, stereotypen formel. allem nach 
kann somit der lais als eine bretonische quelle für die Tristansage 
nicht in J^etracht kommen. 

Jedoch kommt er in anderem sinne für die entwicklung zum 
zuge. wie wir hier eine einzelne scene als episode herausgegriffen 
und dichticrisch behandelt sehen, so geschah dieses auch sonst 
noch. 1) wir haben zwei verschiedene behandlungen der scene von 
Tristans narrenverkleidung, die man füglich als lais bezeichnen 
kann, beide setzen ganz notwendig die zwei verschiedenen haupt- 



n'est pas prononc^. dass die heimat Tristans Süd-Wales ist, und die engl. 
Übersetzung „gotlef legt uns den gedanken nahe, dass wir hier vielleicht 
spuren einer auch in England von den spielleuten in englischer spräche 
geflegten Tristanversion haben, in der spielmannsversion Michel I, pag. 104, 
2105 wird der liebestrank auch in der engl, form genannt „li lovendris, 
li vin herbe**, wenn die tradition in den händen normänischer und anglo- 
normännischer Jongleurs liegt, so erklärt es sich leicht, dass auch im engl, 
zage davon auftauchen, factoren in der entwicklung. die spätere Übersetzung 
des Thomasgedichtes hebt die spielmannsversion auf. englische Vermittlung 
Überhaupt nimmt G. Paris (Rom. XIV, pag. 604 ff.) an. 

1) roman de Renart ed. Mäon II, pag. 96, vers 12149: 

sez tu le lai dam Iset. 

diese Tristanlais unterscheiden sich aber von den von Heinzel angenommenen 
12 liedem (cfr. unten) dadurch , dass sie inhaltlich abgegrenzte episoden 
schildern, nicht wie Heinzel will beliebige scenen ohne anfang und ende. 



— 42 — 

bearbeitungen der sage voraus, wenn sich nun nachweisbar epi- 
soden neben dem hauptstrome der sage in einzelbearbeitung in 
einer Sonderexistenz herausbilden und erhalten, so können diese 
leicht späterhin für die entwi«klung der gesammten sage von 
belang werden und aus einem derartigen verfahren haben wir uns 
vielleicht die vielen Variationen zurecht zu legen, denen wir be- 
gegnen. 

Das epos ist das product einer längeren reihe von einzelnen 
gliedern, von Stadien, die notwendig durchlaufen werden müssen; 
es steht nicht mit einem schlage fertig und vollendet da. einer- 
seits liegen die umrisse der keltischen sage da, vielleicht das factum 
der liebe Tristans zu seines oheims weibe, und einige wenige data 
der Vorgeschichte, andererseits besitzen wir die grossartig ange- 
legten, oft fein ausgeführten epen. diese als blosse Übersetzungen 
ähnlich den ausländischen gegenüber den französischen anzunehmen, 
dazu müsste man eine so umfangreiche und entwickelte dichtung 
voraussetzen, dass sie unmöglich ganz spurlos verschwunden sein 
könnte, wir haben gefunden, dass das material, aus dem die epen 
sich zusammensetzen, zum grossen teile aus den verschiedensten 
gegenden anschwemmte, eben dieses ist die tätigkeit des sich 
bildenden epos: um einen gegebenen kern und mittelpunct schiessen 
blätter und bluten an. dies ist ein vollkommen normaler gang 
der ereignisse. der träger dieser wichtigen entwicklung ist der 
spielmann, seiner tätigkeit entstammt die Tristansage, der erste 
schritt geschieht durch das aneignen des fremden, darauf folgt 
die ausbildung des einzelnen unter dem festhalten des gesammten. 
der letzte schritt ist der versuch der Zusammenfassung zu ge- 
schlossenen redactionen. dieser wurde mehrfach und auf ver- 
schiedene art und weise unternommen, nicht nur bei der Tristan- 
sage, sondern auch bei anderen z. b. bei der Parzivalsage. zur 
wirklichen ausgestaltung iura, künstlerischen epos ist dann nur 
noch eine entsprechende poetische kraft nötwendig, eine bedeutende 
unfertigkeit und ungleichmässigkeit herrscht, was die handlung an- 
langt, in den epen des sogenannten bretonischen Sagenkreises, zum 
teil mag dazu auch die heimatlosigkeit des Stoffes beigetragen haben, 
was im französischen anschwemmte, war ja im gründe auch nichts 
Sipeziell nationalfrahzösisches. es blieb immer eine gewisse fluctuo- 



— 43 — 

sität vorherrschend, für die grosse verhreitung der sage ist dies 
wol nicht ohne bedeutung. überall konnte sie aufnähme und 
Sympathie finden, da sie keinem volke ausschliesslich angehörte, 
und ihren stoflF von mehreren entnahm, da ferner ein allgemein 
menschliches, ergreifendes grundmotiv sie durchzog, am ende kam 
noch die pflege bei der ritterschäft als einer art von kosmopoli- 
tischer gesellschaftsschicht als maassgebendes moment hinzu. 

Was an französischen fragmenten der Tristansage erhalten 
ist, hat zwar nur geringen umfang, jedoch genügt es zur fest- 
stellung wichtiger tatsachen, indem beispiele von mehreren unter 
einander sehr verschiedenen Versionen vorhanden sind, was wichtiger 
ist, als wenn uns eine Version im originale vollständig überliefert 
wäre, von den andern aber nichts, in zweiter linie kommen aber 
spätere bearbeitungen und ausländische Übersetzungen zum zuge. 
bei der benutzung und beiziehung solcher secundärer quellen 
handelt es sich darum, dass man sich über das verhältniss der 
einzelnen werke zu ihren vorlagen klar wird, dass man dasjenige, 
was individuelle zutat des einzelnen Werkes ist, genau zu scheiden 
und in abzug zu bringen vermag, der rest gibt uns dann ein 
bild von der beschaffenheit.des originales, dessen richtigkeit wir 
durch vergleichung mit den vorhandenen fragmenten zu bemessen 
vermögen, man hat sich schon längere zeit daran gewöhnt, zwei 
hauptversionen der Tristansage zu unterscheiden, diejenige des 
Berol und die des Thomas, man könnte dadurch sich zu der 
ansieht verleiten lassen, als ob zwei dichter, beide gleichberechtigt 
und gleich selbsttätig die Tristansage in Prankreich in eine be- 
stimmte form gegossen hätten, das ist aber keineswegs ohne weiteres 
der fall und die sogenannte Berolversion führt die bezeichnung 
nach dem namen dieses dighters, sofeme sie nicht bloss der ein- 
fachheit halber ohne eigentliche bedeutung gebraucht wird, mit 
unrecht, wir wenden uns zunächst der betrachtung dieser 
Berolversion zu und müssen zu diesem behufe eine quelle etwas 
näher in augenschein nehmen, welche seither verhältnissmässig 
nur sehr wenig benützt worden ist, nemlich den afz. prosaroman 
von Tristan. ' '- 

Ein überblick über den inhalt des romanes ist vor allen dingen 
notwendig, leider kann aber diese aufgäbe hier ganz skizzenhaft 



- 44 - 

nur mehr angedeutet werden, da die wichtigsten Vorbedingungen 
fehlen, aber auch so können wir bedeutsame ergebnisse gewinnen, 
die französischen romäne sind noch sehr wenig erforscht, obwol 
aus ihnen mannigfache aufschlüsse über die epischen stoffe des 
mitteialters, namentlich so weit sie zum bretonischen Sagenkreise 
gehören, zu erholen wären, eä mangeln irgend wie verlässige 
ausgaben und man muss sich hierin mit dem wenigen erreichbaren, 
selbst wenn es sehr unsicher wäre, begnügen, der Tristanroman, 
welcher von Luces, chevalier et sire du chastel du 6ad voisin 
prochain de Salibieres zur zeit Heinrichs IL verfasst sein soll, 
liegt in verschiedenen handschriften aus dem XIII. bis XV. Jahr- 
hundert vor. ein verzeichniss derselben findet sich bei Michel, 
Tristan I, pag. XXYIII und den dazu gehörigen anmerkungen; 
bei Wolf, über die lais etc. pag. 240, anmerk. 76; am verlässigsten 
P. Paris, les manuscrits fran9ois de la biblioth^que du roi vol. I. 
über das verhältniss dieser handschriften unter einander ist nichts 
näheres^) bekannt, namentlich nicht in bezug auf den stoff, in 
wieweit derselbe etwa in den älteren in einer reineren, einfacheren 
gestalt erscheint, bekannt sind nur drucke, die aber sehr selten 
sind und nicht immer leicht zu beschaffen, auch bei drucken 
können jüngere bedeutend abweichen, der erste druck stammt 
von 1489 Ronen en lostel de Jehan le Bourgoys, cfr. Brunet, 
manuel III, pag. 482 ff. die drucke sind in der spräche des 
XV. Jahrhunderts, sie sind nach einer handschrift des XV. Jahr- 
hunderts (fonds ancien 6776) angefertigt, zu welcher P. Paris 
a. a. o. die bemerkung macht: le texte, abrege plus de trois 
quarts, est celui que les imprimeurs du XV* siecle ont reproduit 
et le seul que Ton connoisse en France, ou plutöt, ce n'est plus 
le Tristan, tant il differe du roman de Luces de Gast renferme 
dans les le9ons plus anciennes. auf das detail des Wortlautes und 
feinerer, präciserer vergleichungen kann sich demnach die folgende 



^) J. Brakelmann hat eine hierauf bezügliche arbeit in angriff ge- 
nommen, die aber nicht zum abschluss kam. ^tschr. f. d. phil. XYIII, 
pag. 81 — 94 sind die studien veröffentlicht, es werden hier die bedeutenden 
differenzen in den verschiedenen handschriften des romanes aufgezeigt, 
gerade für den uns hier wichtigen eigentlichen Tristanstoft' enthält die 
arbeit nichts wichtigeres. 



— 45 — 

Untersuchung nicht einlassen und sie ist mit allem vorbehält zu 
führen, es sind nur sehr wenige hemerkungen zum romane in 
den bisherigen arbeiten aufzufinden.^) Heinzel (ztschr. f. d. 
altertum bd. XIV, pag. 353) leugnete sichere beziehungen zwischen 
dem romane und Eilhart. etwas weniges bemerkt dagegen 
Lichtenstein, Eilhart von Oberge pag. CXLIX. Boss er t 
(Tristan et Iseult, poeme de Gotfrit de Strasbourg compare ä 
d'autres poemes sur le meme sujet, Paris 1865), welcher den 
prosaroman als den poetischen dichtungen vorausgehend betrachtet 
(pag. 31 — 34), kommt pag. 120—126 zu dem resultat: ^l'histoire 
de Trist<an et Iseult arriva ainsi aux temps modernes sous trois 
formes principales** ; er hält ihn also für eine dritte version gegen- 
über der des Berol und Thomas. Michel Tristan II, pag. 205 
gibt ein fragment aus Meliadus de Leonnois, II, pag. 222 — 226 
ein fragment des Tristanromans von 1520, welche beide Vetter, 
la legende de Tristan pag. 53 — 56 behandelt hat. Hertz pag. 540 
seiner Tristanübersetzung verzeichnet den roman als der Berol- 
version angehörig und nimmt auch in seinen anmerkungen mehr- 
fach darauf bezug. die folgenden auszüge sind gegeben nach dem 
auf der Münchener Staatsbibliothek vorhandenen drucke: Tristan, 
Chevalier de la table ronde, Paris 1514 bei Michel le Noir, fol. 2 
vols. es muss zunächst festgestellt werden, welche der uns be- 
kannten Sagenversionen dem dickleibigen romane zu gründe lag 
und ob diese mit Eilhart und den französischen fragmenten stimmt, 
bereits aus dem namen Tristan de Leonnois ist zu folgern, dass 
uns in der prosa die ältere version vorliegt, im gegensatze zur 
Thomas'schen, nach welcher Tristan von Parmenien (Gottfried), 



^) Einige notizen über das verhältniss der französischen prosa zu Eil- 
hart finden sich auch in dem aufsatze (von Jacob Grimm?) der Leipziger 
litteraturzeitung von 1812 spalte 606 — 6. aber 497 wird bemerkt, die fran- 
zösische prosa habe nichts mit unserer älteren Eilhartischen gemein. 

der XV. band der Romania (1886) enthält abhandlungen, die sich mit 
der frz. prosa beschäftigen: J. Bädier, la mort de Tristan et d'lseut 
pag. 481-6x0, und W. Lutoslawski, les folies de Tristan pag. 611 — 633. 
eioe umfassendere arbeit von Löseth über den roman wird in aussieht 
gestellt a. a. o. pag. 697. die auffassung über die entstehung und die Ver- 
wertung des romanes stimmt mit der unsem ziemlich überein, nemlich dass 
ein gedieht von Tristan und Isolde hineinverarbeitet worden ist. 



- 46 - 

Ermenia (Tristramsaga), Ermonie oder Hermonie (Sir Tristrem) 
stammt, die Tristansage erscheint völlig eingehüllt von einer menge 
ganz ferne liegender episoden, welche einzig den zweck haben, 
einen Zusammenhang zwischen Tristan und Artus und der tafei- 
runde herzustellen, jedoch sind dieselben ganz äusserlich, ohne 
die handlung zu alteriren, und es gelingt unschwer, die eigentliche 
Tristansage herauszuschälen, der roman beginnt mit einer langen 
einleitung, der geschichte der ahnen Tristans, in welcher die 
heterogensten dinge bunt unter einander gemengt erscheinen, die 
geschichte der eitern Tristans ist ebenfalls total verwischt bis auf 
die namen. das betreffende capitel heisst: comment Meliadus roy 
de Leohnoys espousa Ysabel fiUe du roy Felix de Cornouaille en 
laquelle il engendra Tristan le vaiüant, et comment eile mourut 
en Tenfantant. wichtig allein ist die stelle: ie me meurs du travail 
que i'ay en de toy, triste vins icy, triste acouche et en tristeur 
ie t*ay eu, et la premiere feste que ie t^ay faicte a este en tristesse 
et pour toy me mourrai triste, et quant par tristeur es venu en 
terre tu auras nom Tristan, bei Eilharts kurzer ausdrucksweise 
fand diese stelle in seinem gedieh te keinen platz, jedoch steht 
sie ähnlich bei Gottfried 1993 bis 2020. 

Et le roy prent l'enfant et le dar nach in korzen ziten (E. 126) 

baille ä garder ä Gouvernail qui beval der edele koning riebe 

puis le garda si loyaulment quil daz kind flizlichin 

n'en deust estre blasme et luy eime knapin der hlz Eurneväl. 

fist querir nourrige teile comme der künde im wol legin mal 

il luy appartenoit. fol. 21, a. zu hovelichin dingen. 

Die Stellung Markes zu Tristan ist von anfang an eine feind- 
liche und durchaus misstrauische, was der roman durch ein capitel 
rechtfertigt: comment ung nayn denonca au roy Marc de Cornou- 
aille, que par Tristan il se clameroit chetif. hier mag zugleich 
an einem beispiel klar gemacht werden, wie der roman ganz be- 
liebig capitel einschaltet, welche weiter in gar keinem Zusammen- 
hang mit der handlung stehen und für deren verständniss getrost 
wegbleiben könnten, ehe Tristans eigentliche geschichte an Markes 
hofe beginnt, hat er verschiedene abenteuer zu bestehen: 



47 — 



comment le roy Meliadus espousa la fille du roy Hovel, la- 
quelle cnyda empoisonner Tristan. 

comment Belinde fille du roy Pharämon devint amoureux de 
Tristan. 

comment Belinde fina ses iours pour le departement de Tristan. 

Die namen und die abenteuer selbst zeigen schon genugsam, 
dass derartige dinge einer zeit des Verfalles angehören, in welcher 
an eine organische epische sagenentwicklung in alle weite nicht 
mehr zu denken ist. in Übereinstimmung mit der alten und echten 
sage fahrt dann der roman fort: 



Tristan vint devant le roy 
Marc son oncle et luy presenta 
son Service et le roy luy de- 
manda qui il estoit. Sire ung 
estrange varlet suis qui vous 
servira s'il vöus piaist. fol. 25, a. 

Tristant tant y sert que il est 
prise sur tous ses compaignons* 
lors fut si preux et si fort que 
nul ne fut de sa proesce ne de 
sa valeur. 

Morhoult dlrlande ä graut 
gent avec luy vint en Comou- 
aille querir le treu que ceulx 
de Cornouaille devoyent au roy 
d'Irlande. 

es erhebt sich grosse klage im 
Volke, da er die kinder als geisein 
mit sich führt : enfans mal fustes 
onques nez et nourriz quant il 
convient que ceulx d'Irlande vous 
enmainent en servage en leur pays, 

Tristan demande ä ung che- 
vallier pourquoy il se dementent 
tant et qui estoit celluy Morhoult 



mit sulchir liste (E. 286) 

quam der here Tristrant 
da he den seibin koning vant. — 
und sprach hovelichin so: 
here ich wil hie bl üch sin, 
is daz ir gerüchet min, 
zu üwerm dinste wil ich stan. 
daz kint — mit nichte vormeit(342) 
swaz ez gutes mochte getü 
beide spate und ouch vru. — 
sus wuchs der jungeling 
mit eren und zu grözem love. 
sus wolde he bringen (E. 381) 
den zins von deme lande, 
vil küner wigande 
samnete he als her solde. 

E. 427-442 droht Morold leben- 
digen zins sich zu holen. 



do quam Tristrant (E. 556) 

und vrägete sie al um wat 
^sie hetin sulchin grözin rät. 



- 48 — 



de qui ilz parloyent. die ant- ein forste sprach: wir vinden 

wort lautet hierauf: Morhoult undir al desim ingesinde 

est frere ä la royne dlrlande, keinen ritter also stolt 

ung des meilleurs chevalliers du der vechtin wil kein Mörolt. 

monde, qui vint querir le treu, der koning von irlande (E. 358) 

et pour ce est il cy envoye que häte sine swestir. 

se nul le contredisoit, qu'il se 

combatroit et le conquerroit corps 

ä Corps, et il n'est nul qui contre 

luy osast aller, fol. 25, b. 

Tristan beredet sich mit Gouvernail über den Zweikampf. 

Gouvernail stimmt ihm endlich selber bei = E. 455 — 498. 

auf Tristans wünsch gewährt ihm Marke den ritterschlag 
= E. 499—532. 

hierauf übergibt ihn Marke dem seneschall, was nach Eilhart 
bereits früher geschehen war: 



le roy le lieve par la main et 
le bailla ä Dinas son seneschall 
et luy dist que luy quiere et 
baille tout ce que mestier luy 
sera. — 

tous ceulx qui le veirent di- 
soyent que oncquesmais ne virent 
si beau chevallier en Cornouaille. 
fol. 25, c. 



do der trogseze quam (E. 303) 
der koning daz selbe kind nam 
und beval ez im an sine hüte, 
der truchsess „was geheizzen 



Tinas' 



(328) 



dö he quam in den sal, (528) 

dö sprächen sie gemeine, 

he were al eine 

zu den schönsten irkorn. 



4 ^^ 

nach dem ritterschlage erbietet sich Tristan wie in E, den 

boten Morolds gegenüber zum Zweikampfe, diese meinen Morold 
könne vielleicht den kämpf weigern: 



pourceque Morhoult ne se com- 
batut pas pour teile chose, se 
vous n'estiez de aussi hault lig- 
naige comme luy. Or luy dictes, 
fait Tristan, que pour haultesse 
de lignaige ne demourera pas, 
car s'il est filz du rov, aussi suis 



dö sprächen die boten sän, (625) 

ir here wolde nicht bestän 

einen sin ungenöz. 

der rede wenig verdröz 

den künen Tristranden. 

he sprach zu den wiganden: 

merket rechte wer ich sl: 



-^ 49 - 



ie. Le roy Meliadus de Leon- 
noys fut mon pere et le roy 
Marc qai cy est, est mon oncle 
et ay ä nom Tristan. 

Lors s^en partent du roy Marc 
et viennent ä Morhoult et luy 
comptent les nouvelles de court 
et il en est tres esbahy. 

Si deraande qui est celluy qui 
la bataille a emprinse contre luy, 
si luy dient, qu*il a nom Tristan 
filz du roy Meliadas et nepveu 
du roy Marc et a auiourdhuy 
este nouveau chevalier. 

fol. 26, a. lors au roy demandent 
ou la bataille sera, et il leur dit: 
cy devant en l'isle sainct Sanson^) 
et ait chascun son bastel. 



si was Ydn adele wol yri 
Blankefiür die mütir min. 
min Tater heizzet Rivalin. 
Ton Lohenois bin ich gebom 
und bin Markes swestir son. 
dannen sie dö karten (725) 

dar sie Mörolden sulden warten. 

^wer besteit mich?* (734) 

daz wil einer tun 
der ist Markes swester son 
und hat korzliche swert genomen. 



her entbot do Mörolde 
daz her konten solde 
bi den se üf ein wert. 



(709) 



Die waffhung Tristans wird geschildert ähnlich Eilhart 750 
bis 774. 



Tristan vient en son bastel et 
y entre et naige en Tisle et puis 
yst hors et son cheval et revoye 
le bastel en Teave, si que il fut 
en peu d'heure eslongne de Tisle. 



Morhoult dist ä Tristan, pour- 
quoy il avoit si faict; pour ce, 
se deist il, se tu me occis tu te 
mettras en ton bastel; et si ie te 
occis, ie te y mettray aussi et 
te porteray en ton pays. 



zu dem schiffe dö der helt 

ging. (787) 

mit dem zöme he sin ros be- 

vlng. 

aleine vür he üf den wert. 

he stlz dö mit dem schafte 
Möroldes schef an den sint. 
dö sprach daz gruweltche kint, 
warumme tüstü, degin, daz? 
he sprach : ich sage dir umme waz : 
wir sin beide here komen 
durch schaden und durch vromen.— 
ir komet wol hinnen 
in einem schiffe der helt 



^) la ou Tristanz le fier Morhout — en Tisle Saint Samson veinqui. 

Chrestien v. Troyes Erec und Enide, Michel III, XX. 
Oolther, Tristan. 4t 



-- 50 — 



Tu es saige, dist Morhoult, et 
pour le sens que ie voy en toy 
ne te youldroyes ie mener ä 
mort, mais se tu vouloys ceste 
bataille laisser que tu as par 
enfance et par follye, ie te reu- 
droyes, et serions compaignons 
des ores en avant moy et toy« 
et Tristan dit: la bataille lais- 
serons ie bien, se tu vouloys 
quitter Comouaille du treu que 
tu leur demandes, mais aultre- 
ment ne le feray ie pas. Non, 
deist Morhoult. 

Es folgt nun der kämpf, in 
dann aber: 

fol.26,c. Tristan fiert Morhoult 
de Tespee parmy le heaulme si 
grant coup que il luy met le 
braue dedans si que a Tespee 
desteurdre demoura une grant 
piece dedans la teste du Mor- 
hoult si que Tespee en fut oschee. 



dem der sege hie wirt gezelt. — 
dö sprach der starke Mörolt : (808) 
— eigen unde lehen 
wil ich mit dir teilen — 
daz du kerest dinen müt 
und läzest den kamp sin. — 
dö sprach der degin stete: 
vil gerne ich daz tete 
woldestü den koning läzen vri. 
nein, des mag nicht gesin, 
sprach Morolt der starke. 



den einzelheiten etwas abweichend. 

Tristan slüg mit ellenthafter 
haut (914) 

in dorch sinen stalhüt, 
eine wundin tlf unde grot, 

s6 daz he vil vor sinen föz ^ 

und im beleih ein stucke 
zu grozem ungelucke 



des s wertes in der wundin. 

Hiermit endet nach dem romane und Eilhart der Zweikampf, 
Tristan schlägt nicht, wie nach Gottfried 7089, dem getödteten 
feinde das haupt ab. 



fol. 26, d. Tristan se couche 
en ung lict, car il est si ä destroit 
et angoisseux pour l'atouchcment 
du venin qu'il en pert le rire et 
le iouer, le boire et le mangier. 
— sa playe put tant que nul ne 
peut demourer empres luy fors 
seullement Gouvernail qui le sert 
au fort et au dur. 



Tristan der edele gute (1051) 
der was in grözera unmüte, 
he enmochte ezzin noch trinken. 
ZU lest begunde im stinken 
daz geluppe üz der wunde, 
daz niman enkunde 
im von stänke nähen. 



— 51 — 

foL27,a. Tristan se faict porter he Uze im ein Ms machin {1061) 

ä une fenestre sur la mer et büzen der stad bi dem se. 

pensa une grant pieee. — — und sage ouch dem vatir 
si ie meurs ie vueil, qu'il (Gou- min, (1116) 

Ternail) ayt ma terre, car il est daz he dir wol lone 

bien de si hault lignaige qu'il und dich sine krönen 

pourra bien estre roy, puis qu'il na sinem tode läze tragen. — 

aura Tordre de cheuaUier. — und wes des sichir sundir wän: 

quant la nef fut appareillee ich engan des nlmanne baz. 
et gamie, si apporterent Tristan 

et Ie mirent dedanz, niais oncques- gröz jämir dar geschach, (1 132) 

mais ne veistes si grant dueil do sie in trügen an den se 
comme il y eut illec pour Tristan 
et son departement. 

Dass Tristan die harfe in das schiff mitgegeben wird, wie 
Eilhart 1136 berichtet, hält Lichtenstein pag. CXX und CXXVI 
för eine interpolation aus Gottfried, bei Gottfried findet ja das 
motiv ausgedehntere Verwertung, indem sich Tristan als spielmann 
ausgiebt und Isolde in diesen künsten unterrichtet, bei E. hat 
es wenig bedeutung. auch E öl hing, Tristramsaga pag. LIII anm. 
stimmt zu. im romane aber wird die harfe auch erwähnt (si ferez 
metter ma harpe). die einzige Verwertung der harfe ist, dass 
Tristan darauf bei seiner ankunft in Irland spielt und dadurch die 
aufmerksamkeit des königs auf sich zieht, demnach scheiilt die 
harfe doch bereits der alten version, welcher Eilhart und der roman 
folgen und die ja, wie aus den bereits angeführten stellen schon 
zur genüge hervorgeht, vielfach für beide ziemlich gleichlautend 
gewesen sein muss, angehört zu haben, sie würde auch recht wol 
zu dem lais, das dieser scene wol zu gründe liegt (cfr. oben 
pag. 21), passen, in der Thomas'schen version entwickelte sich 
dann vielleicht eben hieraus die ganze geschichte der spielmanns- 
comödie. es wäre doch immerhin ein sehr seltsamer zufall, wenn 
der roman und Eilhart beide unabhängig von einander unvermittelt 
an derselben stelle einen zug der. Thomasversion interpolirt hätten. 

Im folgenden sind die Übereinstimmungen nicht mehr ganz 

80 schlagend, der roman hat offenbar hier mehrere episoden in 

4* 



- 52 - 



den eigentlichen stoff hineinverarbeitet nnd so letzteren getrübt 
und mehrfach alterirt. immerhin lassen sich noch genug einzelne 
Züge zusammenstellen. 



fol. 27, b. Yseult estoit la plus 
belle fille du monde et la plus 
sage de cirurgie que on sceust 
en celluy temps et congnoissoit 
toutes herbes et leur pouvoir et 
nVstoit si perilleuse playe dont 
eile n'en guerist. 



Isalde was sie genant, (E. 951) 
sie was gar wite erkant 
und was ein juncfrawe here; 
ouch künde sie arzedie mere 
denne in deme lande ichein man. 



Der könig begibt sich selber ans gestade und fragt Tristan 
aus, der sich einen ritter aus Leonnoys nennt, und verspricht ihm 
heilung. ähnUch Eilhart 1155—1193. 

Bezüglich der heilkur herr^ht insofern Übereinstimmung, als 
Isolde einen zweimaligen versuch machen muss = E. 1194 — 1219. 
nach dem romane sieht Tristan Isolde von angesicht, aber nicht 
bei Eilhart 1219. nach seiner heilung denkt Tristan an die rück- 
reise; jedoch kommt der plan nicht zur ausführung. es werden 
abenteuer mit rittern der tafeirunde erzählt, der drachenkampf 
findet bereits beim ersten aufenthalte Tristans in Irland statt. 



fol. 31, b. en ce pays avoit ung 
serpent qui tout destruisoit. — le 
roy avoit faict crier que, qui 
pourroit occire le serpent, il luy 
donneroit tout ce qu'il deman- 
deroit, voire la moitie de son 
royaulme et Yseult sa fille. — 
si advint, que le serpent viut au 
chasteau. — et chascun qui yssoit 
de ce chasteau de ceulx qui y 
repairoyent, s'en renfouyent cri- 
ant et brayant. Tristan demanda 
que c'estoit et on luy dist ce 
que ie vous ay dit. 



swer den serpand bestünde (1603) 
und swem got der eren gunde 
daz her im den lip neme, 
daz im der koning gebe 
äne zwlbel die tochtir sin. — 
do sach he einen man vlien, (1628) 
deme reit he ilende nach r- 
und vrägete in ofiTenbäre, 
wer in so harte jagete, 
der man im schire sagete 
daz es ein trache tete etc. — 



- 53 — 

es wird dann der drachenkampf erzählt, hierauf: 

fol. 31, c. et Tristan luy couppe die zungin her im üz sneit. (1672) 

la langue et la boute en sa chausse, her stackte sie an sine hüte. ^- 

puis s'en part, mais il ne eut do was der degin herlich 

gueres alle qu'il cheut ä terre gewordin swarz als ein brant. 

tout envers tout ainsi comme s'il ein kolez spring he do vant, 

fust mort par le yenin. de la da legete sich der helt in. 

langue du serpent. he meinte he solde tod sin. 

Der seneschaJl schneidet, wie bei Gottfried, dem drachen den 
köpf ab, was Eilhart weglässt. Eilhart kann aber auch nur ge- 
kürzt haben^;^) der französische text war jedenfalls stellenweise 
viel ausführlicher, wie dies mit Sicherheit anzunehmen ist E. 86 
„mit pine an sinem libe irwarp he, daz he sie beslif*. Yseult 
reitet mit ihrer mutter aus, um Tristan zu suchen, nach E. Isolde 
und Brangäne, nach 6. Isolde, ihre mutter und Brangäne. Tristan 
erbietet sich zum nachweise, hier natürlich wieder der bei Gott- 
fried vorkommende zug: sire regardez en la teste, se la langue y 
est; car saichiez que celluy qui luy couppa la langue l'occist 
= G. 11237 bis 11243. aus derartigem vereinzeltem zusammen- 
gehen des romanes mit Gottfried darf man natürlich nicht an 
irgendwelchen Zusammenhang denken, dass der roman hie und da 
aus der vorläge Gottfried's, aus Thomas schöpfte, sondern es er- 
hellt hieraus einfach, dass die quelle Eilharts oder wenigstens 
andere ihr enger verwandte Tristandarstellungen um manche züge 
reicher waren, als der deutsche text. — nachdem der seneschall 
sich für besiegt erklärt hat, folgt erst die scene im bade, wo Isolde 
in Tristan den mörder Morolds erkennt, welche sich bei Eilhart 
•und Gottfried vor dem gerichte abspielt, die erkennungsscene und 
Versöhnung ist in einzelheiten ziemlich abweichend, es fehlt im 
roman auch die pointe, nemlich die Werbung Tristans um Isolde 



( 



^) ja nicht nur Eilhart selbst, sondern auch die uns erhaltene Über- 
lieferung des gedichtes, wie aus eben dieser stelle erhellt, die prosa erzählt : 
^da sie vermerkten, dass der wurm erschlagen war, riten sy dar vn schniten 
de grossen wurmb das haupt ab'' (Lichtenstein, zur kritik des prosaromans 
Tristrant und Isolde pag. 29). das gedieht Eilharts, welches dem roman- 
schreiber vorlag, hatte demnach diesen zug. 



) 



— 54 — 



für Marke, da ja alle seitherigen ereignisse sich bei Tristans erst- 
maliger an Wesenheit in Irland abspielen, hierauf fahrt Tristan 
heim nach Cornwall, wo er mit grosser freude bewillkommnet wird. 

fol. 32, c. ceulx de leans sont beide wip unde man (E. 1329) 



tous ioyeulx de sa venue. si luy 
fönt feste et joye et le roy le 
fist sire et maistre d^eulx tous. 



swer sin künde i gewan 
die wärin al slner zükunft vro. 
Marke dachte daz her im undir^ 
tan (1342) 

sin riebe wolde machen. 



Nun folgen wieder episoden, die aber insofeme ganz interessant 
sind als sie zeigen, mit welchen raitteln der compilator des roraanes 
sich behalf: 

comment Tristan fut amoureux de la femme Segurades. 

comment Tristan alla apres la femme Segurades, que Bliom- 
beris amenoit. diese ganze episode setzt sich nemlich zum teile ^ 
aus Zügen zusammen, welche aus der eigentlichen Tristansage 
stammen. Marke und Tristan stehen sich als rivalen gegenüber; 
wie in der bekannten scene in Markes schlq.fgemach wird auch 
hier die blutende wunde Tristans zum Verräter; Bliomberis entführt 
die dame, welche er vom könig erbeten hat, ähnlich wie der irische 
ritter Isolde bei Gottfried, und Tristan gewinnt sie ihm wieder ab. 

fol. 36 — 37. infolge der Weissagung des zwerges (cfr. oben 
pag. 46) ist es Marke selber, nicht bloss die partei der feindlichen 
barone wie bei Eilhart und Gottfried, der Tristans tod wünscht 
und ihn darum nach Irland schickt. 



fol. 41, b. ung iour estoit le 
roy venu en son palais et Tristan 
vint devant luy et ses compaig- 
nons moult nobleraent appareillez, 
si luy dist: roy ie vueil que vous 
me donnez mon don. certes, 
dist le roy, cest droit demandez 
et vous Taurez. Sire, dist Tri- 
stan, grant mercy. sire or me 
donnez donc Yseult vostre fille 
et sachez que ie ne la demande 



Tristrant den koning do manete. 

(E. 2227) 
der here im nicht vorsagete. — 
Tristrant der sprach sän: 
here, ir solt wol verstau, 
wie ich die maget wil nemen. 
ich wil sie vüren nü zu haut 
mit mir in Kurueväles lant, 
unde wil sie dar gebin 
Marke mime libin nebin: 
der ist ein koning mere. 



— 55 — 



pas pour moj, mais pour le roy 
mon oncle qui la veult avoir a 
femme et si la fera couronner 
royne du royaulme de Cornouaille. 
le roy respond et dit: Tristan, 
tant avez fait pour moy que bien 
avez desservy Yseult. ie la vous 
donne ou avec vous ou avec 
vostre oncle faire en povez vostre 
voulonte. car moult me piaist. 
lors fait venir Yseult et luy livre 
par le poing et dit: mener la 
povez quant vous vouldrez. — 
Yseult se partit bien garnye de 
robbes. — la royne appelle Bran- 
gien et Gouvernail et leur dist: 
Veey, ung vaissel d'argent piain 
d'ung merveilleux boyre que ie 
ay faict ä^ mes mains. quant 
le roy Marc sera couche avec 
Yseult la premiere nuyt, donnez 
le ä boire au roy Marc et puis 
a Yseult et puis gectez le de- 
mourant et gurdez que nul aultre 
n'en boive, car grant mal en 
pourrait venir; ce bruvage est 
appelle le boire amoureux. car 
si tost comme le roy Marc en 
aura beu et ma fille, apres ilz 
se aymeront sy merveilleusement 
que nul ne pourrat mettref discord 
entr'eulx. d'en si gardez bien 
que aultre n'en boyve, et ilz 
dyent, que de ce se prendront 
ilz bien garde. 



der koning sprach: daz wil ich tu, 
nü ez dir so lip ist. 



he gab sie im bi den hendin (2254) 

und beval sie im üf sin trüwe. 

die sante der koning riche (2261) 

von im rechte herliche 

als eime koninge wol gezam. 

or müter einen trang nam. 

Brangenen sie den tede 

und sprach : llbe, durch mine bete 

desin trang den soltu vüren; 

sich wol, daz in berüre 

niman wan dln eines haut, 

und so ir komet in daz laut, 

und min tochtir und ir man 

insampt släfin sollin gän, 

so saltü in des trankes gebin. 

heiz si in üz trinken gare. 

du Salt mit vllze wol be waren, 

daz sin niman entbize me. 

cfr. auch dazu nach Eilhart 
2278—2299. 



— 56 — 

Die laadung im hafen (E. 2327 ff.) hat der roman nicht, es 
ist heiss. Brangien und Gouvernail selber geben Tristan und Isolde 
den liebestrank zu trinken. 

fol. 41, d. Tristan beut tout hertranginsundirswere: (2350) 

plaine la couppe et puis com- do düchte im der wln gut. 

mande que en donne ä Yseult slner frouwen her in ouch bot. 

et on luy donne et Yseult beut, also schlre sie in trang. 

fol. 42 wird die aufkeimende minne in ausführlicher und teil- 

' weise schöner weise geschildert, hier ist ja natürlich unendliche 

Variation möglich und können directe anklänge weniger in betracht 

kommen. E. 2355 — 2619 hat sich wol auch der quelle gegenüber 

etwas freier bewegt, cfr. Lichtenstein pag. CLXVII ff. 

Als ein zug der Übereinstimmung ist es hinwiederum aufzu- 
fassen, dass wie im romane von anfang an so auch nach Eilhart 
2620 — 1 und 2639 ff. Brangäne und Kurvenal beide um das ge- 
heimniss des trankes wissen, nach für die sage ganz unwesentlichen 
einschüben beginnt fol. 47 wiederum Übereinstimmung, auch hier 
tritt das gehässige in Markes character hervor: er Tsrjirde lieber 
seines neffen tod sehen, es wird nun ein glänzendes hoffest an- 
lässlich der hochzeit gefeiert, ähnlich Eilhart 2806 -7, wo man 
wieder erkennen kann, dass E. bedeutende kürzungen macht. 

fol. 47, d. quant le roy fut E. 2808— 2830 ersucht Tristan 

couche, Tristan estainct les cierges den könig, dass er erlaube, nach 

et Brangien se coucha decoste du irischer landessitte zu verfahren, 

roy. Comment, dist le roy, pour- nemlich beim ersten beilager alle 

quoy avez vous estainct les cierges. lichter zu löschen. 

Sire, dist Tristan, c'est le cou- Brangenen brachte he stille 

stume de Yrlande et le me com- (E. 2836) 

manda ä faire la mere Yseult. car zu bette deme koninge. 
quant gentilz hommes en leur 
pays^ gisent avecques pucelles 
on estaint la clarte. — Marke 

sagt zu Tristan: ie vous feray sprach der koning zu sinem 

orendroit mon chamberlan et nebin (E. 2823) 

vueil que vous soyez sire de mon und hlz in kemmerere wesin. 

hostel. cfr. auch Eilhart 2831—2832. 



— 57 — 



Yseult ne doubte rien que 
Brangien, que eile ne la des- 
couvre; si pense que se eile estoit 
morte, eile u^avroit garde du 
nuUuy. 

s siappelledeuxserviteursqu'elle 
avoit amenez dTrlande et leur 
dist: menez moy Braugien en 
Celle forest et la occiez. lors 
appelle la royne Brangien et luy 
deist: allez avec ces varletz en 
Celle forest et nie cueillez des 
herbes. Dame, deist eile, vou- 
lontiers. lors s'en va Brangien 
et les deux varletz en la forest, 
et quant ilz furent bien avant, 
Tung d^eulx dist ä Brangien: 
Brangien que avez vous fait ä 
la royne qui vous veult faire 
occire? lors tyrent leur^ espees 
sur Brangien. 



dar nach abir nicht lang (E. 2863) 
gewan die vrauwe den gedang, 
daz sie mit des tödes döne 
Brangenen wolde Ionen, 
sie vorchte daz sie sagete 
swaz sie von ir wiste. 
zwen armen rittem sie gebot 

(E. 2873) 
daz sie ir tedin den tod. 
die koningin sich do legete, (2889) 
zu Brangenen sie do redete. — 

sie lässtsich wasser am brunnen 
holen, dagegen Gottfried 12753: 
„du muost uns würze bringen*. 

G. stimmt hier mehr zum 
roman, als Eilhard (cfr. oben 
pag. 53) G. 12790: ir einer 
sprach: waz habet ir begangen 
wider die künigin? diu hiez 
iuch slahen: nu muoz ez sin. 



»in der altfranzos. prosa spricht Brangäne, einem verfeinerten 
geschmack rechnung tragend (statt des gleichnisses von den beiden 
schneeweissen hemden) von zwei lilien*, Hertz pag. 593. es kann 
dies aber auch eine alte, sonst verlorene version der volksmässigen 
dichtung sein, in welcher die lilie die blume der Unschuld ist, und 
als deren Sinnbild so oft und viel verwendet wird. 



die ritter binden Brangien 
an einen bäum und kehren heim, 
ihre degen röten sie mit tierblut. 
quant Yseult les vit, si leur 
demanda, se eile estoit occise. 
ouy, dient les serviteurs. et que 
dist eile ä la mort? dist Yseult. 
dame, nulle riens fors ce que ie 
vous ay dit devant. 



Gottfried 12869 entsprechend: 
die getriuwen bunden si sä 
hohe üf einen boum da. 
Isolde vrägete in al zuhant (2974) 
„sprach sie icht?* Ja sie tete.** 

nü sage mir waz. 

„sprach sie icht luer?* „nein, 
sie niet.* 



— 58 — 

Nach dem roman kehren beide zu Isolde zurück, ebenso bei 
Gottfried 12874 ff.; bei Eilhart aber kehrt nur einer zurück, der 
andere bleibt draussen. nun beginnen bedeutendere abweichungen. 
Yseult schickt die ritter zurück, um Brangänens leiche zu holen, 
erst später erföhrt sie durch den ritter Palamedes, dass Brangien 
noch lebt, woraufhin auch die beiden ritter den wahren Sachverhalt 
eingestehen. 

fol. 48—51 fordert PUlamedes dasjenige, was er am meisten 
liebt. Yseult sagt ihm dieses zu und Marke bestätigt es. darauf 
fordert Palamedes Yseult und führt sie davon. Tristan war eben 
auf der jagd abwesend ; als er bei seiner rückkehr das geschehene 
erfährt, reitet er Palamedes nach und gewinnt Yseult ihm wieder 
ab. wir haben also hier das abenteuer „rotte und harfe* bei 
Gottfried — Thomas, welches bei Eilhart fehlt. 

fol. 51 verso. die erste Zusammenkunft der liebenden wird 
durch Andred verraten. Marke kommt mit einem Schwerte, um 
Tristan zu tödten. nach kurzer gegenwehr flieht letzterer. Marke 
will ihn wieder in seine gewalt bekommen, durch eine botschaft 
der Brangien wird er wieder an den hgf zurückgerufen, es ist 
Markes einziges bestreben, Tristan zu überführen, um ihn darauf 
hin tödten zu können. 

fol. 53 — 54 bringt ein ritter den weinbecher als keuschheits- 
probe, cfr. oben pag. 20. dann folgt die scene, welcher bei Eilhart 
und Heinrich die an Artus hofe entspricht, wobei, nachdem Tristan 
sich verwundet, um eine entdeckung zu verhindern , auch alle 
übrigen sich wunden beibringen, die scene weist aber im romane 
abweichungen auf: es fehlt Gawan und der Ärtushof.^) um. den 
verdacht abzulenken verwundet Isolde sich- selber. 



1) Lichtenstein, Eilhart's Tristan pag. CXXVIII hält Markes Hat 
mit der wolfsfalle für ein parallelmotiv zu dem früheren mehlstreuen, 
beidemale werden blutspuren zum Verräter, es ist nicht unmöglich, dass 
die scene so wie sie hier steht, d. h. ohne Artus und seinen hof, das ur- 
sprünglichere enthält, so reiht sie sich sehr gut unter die übrigen listen 
und ranke ein. die Verbindung mit Artus gehört dann erst der zeit an, in 
welcher man begann, die Tristansage zunächst. nur ganz äusserlich und an 
wenigen stellen mit Artus in berührung zu bringen. 



- 59 — 

fol. 54. Conunent par le moyen de Basille (Andrets geliebter) 
Tristan fut prins. Marke verbietet Tristan den zutritt zu Yseult's 
gemach, er steigt jedoch durchs fenster, was von Andret und 
seinen genossen belauscht wird, auf dem rückwege überfallen 
schlägt er sich mit grosser tapferkeit durch, nun wird Yseult in 
einen festen türm gebracht (fol. 55). in frauenkleidem schleicht 
Tristan sich ein. Basille yerrät ihn. er wird gebunden und soll 
den feuertod erleiden, Yseult aber den „meseaulx" überliefert 
werden, die liebesabenteuer an Markes hofe mni also ganz anderer 
art als die in den übrigen Versionen überlieferten. 

Tristan wird auf seinem wege an einer capelle vorbeigeführt, 
die oberhalb des meeres lag. er entreisst einem der begleiter das 
Schwert, geht in die capelle und rettet sich vor den Verfolgern 
ins raeer. ceste röche doit bien estre appellee le saut Tristan, 
ganz entsprechend Michel I, pag. 48, vers 917: 

encor claiment Cornevalan 
cele pierre le saut Tristan. 

lors s'en allerent ä une maison de raeseaulx et livrerent Yseult 
aux meseaulx. — li meseaulx prennent maintenant Yseult, si 
Temmainent par vivece. Gouvernail befreit sie. dann ßnden sie 
Tristan, fol. 56 gehen sie zu einem ritter, einem forestier, ^et 
saichez que celle forest, ou ilz estoyent estoit appellee la forest du 
moroys"; Michel I, 1239 en la forest de Morrois sont. Tristan, 
Yseult, Gouvernail und eine damoyselle kommen zu einem schönen 
versteck (Gottfrieds minnegrotte), das einst ein ritter für seine 
dame hatte machen lassen, quaht Tristan et Yseult furent la 
venus, si demanda Tristan ä Yseult, que il luy sembloit de ce 
rechet, certes il est beau. car vecy les fontaines et si avrons 
chascun iour venaison et Gouvernail nous yra querir tout ce que 
nous sera necessaire au chasteau la devant. Gouvernail holt Tristans 
ross und den hund Huden von Marke. Tristan se mect au chasser 
et ä occire bestes, ainsi se deduyt en la chasse et en la compaignie 
de Yseult. — illecques apprint Tristan ä Huden ä chasser sans , 
glatir pour ce qu'il ne fust gaite en aulcune maniere. ganz 
ähnlich Gottfried 17256-64. 

Das, was der roman berichtet, stimmt in den grundzügen 
überein mit der Verurteilung, flucht und dem waldleben der 



— 60 ~ 

liebenden, wie es die sogenannten Berolfragmente und Eilhart 
erzählen, in den einzelheiten aber müssen für die verschiedenen 
vorauszusetzenden vorlagen bedeutende abweichungen constatirt 
weirden. der bericht des romanes ist durch den romanschreiber 
mehrfach entstellt imd alterirt worden, dann fahrt der roman fort: 
comment le roy Marc trouva la royne en Moroys seulle en son 
logis et Tenmena. die tatsache dieser v(^rsion, nemlich dass Marke 
während Tristans abwesenheit Yseult entführt, aber allerdings nicht 
die näheren umstände, stimmt zu dem, was Heinrich von Preiberg 
3005 bis 4607 berichtet. 

Comment Tristan alla en la petite Bretaigne et comment la 
fiUe du roy le guerist tout sain. der zug der heilkunde wird von 
der blonden Isolde ohne weiteres auf die weisshändige tibertragen, 
woraus wieder die arbeits weise des romanschreibers erhellt, nach 
seiner genesung kämpft Tristan mit den feinden Hovels == Eilhart 
5731 — 6084. die kampfschilderungen gehen begreiflicherweise in 
stil und ausdruck sehr auseinander, vielleicht schimmeri^ noch 
einige spuren einer ursprünglichen poetischen bearbeitung aus der 
prosa hervor in folgenden ausdrücken: fol. 58, b. Tristan se fiert 
entre eulx comme le loup. entre les brebis et commence ä desrenger 
et ä occire chevaulx, et Chevaliers ä abbatre et ä arracher escus 
des colz, et heaumes des testes. la peussiez veoir de une part 
et d'aultre Chevaliers verser et mourir. — mais ainsi comme la 
lune apert entre les estoylles, appert Tristan entre les aultres. — 
ia si grant presse ne trouve qu'il ne depart ainsi comme le loup 
familleux faict les brebis. 

Comment Tristan espousa Yseult aux blanches mains. auch 
der roman schildert beredt die widerstreitenden gefühle. Tristan 
und Kehedin. reiten zusammen aus. Tristan in tiefes sinnen ver- 
sunken nennt den namen Yseult. Kehedin bezieht dies auf seine 
Schwester und wirbt für Tristan bei seinem vater = E. 6116-33. 
für längere zeit verliert sich jeglicher Zusammenhang mit der sage 
in planlosen schablonenhaften abenteuern, in dem capitel, das die 
Überschrift führt: comment Tristan se descouvrit ä Kehedin de 
l'amour qu'il avoit ä la royne de Cornouaille gesteht Tristan aus 
freiem antrieb seine liebe zur blonden Isolde, fol. 81 comment 
Tristan et Kehedin partirent de la petite Bretaigne pour aller en 



- 61 - 

Gomouaille lässt sich auch nur sehr allgemein vergleichen, nun 
kommt der voluminöseste teil des ganzen romanes, der aber gar 
keine berührungspuncte enthält; es ist ein äusserliches spiel mit 
dem Artuskreis und dem suchen nach dem gral. ich verzeichne 
nur das aller wichtigste, das mit der handlung noch in gewissem 
Zusammenhang steht, nach seiner trennung von Yseult hält sich 
Tristan als wahnsinniger bei hirten ,en moroys'^ auf und verrichtet 
daselbst allerlei taten, er tödtet z. b. den riesen Taullas. Marke 
findet ihn, bringt ihn nach Tintajöl und schickt ihn dann wieder in 
die Verbannung, wo er mehrere ganz unwesentliche abenteuer besteht, 
fol. 132. Gomment la royne Yseult envoya une syenne damoyselle 
au royaulme de Logres pour scavoir nouvelles de Tristan, es findet 
sich übrigens hier kein weiterer zug der Verwandtschaft als eben 
nur die aussendung eines boten, was auch bei Eilhart vorkommt, 
z. b. Plloisen's botschaft. Tristan verrichtet unterdessen gewaltige 
grosstaten, wodurch Markes angst von neuem rege wird. 

Vol. II, fol. 47. comment le roy Artus fist paix entre le roy 
Marc et Tristan et comment le roy Marc promist ä tenir Tristan 
en tout honneur avecques luy. — oncques. le roy ne tint serment 
qu'il eust fait au roy Artus, ains feist Tristan prendre et mettre 
en prison. fol. 54 comment les Seines vindrent en Gomouaille et 
tenoyent en teile paour le roy Marc et les Cornouailloys qu'ilz ne 
scavoyent que faire, et comment Tristan les delivra de celle servi- 
tude et perplexite. Tristan entscheidet die schwierige läge durch 
einen Zweikampf mit dem ftihrer der Sachsen Helyas fol. 60: 
comment Tristan se combatit contre Helyas et le mene ä oultrance 
et delivra Gomouaille des Sesnes. es scheint hier gewissermaassen 
nur eine dublette der Irengefahr und des Zweikampfes mit Morhoult 
vorzuliegen. 

fol. 63—4 wird aber könig Marke selber gefangen gesetzt 
und Tristan zieht mit Yseult nach Logres. 

Tristan donna ä Gouvernail Kurneväle gab her unde le (8564) 

le royaulme de Leonnois et en harte vele slnes gutis. 

fut Gouvernail roy, et manda sin rlche hlz he bewam (E. 8568) 

les hommes du pays et fist faire Kumeväl sinen trüt. 
ä Gouvernail hommages. 



- 62 — 

quant Goayernail eut espouse Brangien, Tristan print conge 
de luy et s^en alla Inj et Yseult vers le royaalme de Logres droict 
ä la ioyeuse garde ung chastel qui estoit ä Lancelot du lac. der 
nun geschilderte ungestörte aufentbalt der liebenden auf dem 
genannten schlösse könnte sich allenfalls dem waldleben vergleichen, 
jedoch nimmt den hauptteil der erzählung die darstellung von 
obligaten tumieren und kämpfen ein. fol. 107 comment le roy 
Artus fist le paix du roy Marc et de la royne Yseult, et fut le 
roy Marc delivre de prison. 

. fol. 117 ä tant laisse le compte ä parier de ceste matiere et 
parle de Tristan, qui revenu est ä Karahes en Bretaigne avec le roy 
Hovel et Yseult aux blauches mains sa femme et Runalem qui filz 
estoit au roy Hovel et fut frere de Kehedin et de Yseult. Runalem 
ist ganz an stelle Kehedsns getreten, welcher aus liebeskummer um 
Yseult gestorben war. nachdem jeder Zusammenhang lange zeit 
vollständig aufgehoben schien, beginnt von hier an wiederum eine 
fast wörtliche Übereinstimmung mit Eilhart, der einfachheit halber 
schreibe ich die entsprechenden stellen aus Eilhart nicht heraus, 
gebe aber den französischen text so weit er für uns in betracht 
kommt. ^ 

Tristan fragt Runalem nach seiner geliebten äeorgeolain. 

Certes,^) faict Runalem, ie ne parlay encores oncques ä eile 
que une foys sur la douve du fosse du manoir; eile me dist, qu'elle 
m'envoyeroit Temprainte de toutes les clefz de son manoir. car 
Bedalys son mary qui estoit ialoux d'elle, emportoit toutes les clefz 
quant il alloyt dehors. si me esmerveille raoult que ie n'en ay 
eu aulcuues nouvelles. Par ma foy, faict Tristan, ce seroit bien 
faict se vous aviez les seaulx des clefz; car ie scay bien ung feure 
ä Nantes qui les forgera myeulx que nul aultre. ung iour estoyent 
Tristan et Runalem allez chasser. ä tant voicy venir Gadiot le 
messaigier Gorgeolain, qui avoit une boite bien fermee ou tous les 
seaulx estoyent de cire. quant Gadiot voit Runalem, si luy deist: 
Sire vostre araye Gorgeolain vous salue et vous envoye ceste boiste, 
et saichez qne il n'y a clef en son chasteau dont il n'y ait cy 



^) cfr von hier ab den text nach der handschrift ed. J. B^dier, Rom. 
XV, pag. 496—510. der text des druckes ist natürlich durch eine menge 
von irrtümern und falschen lesungen entstellt, die erzählung aber ist 
dieselbe. 



— 63 - 

Pempraincte. dictes inoy vostare voulente, car ie m'en vueil aller 
encores ennuyt. Amy, deist Rnnalem, tu hi me salueras et dyras, 
que ie suis tout sain. Ä taut s'en part Cadiot, et Tristan dist a 
Runalem: amy chascun ne scet pas qu'il y a en celle boiste. lors 
la prent en la main Runalem et bryse sa serrure et voit la dedans 
sa mort, mais point ne s'en apperceut. Quant Tristan et Runalem 
veirent les seaulx, si firent tres grant ioye de leur encombrement. 
mais on dit que aucuneffoys on est plus ioyeulx de son mal que 
de son bien et ce ay dit pour Tristan et pour Runalem qui se 
esiouyrent des seaulx qui furent achoison de leur mort. Tristan 
et Runalem chasserent tout Ie iour et prindrent une beste, si 
Temporterent ä Karahes. et quant vint ä lendemain par matin 
manda Tristan Gondrin Ie feure que il veusist parier ä luy et il 
y vint. Tristan Ie mena en une chambre tout coyement et luy 
dist: Gondrin beau doulx amy ie me fie moult en toy et ie t'ay 
mande pour ung mien besoing. Giro Ie bours qui de moy tient 
ung chasteau, ne daingne faire envers moy ce qu'il doit, si nous 
ont ca envoye les guettes du cbasteau les seaulx des clefz de toutes 
les portes des tours et de la forteresse. et pour ce ie te prye que 
tu forges les clefz selon Pexeraplaire des seaulx et que ie les aye 
dedans huyt iours et garde que ce secret ne soit ä nulluy descouvert. 
Sire, deist Gondrin, nul ne Ie scaura par moy. Gondrin s'en part 
ä tant et empörte les seaulx et commence ä forgier les clefz bien 
et beau selon Texemplaire. ha ha tant ce fut malle forgerie, 
mais ilz ne s'en donnoieut de garde sy est dommaige ä chevalerie. 

Der französische roman entspricht ziemlich genau Eilhart 8021 
bis 8134. nur die namen und einige unbedeutende nebenumstände 
sind verschieden, die vorläge beider war sehr ähnlich, wenn nicht 
ganz dieselbe, etwas abweichender, aber auch nicht sehr bedeutend 
erscheint das abenteuer bei Ulrich von Türheim 2861—3186, 
Heinrich von Freiberg 5719-5950, 5973-6025. 

Der roman berichtet weiter, dass ein graf von Nantes gegen 
Tristan rebellirte. Tristan nimmt die stadt ein. au dehors de la 
ville avoit une tour bien garnye de vivres et de sergens. Ie raaistre 
des sergens avoit ä nom Corbel an court menton. Tristan luy 
demanda s'il rendroit la tour et il respond que non. adonc com- 
manda Tristan ä assaillir la tour. Tristan avoit son chief desarme 
pour Ie chault. si mist son escu sur sa teste et vient vers la tour 
pour monter ä mont et Corbel gette une grant pierre qui Ie fiert 
sur son escu et Ie fist cheoir ä terre, et puis reprint une aultre 
pierre et Ie fiert sur la ioue et luy fend toute et Tabbat au fosse. 
Tristan sault du fosse ä grant peine et commanda a miner la dicte 



— 64 — 

tour. 8i commencent les estoyes ä ardre et la tour a croistre et 
fendit la tour en quattre pars ei farent prins li traistres qui dedans 
estoyent et pendus devant les portes de Nantes et le queux fut 
metie ä Karahes et mys en prison perpetuelle et Tristan revint 
ä Karahes moult blesse, si manda myres pour le guarir. les myres 
firent tant que il fut guary. — dieser sonst nirgends berichteten 
scene entspricht ziemlich genau Eilhart 8583 — 8645. 

fol. 118^) or dit le compte que Tristan et son nepyeu« s'alloyent 
ung iour esbanoyant sur la marine, si souvint ä Tristan de s'amye 
la royne Yseult, si dist: helas, amie, comment pourray ie iamais 
parier a vous? ha, ha, sire faict son nepveu, ne vous esmayez, 
car vous y parlerez mieulx que oneques mais. car vous semblez 
nueulx estre sot, ä ce que vous estes tondu et a la playe que yous 
avez que nul homme qui soit. me dis tu yoir? fait Tristan, 
certes sire ouy, faict le yarlet. au lendemäip par matin fait Tristan 
tailler une gonelle d'ung lait burel, sans poinctes, mal faicte et 
mal taillee, et print cent solz, et s*en part et voit ung villain qui 
portoit une massue. Tristan vient ä luy et luy toDist et s'en va 
nudz piedz, la massue au col. il vint an port et trouva une nef 
de Gintagel. Tristan print cent solz qu'il avoit et les gecta partout 
en sotoys. quant les mariniers le virent, ilz le firent entrer en 
leur nefz et il leur donna tous ses deniers. tant singla la nef 
qu'ilz arriverent a Cintagel. le roi Marc s'estoit venu iouer au 
port. Tristan print ung frommaige en ung tonneau et sault de 
la nef et en son col sa massue. quant le roy Marc le vit, si 
Tappella; et Tristan luy court comme s'il feust enraige, et le roy 
et les aultres commencerent ä fouyr ä son chasteau, et s*enferma, 
et le fol demoura dehors. le roy yint aux fenestres et la royne 
Yseult. Tristan qui tout estoit forcene pour son amour, prent 
son frommaige et le commence ä manger. le roy luy dist: sot, 
que te semble de la royne Yseult? certes, faict le sot, se i' estoye 
une nuyct couche ayec eile, eile me rendroit tout mon sens que 
i' ay perdu pour eile, fol, fait le roy, ou fuz tu ne ? en Angle- 
t-erre, fait il. et qui fu ton pere? ung roucin. et ta mere? une 
brebis, et mon pere me enyoya cy pour toy faire coux. lors 
rougit la royne et luy remembra de Tristan, fol, faict le roy, 
qui te fist celle playe? ie Tay eue a ung assault. et fuz tu 
oneques a toumoyement? ouy, fait le fol en Bretaigne et en 
Cornouaille ou ie en ay occis plus de cent. lors commencent tous 
ä rire et dyent qu'il est fol de nature. le roy le feist mettre 
dedans le chasteau. ung iour yint le roy du monstier et se print 



^) text der hdschrft. für diese episode cfr. W. Lntoslawski, les fol lies 
de Tristan Rom. XV, pag. 520—525. 



— 65 — 

ä iouer aux eschetz ä nng chevalier. la royne s'enclina a iouer 
au ieu, et Tristan la commence a regarder. eile haulce la main 
et fiert le fol sur le col en disant: fol pourquoy me regardez-vous ? 
certes, faict il, dame fol suis ie; et saichez qu'il y a passe sept 
ans que ie ne finay de foloyer pour vons. mais se le ieu fust a 
droit party, vous folloyassiez comme moy. mais ie vous prie, pour 
Tamour de Tristan que ne me touchez plus; car le boire amoureux 
que vous et luy beustes en la raer, ne vous est pas si amer comme 
au fol Tristan.^) mais nul ne Pentendit fors seuUement Yseult. 
quant eile Tentend, si se part du ieu courroucee et s'en entre en 
sa chambre toute yree, si appelle Camille^) sa damoyselle et luy 
dist: ce fol m'a trop courroucee, car il m'a reproche Tristan; mais 
iamais n'auray ioye au cueur que ie scauray qui la paroUe luy a 
dicte. le rpy yra chasser; et quant tout sera vuyde, tu yras querir 
ce sot et Pameneras. dame, dist Camille, voulentiers. le roy s'en 
va au bois chasser et Oamille va querre le sot et Famaine en la 
chambre ä la royne. la royne luy deist: amy, qui vous a dit que 
Tristan m'ayme? dame, fait il, vous \ß me deistes. et quant fust 
ce, faict eile, dame, faict il, pas n'a ung an. et qui es tu donc? 
ie suis Tristan. Tristan? fait eile, voire, dame. par ma foy, 
fait eile, vous avez menty. or tost fuyez d'icy. dictes vous que 
estes Tristan? quant il voit qu'elle luy donne ainsi conge, il met 
ung annel en son doy, qu'elle luy avoit donne, quant il la rendit 
au roy Marc et le roy Artus en fist la paix; si luy dist, qu'elle 
ne creust de luy chose qu'on luy dye, s'elle ne veoit Tanneau. 
Tristan luy dist: certes, dame ie vy ia teile heure que vous 
m'aymiez bien; mais c'est coustume de femme: eile n'aymera ia 
celluy qui loyaulment Taymera; car celluy qui plus de honte luy 
fera, celluy aymera eile de toute son courage. certes ie suis ä 



1) Die aufeinanderfolge der worte amour-eux — la mar — amer 
erinnert an Gottfrieds Wortspiel (G. 11990 fP.). es ist ja von vorneherein 
anzunehmen, dass eine erfindung Gottfrieds ausgeschlossen bleibt, obwol es 
uns durch Sir Tristrem und Tristramsage nicht bezeugt wird, ich glaube 
hier einen directen hinweis auf die betreffende französische stelle annehmen 
zu dürfen, ein ähnliches Wortspiel mit Tamor und la mor findet sich bei 
Gautier d'Arras, Eracles 396, 4 ff. (cfr. Heinzel, ztschr. f. Österreich, gym- 
nasien 1868, pag. 641). dies ist eine offenbare nachahmung innerhalb der 
französischen litteratur. aus der deutschen wäre sie unmöglich. 

2) dass Camille die botschaft besorgt und nicht ßrangäue, ist ein zug, 
der sich ebenfalls recht wol mit Eilhart vereinigen lässt, da nemlich nach 
beiden Versionen Brangäne nicht mehr vorhanden ist: nach E. 7562 ff. ist 
Brangäne todt und Gymele an ihre stelle getreten; nach dem romane vol. II, 
fol. 64 blieb sie als Gouvernails frau mit diesem in Leonnois zurück. 

Golther, Tristan. 5 



— 66 — 

bon droit clame fol quant ie me suis party de mon pays pour 
Tamour de vous; car vous me faictes batre ä ces pautonnieurs la 
dehors, et mangeve es cendres et fiis a la terre, ne oncques ne 
m'y avez regarde. quant Tseult le ouyt ainsi parier et voit 
Tanneau, si le congneut; lors embrasse et baise plus de cent fois 
et luy eile, lors luy compta Tristan comme la playe luy avoit 
este faicte, par quoy il estoit tout descongneu. quant le roy Marc 
va chasser, Tristan va coucher avec la royne Yseult/ — 

Die hier erzählte scene von Tristans narrheit entspricht ziemlich 
Eilhart 8646 — 8941; weniger genau Ulrich von Türheim 2471 
bis 2704, Heinrich von Freiberg 5015—5497. (cfr. zur scene 
Vetter, la legende de Tristan pag. 53 — 56.) denselben stoff 
behandeln auch die einzeln überlieferten beiden gedichte von 
Tristans narrheit, jedoch viel ausführlicher und mit mancherlei 
nebenumständen, so spielt in diesen der treue hund Huden, der 
seinen herrn lange vor Isojde kennt, eine rolle, unsere scene fügt 
sich einer gesamtdarstellung ein, ähnlich der Eilhartschen, und 
darf nicht in erster instanz mit jenen lais zusammengehalten werden. 

fol. 119, a. ung iour manda le roy Artus le roy Marc parier ä luy, 
si dist qu'il fera voulentiers, lors s'appareille et s'en va ä court et 
si tost comme il fut party, Tristan s'en alla coucher avec la royne 
Yseult. — bei dieser gelegenheit wird er von einem thürhüter 
bemerkt. — lendemain» compta Tuyssier aux chamberlans comme 
il avoyt veu le fol couche avec la royne, et leur dist: saichez 
vrayement que c'est Tristan, quant les chamberlans ouyrent ce, 
si furent durement courroucez et dient, qu^ilz mettront espies en 
la chambre si que la royne ne s'en appercevera ia; Tristan les 
ouyt bien parier, quant il fut nuyt, Tristan alla en la chambre 
de la royne et s^assist empres eile et les chamberlans ont mys 
leurs espies en la chambre, dont Tristan ne se prenoit garde. 
dame, dist Tristan ä la royne, il m'en conviendra aller, car i'ay 
este apperceu, et si le roy venoit et il me tenoit, il me feroit ä 
honte mourir. ie vy hier l'uyssier et le chamberlan ensemble 
parlans de moy. quant la royne ouyt parier Tristan du departit, 
si commence ä plorer — nachdem sie bestimmt haben, dass Yseult 
bei seinem tode mit weissem segel zu Tristan eilen wird, scheiden 
sie. — fol. 119,b. et ainsi se sont ilz entreaccordez, lors s'entrebaisent. 
puis print Tristan conge et s'en part par tel convenant que oncques 
puis ne s'entrevirent en vie. quant Tristan eut prins conge de 
Yseult, si s'en vint ä la mer et trouva ung marchant de Karahes 
qui le congnoissoit et moult Taymoit; si le mist en la nef, puis 



- ßV - 

* 

sioglerent et nagerent taut qu'ilz arriTerent au port de Karahes. 
— Tristan entkommt glücklich den spähern. — ä ce s'accordent 
tous qu'ilz ne luy (sc. Marc) diront pas ne que par eulx nie seroit 
accuse. — dem entspricht Eilhart 8942 — 9032. viel weniger Über- 
einstimmung weisen Ulrich und Heinrich auf. 

fol. 1 19, c. Or advint que Tristan et Runalem estoyent ensemble 
et parloyent Tung ä Tautre de leurs voulontez. si tant voicy venir 
Gondrin le feure qui apporta les clefz qu'il avoit forgees et les 
bailla ä Tristan, si les noa toutes ensemble en ung las de soye, 
puis dist ä Runalem: amy montons, sy allons veoir Georgeolain 
vostre amye. Sire dit Runalem voulontiers. Lors montent sur 
deax chevaulx, et ne prindrent nuUes armes fors leurs espees et 
s'en vont. haa dieu comme pesante advanture leur advint en celle 
iournee. Tristan avoit en sa teste ung chapeau d'olivier. si s'en 
alloit chantant et grant ioye faisant, luy et Runalem vindrent au 
pont qui estoit devant leur mort, mais ilz ne se donnoyent de 
garde. Bedalis le mary Oeorgeolain estoit celluy iour alle chasser 
et avoit avecques luy bien trente Chevaliers ä haulbers qu'il avoit 
tous mandez pour luy tenir compaignie. Tristan et Runalem 
vindrent ä ce manoir devant le pont. qui estoyt ferme ä laclefet 
en avoit Bedalis portees les clefs avecques luy: Tristan descend et 
boute la clef en la serreure du pont qui estoyt ferme et la deflferme 
et laisse avaller tout doulcement et au devaller le pont son chappeau 
luy*cheut dont ce fut malheur, et puis passent oultre et defferment 
la porte et les aultres huys, et s'en vint en la chambre ou Oeor- 
geolain estoyt toute seulle. — quant Runalem entra en la chambre, 
si se laisse cheoir au lict avec Georgeolain s'amye que moult 
Taymoit. Tristan s'en va d'autre part et les laisse ensemble et 
print une poingnee de ioocz et se couche sur Therbe tout envers 
et commence les ioncz ä lancer et attacher ä la courtine l*ung 
dedans Fautre. helas oncques si mal sens ne fist, mais il ne se 
donnoit garde, car il faisait ce pour s'esbanoier. Runalem et 
Georgeolain s'aniye furent au lict et feirent deduyt; ne demoura 
gueres que Bedalis print ung cerf, si corna de prinse. Tristan 
Touyt qui bien scavoit que ce mouvoit, si deist ä Runalem : allons 
nous en amy, car i'ay ouy Bedalis corner de prinse. lors prennent 
congie et s'en vont. hee dieu qae ilz ne sont bien armez. car 
grant mestier en eussent en ce besoing, mais ilz n'avoyent que 
leurs chevaulx et leurs espees. Tristan et Runalem s'en alloyent 
iouant. ä tant vecy Bedalis retoumer ä Thostel cornant et 
demenant grant bruyt, si defferme le pont et voit le chappean 
qui estoyt cheut ä Tristan ; si en fut en grant souspecon ; puis il 
regarda par tout, mais il ne vit lieu par ou Ten eust sceu passer, 
si s'en entre leans et defferme tous les huys et trouve sa femme 



— 68 - 

• 

Georgeolain. si TacoUe et baise tout house, et se laisse cheoir au 
lict tout envers et vit les ioncz fischez en la courtine, si commence 
tout ä fremir. car bien sceut que c'estoyt des ieux Tristan, lors 
se dresse et print Georgeolain sa femme; il tire son espee et dit 
que par Tarne de son pere il Poccira, s'elle ne dit verite, car ie 
scay bien, fait il, que Tristan a cy este. Certes, fait eile, ce fut 
mon luy et Runalem qui me baisa par force. quant Bedalis ouyt 
ce, si |ut plus ä mal aise que devant et dist: haa mauvaise plus 
y a fait, dictes moy verite, ou ie vous occiray maintenant, et se 
vous congnoissez verite, ie vous pardonneray mon maltalent. Certes, 
faict eile, ne me chault, se tu me occis: car mieulx ayme mourir 
que estre en ceste prison, et quant tu m'auras occise, dira Ten 
que ce sera pour aucun meffait: mais Ie blasme en est tien pour 
ta ialousie et certes ie te diray verite et puis faitz de moy ce que 
tu vouldras. saicbez que Runalem geut avec moy et fit toute sa 
voulente: car ie ne me peuz de luy defFendre; car ilz estoyent 
deux et ie estoye une femme toute seuUe et sans garde. 

fol. 120 quant Bedalis entend que Runalem avoyt sa femme 
corrompue, si vint ä ses Lomes et l^ur compte et se clama ä eulx 
de Tristan et de Runalem qui teile honte luy ont faicte, et dit 
qu*il ne mengera iamais tant qu'il en soit venge. lors montent 
qui myeulx myeulx et s^en vont apres les deux compaignons qui 
s'en alloyent deduysant parmy la forest et avoyent trouve une 
biche et ses bichetteaulx qui estoyent * cornus. si allerent apres 
pour les prendi^e: mais ilz faillirent et ce fut contre leur malle 
advanture qui leur devoit advenir. ä tant voicy venir Bedalis et 
ses gens tous haittez de mal faire; Tristan Ie voit venir, si se 
mist derriere ung buisson et ils passent oultre. Bedalis vint 
attaignant Runalem, qui tout desarme estoyt, si luy mist Ie glaive 
parmy Ie corps et Toccist: mais ne l'occist pas que Runalem ne 
tirast son espee et ferit ung des hommes Bedalis qui avoit ä nom 
Anthon, si luy couppa la teste, quant Cadiot voit Runalem qui 
ä Anthon son compaignon a couppe la teste, il tire Tespee et fiert 
Runalem et luy couppe la teste et chet tout mort. quant Tristan 
vit Runalem mort, si sault du buisson et trait Tespee et fiert 
Cadiot et Toccist et puis ung aultre et Toccist et puis un tiers. 
ä tant vecy Bedalis, qui tenoyt ung glaive dont Ie fer estovt 
envenyme et Ie gecte ä Tristan et Ie fiert en la hache iusques ä 
Tos et luy trencha la cbair, les os et les nerfz et demoura Ie fer 
ä tout ung troncon du fust en la hauche, ha dieu, comment ce 
fut grant douleur ä tout Ie pays. quant Tristan se voyt navre 
et Runalem mort et vit la grant force de gens que Bedalis avoit, 
si s'en part et se met ä la fuite vers Earahes. Bedalis et ses 
gens Tenchassent grant piece, mais ilz ne Ie peurent attaindre, si 



- 69 . — 

s'en retoumerenti mais oncques puis n'oserent demourer celle part. 
— dem entspricht Eilhart 9033-9234; Ulrich 3201— 3270. nach 
Ulrich tödtet Tristan den Nampotenis; Heinrich 6005 — 6296, auch 
hier fällt Nampotenis von " Tristans hand. demnach gehen der 
roman und Eilhart in dem einen zuge, dass Bedalis oder Nampo- 
tenis den kampfplatz lebend verlässt, zusammen gegenüber von 
Ulrich und Heinrich. 

Der roman berichtet: comment ceulx de Earahes allerent^querir 
le Corps Runalem et comment Gorgeolain vint la ou Runalem 
estoyt, si se laissa cheoir sur luy et la mourut. Georgeolains tod 
ist eine ganz offenbare nachahmung von Isoldens tod. 

fol. 121, a. die heilungsversuche werden ausführlich beschrieben, 
die ärzte verlassen ihn endlich verzweifelnd, et quant Tristan 
voit ce, si dist tout bellement: dieu que pourray ie faire quant 
nul ne me pent guerir. bien scay, se ie eusse par qui mander 
la belle Yseult m'amye que eile me vensist güerir, tost y viendroit : 
car aultreffois l'avoit eile guery. lors se pensa qu'il avoit ung 
compere en celle ville qui avoit nom Genes, si le manda qu'il 
vensist a luy parier sans targer et Genes y vint et s'assist devant 
Tristan. Genes, fait Tristan, beau compere, ie vous ay mande, 
car vous me povez donner sante se vous voulez. ie vous ayme 
moult et se ie puis eschaper, ie mariray richement Yseult vostre 
fiUe ma fillole et vous feray encores moult « de biens. Sire, dist 
Genes, comraandez moy et ie feray vostre comman dement et par 
mer et par terre. Genes, deist Tristan, cinq cenz mercys. vous 
enprez en Cornouaille ä la royne Yseult m'amye et luy direz que 
ie luy mande que eile me viengne guerir; vous luy compterez, 
comme ie suis navre et luy baillerez cest anel ä enseignes qu'elle 
vous croye et se eile vient avec vous, gardez que la voille de vostre 
nef soit blanche, et se vous ne Pamenez qu'il soit noir. Sire, 
deist Genes^ moult vouUentiers; ma nef est ia toute appareillee au 
port. — Eilhart 9235—9320; Ulrich 3301—3335; etwas anders 
Heinrich, indem dort Kurwenal ausgesandt wird. Eilhart, Heinrich 
und Ulrich sind sehr kurz in den berichten, wie der böte Isolde 
zur fahrt bewegt, ausführlicher war die Thomas'sche version, 
cfr. Tristramsaga cap. XCVI ff. auch der roman ist sehr breit, 
und bewegt sich ganz in der art und weise der entführungssagen, 
was aber bei einer verhältnissmässig nebensächlichen angelegenheit 
und am Schlüsse, wo das interesse ganz anders erregt ist, nicht 
gut wirkt, mit der Thomasversion finden sich keine directen 
berührungspuncte. Genes fährt nach Cornwall und gelangt in 
den hafen. könig Marc kommt, um die waren des bretonischen 
kaufinannes zu besichtigen, „ie suis ung marchant de devers 
Bretaigne. si apporte marchandises ä vendre en vostre terre qui 



- 70 — 

sont toutes ä vostre commandement.'^ am ringe erkennt Tseult, 
dass Genes botschaft von Tristan bringt, durch eine list gelingt 
es ihr, sich loszumachen und sie segelt mit Genes fort. fol. 122 
comment Yseult femme de Tristan luy vint dire qu'il venoit une 
nef au port de Peumarc, laquelle avoit la voille noire .parquoy 
Tristan mourut de courroux. Tristan begibt sich täglich zum hafen. 
endlich schickt er des Genes tochter hin, der er die bedeutung 
des schwarzen und weissen segeis erklärt und welche er bittet, 
ihm dann von der annäherung des ersehnten schiffes sofort künde 
zu geben, von dieser erfährt es seine gattin Yseult. cfr. dagegen 
Eilhart 9346 ff.; in E.'s vorläge fand sich dieser zug nicht, bei 
Thomas lauscht Isolde hinter der wand auf die reden Tristans und 
Kaedins und erfährt so das geheimniss. Ulrich 3386—3389 und 
Heinrich 6389 — 6392 stimmen zu Eilhart, der zug des romanes 
ist wol eine neuere erfindung, die sich logisch zurecht zu legen 
suchte, was die sage als einfache tatsache ohne weitere reflexionen 
berichtete. — quant eile ouyt la paroUe, si fut si courroucee que 
merveilles, et dist: lesse qui cuydast qu'il aymast aultre que moy; 
certes ilz ne eurent oncques tant de ioye Tung de Tautre comme 
ie leur feray avoir de douleur. — Tristan bestimmt als letzte an- 
ordnung, dass man ihn in einem schiffe zu könig Marke führen 
solle, ä tant voicy venir sa malle femme qui luy apporte malles 
nouvelles et deist: ha ha dieu ie viens de devers ce port, si ay 
veu une nef qui . vient de trop grant randon, et croy que nous 
Taurons ennuyt ceans ä hostel. et quant Tristan ouyt sa femme 
parier de la nef, si ouvrit les yeulx et se tourne ä grant peine 
et dit: pour dieu belle seur dictes moy quelle estoyt la voille de 
la nef. par ma foy, faict eile, il est plus noir que nulle meure. 
helas pour quoy Ie dist eile, tant la doivent les Bretons hair. 
tantost comme il sceut bien que Yseult la royne de Comouaille 
ne venoit pas, si se tourna de Taultre part et dist: ha ha doulce 
amye ä dieu vous recommande, iamais ne me verrez ne moy vous. 
dieu soit garde de vous, ä dieu ie m'en voys, ie vous salue. lors 
bat sa coupe et se recommande ä nostre seigneur Jhesucrist et Ie 
cueur luy creve et Tame s'en va. lors recommence la la cryce 
et Ie dueil par leans, la nouvelle va par la ville et par la marine 
que Tristan est trespasse. lors y acourent grans et petits crians 
et brayans et fönt del dueil que Ton n'y ouyst pas dieu tonnant. 

Comment quant la royne Yseult fut arrivee ä terre, eile 
trouva, que Tristan estoit mort, si se pasma dessus Ie corps et la 
se desvya pour la mort de monseigneur Tristan. 

Yseult lässt sich ans land rudern und kommt in das todten- 
zimmer. quant Yseult voit illec Ie corps Tristan enpresent, si 
fait vuyder la chambre et se laissa cheoir pasmee sur Ie corps 



- 71 - 

et quant eile revint de pasmoyson, si luy tasta aux yeulx et ä la 
veine, mais ce ne fut pour neant, car Tarne en estoit allee pieca. 
lors dist: doulx amy Tristan comme cy a dure departie de moy 
et de vous; ie vous estoye venue guarir, or ay ie perdu tous mes 
pas et toute ma paine et vous perdu, et certes puys que vous 
estes mort, ie ne quiers plus vivre apres vous, car puis que Tamour 
a este entre vous et moy en la vie, eile doit bien estre ä la noiort. 
lors Tembrasse de ses bras contre son pys tant comme eile peut 
et gette ung souspir et se pasma sur Ie corps et Ie cueur luy part 
et Tarne s'en va. 

Comment les corps de monseigneur Tristan et de Yseult royne 
de Cornouaille furent envoyez de Bretaigne au roy Marc en 
Cornouaille pour les faire mettre en terre. 

Tristan und Yseult werden nach Cintagel übergeführt. Marke 
ist bei Artus, er wird geholt, und erfährt aus einem briefe Tristans 
des trankes geheimniss. fol. 123, d. quant Ie roy Marc eut ouy que 
Tristan avoit aymee Yseult par force de herbe et que ce n'avoit 
pas este de sa voulonte, si fut dolent et courrouce et commenca ä 
plorer disant: helas dolent pourquoy ne scavoys ie ceste advanture, 
ie les eusse aincoys cellez, et consenty qu'ilz ne se feussent ia 
partis de moy. las! or ay ie perdu mon nepveu et ma femme. 
lors commanda que les corps fussent portez ä sa chappelle et 
feussent illecques enterrez sy richement comme- il appartenoyt ä 
sy haulte gent. Ie roy fait faire deux cerqueux Tung de calcidoine 
et Tautre d'ung bericl; Tristan fut mys en calcidoine et Yseult en 
bericl. et furent ensepulturez ä pleurs et ä lermes: Tung d'une 
part de la chappelle et Tautre de Tautre part. 

Es folgt dann noch das blumengleichniss , dessen Wortlaut 
bereits oben pag. 27 mitgeteilt wurde, wir finden auch hier ent- 
sprechende darstellung bei Eilhart 9321—9524; Ulrich 3336 
bis 3728; Heinrich 6365 bis zum Schlüsse. 

Nach den angeführten stellen dürfen wir schliessen, dass der 
französische roman eine offenbar zusammenhängende erzählung der 
Tristansage enthält, dass eine Version, die sich in den hauptzügen 
zu der in den gedichten des Berol, Eilhart, Ulrich von Türheim 
und Heinrich von Freiberg vorliegenden stellt und sich von 
der Thomas'schen unterscheidet, in den roman verarbeitet wurde, 
wir konnten auch ein annäherndes bild vom verfahren des roman- 
schreibers uns machen und daraus entnehmen, in wieweit er dem 
Stoffe eigenes hinzufügte, es ist darauf gewicht zu legen, dass 
trotz allen Zwischenstufen, welche die Version zu durchlaufen 



- 72 — 

hatte, ehe sie die nun im romane vorliegende gestalt annahm, 
trotz der ziemlich unsicheren öberlieferung wir doch sehr viele 
wörtliche anklänge und Übereinstimmungen zwischen 
Eilhart und dem romane zu constatiren haben, welche 
mit notwendigkeit auf eine Verwandtschaft der beiderseitigen vor- 
lagen hinweisen, man darf jedoch nicht etwa auf zwei ver- 
schiedene redactionen eines und desselben gedichtes 
schliessen, dazu sind die differenzen zu zahlreich und tiefgehend, 
sondern auf zwei in den hauptzügen und der grundlage des 
materiales verwandte, in den einzelheiten abweichende sagen- 
formen, die auch nicht als gegenseitig aus einander geflossen 
zu betrachten sind, um uns eine Vorstellung von der beschaflfenheit 
der vorläge des romanes zu machen, müssen wir die in ihm selber 
enthaltenen angaben über die. quellen berücksichtigen, es'heisst 
aber im eingange: or ce que ie ai leu et releu et apreveu par 
maintes fois le grant livre de latin, celuy meesmes qui devise 
apertement l'estoire del saint graal, molt me merveil que aucun 
proudome ne vient avant qui empreigne ä treslater de latin en 
romans. — ie Luce Chevalier de Gast pres de Salibieres empreigne 
ä traslatier de latin en franfois une partie de ceste estoire. hiemach 
wäre also ein grosses lateinisches buch vorhanden gewesen, das 
die geschichte vom Qral erzählte, ein teil davon war die Tristan- 
sage und diesen teil hat der ritter Lucas übersetzt, dieses ereigniss 
fällt wol unter Heinrich II. ca. 1170. später wurde das werk 
von Helle de Börron fortgesetzt, dieser notiz nach wäre Lucas 
als der eigentliche Schöpfer der Tristansage anzusehen, aber aus 
verschiedenen gründen erhellt, dass wir der angäbe keine bedeutung 
beimessen dürfen. Lucas werk fällt um 1170; bereits um die 
mitte des XII. Jahrhunderts aber ist eine Tristansage bei den 
Provenzalen bekannt, cfr. oben pag. 30. Eilhart dichtete um 1175 
(Lichtenstein pag. I). sein werk stimmt aber nicht völlig zum 
roman. innerhalb dieser fünf jähre kann sich doch unmöglich 
diejenige Umformung des stoffes vollziehen, die wir für Eilharts 
vorläge gegenüber dem romane vorauszusetzen hätten, eine 
lateinische quelle wäre an und für sich nicht unmöglich. Heinzel 
in seiner abhandlung (zt. f. deutsches altertum XIV) nimmt ja 
auch für Gottfried das Vorhandensein einer lateinischen vita Tristaui 



- 73 - 

an. derartige chroniken etwa ähnlich Gottfried von Monmouth 
sind ja nicht unerhört, aber eine andere frage ist, ob man sie 
als ausgangspunct für eine lebensvolle im volke weit verbreitete 
und beliebte sage nehmen darf, und nicht eher vielmehr ein um- 
gekehrtes verhältniss glaubhaft scheint, der Pseudo-Turpin ist 
auch nicht als die quelle für die Karlssage und das Rolandslied 
au&ufassen. das lateinische buch bezieht sich aber an unserer 
stelle auch offenbar nur auf den Gralsroman, hier, wo neben den 
vielen volkstümlichen sagenelementen auch gelehrte geistliche ten- 
denzen in betracht kommen, lassen sich lateinische quellen recht- 
fertigen und begreifen, aus irgend welchem missverständnisse oder 
vielleicht auch mit absieht, um dem werk grösst möglichste autorität 
zu verschaffen, wurde die berufung auf lateinische vorlagen dem 
romane vorangestellt, die litteraturgeschichten bieten ja beispiele 
genug, durch welch eine kette von falschen combinationen solche 
angaben namentlich in späteren compilatorischen werken entstehen 
können, so besagt z. b. die älteste ausgäbe 1484 unseres prosa- 
romanes von Tristan: „von dyser hystorj hat vonn erst geschriben 
der maister von Britanie. unnd nach mals sein buch geliehen 
einem mit namen Filhart von Oberet d' hat es darnach in reym 
geschrieben** (Lichtenstein, zur kritik des prosaromanes von Tristrant 
und Isolde pag. 5). Thomas von 'Britannien aber ist Gottfrieds 
quelle, die zu der Eilharts im widersprach steht, der Wormser 
druck (von 1550?) nennt den roman als „aus frantzösischer sprach 
verteutschet* ; aber er ist ja nur eine prosaauflösung von Eilharts 
gedichte. 

Dann aber ist aus der beschaffenheit des romanes selber leicht 
ersichtlich, dass er absolut nicht als das medium der einführung 
der Tristansage in die französische litteratur angesehen werden 
darf, prosaische erzählungen sind für die sagenentwicklung ein 
wichtiges moment, cfr. Martin, zur Gralssage pag. 27 — 29. sagen 
bieten den französischen dichtern fruchtbare stoffe dar „als lais 
au den höfen Englands und Frankreichs vorgetragen oder ihrem 
Inhalte nach mit zahllosen Varianten in prosa erzählt** a. a. o. 
pag. 45. Gautier, Chrestiens nachfolger sagt 28373 „quant on 
leur fait un poi conter**, dann erzählen die spielleute „d^une 
»venture sans rimer**. wenn so neben der poetischen die 



— 74 - 

prosaische tradition für die sagenentwicklung nicht unter- 
schätzt werden darf, so ist doch die hier in frage stehende prosa 
wesentlich anderer natur. wie schon bemerkt, ist die Tristansage 
verhüllt durch ein wüstes conglomerat von allerlei abenteuern; 
nicht nur Artussagen sind in menge herbeigezogen, nur um das 
ganze möglichst voluminös und umfangreich ohne rücksicht auf 
innern wert zu gestalten, sondern die einleitung enthält auch züge 
aus Beda und der Ödipussage, was den gelehrten unpoetischen 
und geschmacklosen bearbeiter kennzeichnet, cfr. Estlander, acta 
societatis scientiarum Fennicae 1867, tom. VIII, pars II, pag. 420 f. 
dieser umstand gewinnt noch mehr bedeutung durch die ebenfalls 
bereits erwähnte mitteilung P. Paris, dass der roman in den 
handschrifben fast um ein viertel umfangreicher sei. es ist ganz 
undenkbar, dass ein dichter im stände gewesen wäre, ans diesem 
wüste die wie ein dünner roter faden durchlaufende Tristansage 
herauszuschälen, wir haben demnach den angaben des 
romanes keinen glauben beizumessen,^) und die an- 
nähme einer prosaischen Tristansage als ursprüngliche 
quelle ist entschieden falsch, bereits Fauriel spricht sich 
mehrfach gegen diese ansieht aus, histoire de la poesie proven9ale II, 
238, 240, 244, 248, 249. mit recht weist er auf das ganz un- 
volkstümliche solcher grossen compilationen hin und wie bereits 
oben pag. 34 fif. angedeutet, scheint mir der verweis auf die ana- 
logie der Karlsepen treffend: je dirai, qu'il n'existe ä ma connais- 
sance aucun roman de Charlemagne ou de la table ronde, dont 
on ne puisse s^assurer, qne le redaction premiere, la redaction 
originale n*ait ete en vers. die romane folgen den trouverdichtungen 
nach, cfr. F. Wolf-Etienne, resume de Thistoire de la litterature 
fran9aise du moyen-äge, Vienne et Pesth 1848, pag. 21 f. 

Das gesungene lied des spielmanns ist die notwendige Voraus- 
setzung für die bildung und entstehung eines epischen Stoffes, so- 
ferne er nicht gerade auf einer so bestimmt begrenzten basis 
beruht, wie der classische Sagenkreis, lange ehe die bildung des 



*) Toutes les all^gations qui se trouvent dans les manuscrits relative- 
ment k Robert de Boron et £lie do Boron sont de pures bourdes, sans 
aucune esp^ce de valeur. G. Paris, Rom. XV, pag. 600 ff. 



— 75 ~ 

fester gefügten epos sich vollzogen hat, sind lieder und bearbeitungen 
unter den spielleuten verbreitet. 

Petrus Blesensis tract. de confess. sacramentali (opera 
Paris 1667, pag. 442) sagt: saepe in tragoediis et aliis carminibus 
poetarum, in joculatorum cantilenis describitur aliquis vir prudens, 
decorus, fortis, amabilis et per omnia gratiosus. recitantur etiam 
pressume vel injuriae eidem crudeliter irrogatae sicut de Arthuro 
et Gangano et Tristanno fabulosa quaedam referunt histriones 
quorum auditu concutiuntur ad compassionem audientium corda et 
usque ad lacrymas compunguntur. Peter von Blois bezeichnet nicht 
näher, was für spielleute hier gemeint sind, doch dürfen wir zweifel- 
los auf französische schliessen. Wace ist ein beispiel dafür, wie diese 
sich auch der bretonischen sage bemächtigten, in denjenigen frag- 
menten, welche im ersten bände von Michels Sammlung stehen, und 
die man als die Version des Berol zu bezeichnen pflegt, haben wir 
Überreste solcher Spielmannsdichtungen anzuerkennen, wie die^i auch 
Heinzel (z. f. d. a. XIV, pag. 290 — 347) ausführt, es sind reste 
jener poetischen erzählungen, aus denen Chrestien und die übrigen 
trouvers schöpften. Heinzel (a. a. o. pag. 289) schliesst, dass es 
von Tristans und Isoldes wechselvollen Schicksalen am hofe könig 
Markes um die mitte des XII. Jahrhunderts mindestens zwölf dar- 
stellungen gegeben haben müsse, so schält er denn auch zwölf 
lieder heraus, deren gegenseitige Unabhängigkeit und Selbständig- 
keit er durch darin enthaltene Widersprüche und durch hervor- 
stechende stilistische eigentümlichkeiten der einzelnen lieder zu 
erweisen sucht, pag. 290 — 297 unterscheidet er eine erste classe 
von dichtem, die rein volksmässigen contor, welche noch in 
strophischer gliederung ihre gedichte abfassen; pag. 298 — 343 
behandelt er die zweite classe, welche das mit der ersten gemein- 
sam hat, dass die gedichte nur einzelne teile der sage umfassen; 
jedoch herrscht hier nicht mehr die strophische form, sondern die 
dichtung bewegt sich in reimzeilen. es ist notwendig, den ausser- 
ordentlich fein und scharfsinnig geführten Untersuchungen gegen- 
über Stellung zu nehmen, die anforderungen, welche Heinzel 
bezüglich des logischen fortschrittes der handlung macht, sind 
mittelalterlichen epen gegenüber viel zu subtil und hoch gestellt, 
auch ein moderner leser liest leicht über die Widersprüche, die 



- 76 - 

Heinzel nachweist, weg. sie können kaum genügen, um ohne 
weitere stützen zu dem Schlüsse zu berechtigen, dass wir es mit 
so und so viel fragmenten verschiedener gedichtet) zu tun haben, 
dass es gerade zwölf lieder sein müssen, die in das uns erhaltene 
fragment zusammenflössen, ist eine zu subjective ansieht, bezüglich 
ihres inhaltes grenzen sich die postulirten lieder in keiner weise 
markant gegen einander ab. gesetzt wir hätten wirklich die zwölf 
lieder, dann macht die erklärung der entstehung des uns erhaltenen 
textes immerhin einige Schwierigkeit, er ist ein ungemein künstlich 
verschachtelter und zusammengewürfelter und es hätte fast den- 
selben aufwand von Scharfsinn von Seiten des Schreibers unserer 
handschrift erfordert ein solches werk überhaupt nur zusamimen 
zu bringen, als mit welchem Heinzel die einzelnen teile wieder 
loszulösen vermochte; oder der Schreiber wäre mit völliger unbe- 
sorgtheit und Planlosigkeit mit den zwölf lieder umgesprungen, 



^) die spielmannsyersioneD, und darunter auch das Eilhartgedicht zeichnen 
sich dadurch aus, dass in ihnen die scenen noch sehr lose aneinander gereiht 
sind, so schiebt sich z. b. das abenteuer mit dem zwerge Frocin, die Midas- 
geschichte, Michel I, vers. 1267—1314 ganz unvermittelt zwischen zwei 
scenen des waldlebens ein. eine sonst unerhörte persönlichkeit ist Tristans 
oheim ^Got* Mich. I, pag. 21, 345 Tristran r'avoit tot racontä k son oncle 
com out ouvrd. qant Got' Vot, Deu en mercie que plus n'i out fait o s'amie. 
er spielt nur die sehr untergeordnete rolle eines vertrauten Tristans und 
kommt nirgends mehr vor. Heinzel will verschiedene liederanfänge erkennen, 
Mich. I, pag. 66, 1315 Seignors, molt avez bien o'i comment Tristan avoit 
sailli tot contreval par le rochier; et Govemal sot le tertrier, s'en fu issuz, 
quar il cremoit qu'il fast ars, se Marc le tenoit. derartige abschnitte sind 
aber im afz. epos häufig, ohne dass man darum gleich auf einzelne lieder 
schliessen dürfte, cfr. z. b. Chanson de Roland 1 ff., 703 ff'.; auch unverträgliche 
Widersprüche kommen vor Ch. d. R. 751—760 und 761—765, 2909—2915, 
2916 — 2932. ursprünglich hat man es allerdings mit zwei verschiedenen 
berichten zu tun. aber der redactor ist nicht bloss ein mechanischer com- 
pilator und mosaikarbeiter, sondern er unterzieht den stoff wirklich einer 
zusammenfassenden bearbeitung, wobei er aber ungeschickt verfährt, eine 
bemerkung G. Paris* (Rom. VUI, 467 anlässlich einer auzeige des XIII. bandes 
der Germania) über seine Stellung zu der hypothese Heinzeis führe ich hier 
an : je saisis cette occasion de dire que, pour ma part, je n*ai jamais acceptä 
ni Tensemble ni les d^tails de cette these, oü Tauteur a montrd assur^mant, 
beaucoup d^esprit, et dont la lecture est aussi instructive qu'interessante, 
mais oü il a fait fausse route presque tout le temps. 



— 77 - 

wobei aber dann jedenfalls etwas sinnloseres zu stände gekommen 
wäre, als was wir in Wahrheit vor uns haben, ich glaube, dass 
man mit der Heinzel-schen methode auch aus dem Eilhartischen 
texte eine anzahl von einzelnen liedern herausrechnen könnte. 
Eilhart aber, der doch unleugbar eine zusammenhängende bear- 
beitung der sage repräsentirt, stimmt ziemlich genau zu dem 
betreffenden stücke des französischen fragmentes (cfr. Lichtenstein 
pag. CXXXII — CXLIV). Eilhart hatte also eine vorläge, welche 
sich zum grossen teile mit der erhaltenen französischen deckte, 
diese bearbeitungen können aber nicht ein ganz zufalliges con- 
glomerat beliebiger einzelner lieder sein, ähnlich einer blossen 
Sammelhandschrift, sondern es liegt ihnen offenbar ein plan zu 
gründe, die ansieht vom unterschied der strophischen und un- 
strophischen gedichte hat zwar viel bestechendes, und kann prin- 
cipiell richtig sein, aber auch hier drängt sich die frage auf, ob 
das frz. material wirklich aus sich selbst heraus mit einer über- 
zeugenden notwendigkeit die von Heinzel constatirten resultate 
darbietet und ob nicht vielmehr diese letzteren hineingezwungen 
werden müssen, wenn wir Heinzeis resultate, so weit sfe sich auf 
die positiven tatsachen beziehen, nicht völlig anerkennen können, 
so haben wir ihnen doch principiell zuzustimmen, indem uns der 
weg hier gezeigt wird, auf dem die Tristandichtungen sich unter 
den bänden der Jongleurs herausgebildet haben, die nachweise 
über die Widersprüche und vielen Ungereimtheiten betreffen die 
ganze Spielmannsdichtung überhaupt; sie zeigen, mit welch merk- 
würdiger nachlässigkeit man bei der composition der handlung zu 
wege gieng und wie leicht man sich mit den anforderungen einer 
strengen logik^) zurechtfand, dies ist aber das wesen eines jeden 
grossen auf volksmässiger grundlage und langer tradition beruhenden 
epo$. der spielmann trägt die einzelnen teile vor, und ist sich 
dabei wol des Zusammenhanges mit dem grossen ganzen, nicht 
aber mit dem einzelnen völlig bewusst wenn z. b. in der Chanson 



1) Heinzel selbst pag. 283 bemerkt richtig, dass die dichter in jeder 
art grösserer poetischer darstellungen vergesslichkeiten ausgesetzt seien, 
die den glatten ablauf der ereignisse oder der ideenfolgen hindern, ja sogar 
im einzelnen Widersprüche verursachen können. 



— 78 - 

de Roland 2295 Roland sein hörn Olifant zerschellt, aber vers 
3119 dasselbe doch wieder geblasen wird und unversehrt erscheint, 
80 dürfte dies allerdings ursprünglich wol auch durch zwei Ter- 
schiedene dichter entstanden sein ; aber die bearbeitung der ganzen 
chanson, wie sie uns jetzt vorliegt, hat bei der einen stelle einfach 
der andern nicht gedacht; vollständig fertig und von allen Wider- 
sprüchen gereinigt wird sehr selten eine grosse umfangreiche epische 
dichtung sein, sie werden sich abschleifen und ausscheiden, je 
mehr bearbeitungen der stoflf durchläuft, je mehr er in den bereich 
der kunstmässigen poesie einrückt, nach den neuesten forschungen 
darf es als eine unumstössliche tatsache gelten, dass Gottfried eine 
französische bearbeitung vorgelegen hat, die den gesammten Tristan- 
stoJBF enthielt; einzelne lieder sind völlig ausgeschlossen, aber 
auch bei Gottfried finden sich noch einige härten und Ver- 
stösse, cfr. Bahnsch, Tristan-studien , programm des Danziger 
gymnasiums 1884/5, pag. 13 fiF. wie viel mehr müssen derartige 
Vorkommnisse in den älteren bearbeitungen, die noch völlig in 
den bänden der Jongleurs lagen, an der tagesordnung gewesen 
sein! der spätere kunstdichter hielt sich dann ganz ähnlich dem 
ausländischen dichter sehr genau an die tradition und seine 
änderungen liegen im formalen und betreffen wenig das stoffliche. 
Die französischen fragmente, ebenso wie Eilhart und die 
andern hierher gehörigen bearbeitungen zeigen uns- die Tristansage 
in einer solchen phase der entwicklung. es ist eine überall nur 
wenig durchgearbeitete, unfeste und unfertige Spielmannsdichtung, 
die sich noch vielfach im flusse befindet, man hat sich daran 
gewöhnt, diese version in ihren verschiedenen zweigen gegenüber 
der des trouvere Thomals als die des Berol zu bezeichnen, aber 
mit unrecht, wir werden besser tun, sie einfach die spielmanns- 
version zu nennen, damit der gedanke ferne gehalten bleibt, als 
hätten wir es hier mit einem gedichte zu tun, welches sein ent- 
stehen einem individuellen dichter verdankt, keine der nach- 
ahmungen überliefert diesen namen. er gehört allein den fran- 
zösischen fragmenten an. man darf wol annehmen, dass Eilhart 
seinen gewährsmann namhaft gemacht hätte, wenn seine vorläge 
auf einen bestimmten namen gegangen wäre, bei Ulrich von 
Türheim und Heinrich von Freiberg allerdings könnte man be- 



— 79 — 

greifen, dass der name unterdrückt wurde, da ja beide als nach- 
f olger Gottfrieds den anschein zu erwecken suchen, als folgten sie 
auch der quelle ihres Vorbildes, dem Thomas von Britannien, es 
mögen hier einige bemerkungen über die auffassung und beur- 
teilung der quellenangaben bei den mittelalterlichen dichtem ver- 
stattet sein, ihre Wertschätzung hat von verschiedenen Seiten aus- 
zugehen, eine auf bezeugte tatsachen gestützte Specialuntersuchung 
dürfte wol einige für die litteraturgeschichte nicht uninteressante 
gesichtspuncte ergeben, die älteste Spielmannsdichtung sieht im 
Stoffe etwas ganz allgemeines, objectives, gegebenes, ohne dieses 
näher zu unterscheiden, es ist eben einfach die sage, ein erster 
anfang zur berufung auf quellen begegnet uns in den chanson 
de^ geste, in den rein erfundenen angaben über die chronik irgend 
eines berühmten klosters, in welcher die sage zu finden sei, cfr. 
Gautier les epopees fran9aises^ I, pag. 233 ff. hier also tritt ein 
bestreben zu tage die betreffende tradition zu individualisiren, sie 
aus der menge der übrigen hervorzuheben, andererseits aber nennt 
der dichter auch seinen namen, und legt seine ansieht und seinen 
bericht als richtiger gegenüber der grossen masse der übrigen 
dichter dar. er berichtet auch von quellen, schriftlichen und 
mündlichen, so verhält sich Berol. in bezug auf die höfischen 
dichter können wir meistens uns von den ausserfranzösischen 
dichtem aus ein urteil über die verlässigkeit und glaubwürdigkeit 
der angaben bilden, in der eigentlich classischen periode ist die 
angäbe in den meisten fällen richtig, auch dem französischen 
kunstdichter werden wir glauben beizumessen haben, wenn er 
einen gewährsmann als quelle bezeichnet, wie Thomas den Breri. 
eine kritische erwägung der Verhältnisse weist ja darauf hin, dass 
Vorgänger vorhanden waren, und die ausdrückliche berufung und 
namhaftmachung solcher darf nicht ohne besondere gründe in 
zweifei gezogen werden, hier also kennzeichnet sich das werk 
sehr bestimmt als durch dichter und quelle von anderen ähnlichen 
scharf geschieden, gegen ende der genannten periode macht sich 
das bestreben bemerkbar, nach vorhandenen berühmten mustern 
zu arbeiten, um seinem werke die grösst möglichste autorität zu 
verschaffen, es wird mit bewusster absieht ein werk einem dichter 
zugeschrieben und beigelegt, von dem es nicht stammen kann. 



~ 80 - 

so nennt Heinrich von Freiberg den Thomas als gewährsmann. 
einer ganz späten zeit gehören dann völlig falsche combinationen 
und Schlüsse an, wie wir sie oben beim deutschen Tristanromane 
zu constatiren hatten. — die stellen, auf welche hin man die 
Version die Berolsche nennt, lauten folgendermaassen: 

Li contor dient que Yvain 

firent tuer, que sont vilain. 

n'en sevent mie bien Testoire. 

Berox Ta mex en sen memoire. 

trop est Tristran preuz et cortois 

ä ocirre gent de tel lois. (Michel I, pag. 62, 1292 ff.) 

Berol stellt sich mit selbstbewusstsein den contor, welche 
wir als blosse mündliche erzähler oder recitatoren aufzufassen 
haben, gegenüber, das subjective dement macht sich geltend, 
die contor werden wol einfach nur erzählt haben, was sie wussten. 
Eilhart berichtet an der entsprechenden stelle 4322 ff.: 

dö gingen sie hauwen 
under die siechen, 
ich wene sie dö lizen 
ir gar wenig genesen. 

Eilhart folgt also nicht der version des Berol, sondern steht 
in directem Widerspruche zu ihr; er stimmt mit demjenigen über- 
ein, was die contor berichteten, d. h. der spielmannsversion. bis 
zur Übergabe Isoldes an Marke (Michel I, pag. 144) stimmt das 
französische fragment ziemlich genau zu Eilhart, cfr. Lichtenstein 
pag. CXXXII — CXLIV. im detail sind mehrere derartige differenzen 
vorhanden, woraus hervorgeht, dass die fragmente nicht vollkommen 
genau die vorläge Eilharts repräsentiren. manchmal ist auch nur 
die anordnung und reihenfolge verschieden, nicht aber der stoff 
selber. Dinas (Eihart Tinas) der marschall ist ein freund der 
liebenden und tritt in gefahr für sie ein. nach dem französischen 
fragmente bittet er vor Tristans capellensprung um das leben der 
Yseult 1049—1104; bei Eilhart aber bittet Tinas für Tristans 
leben. ^) — eine weitere stelle Michel I, 1753 ff. besagt von Berol: 

^) Michel I, 2141 ff. stimmt genau zu E. 8592, jedoch entspricht die 
stelle im zusammenhäng nicht genau (Lichtenstein pag. XLI — II), woraus 
auch hier die etwas differenzirende anordnung erhellt. 



- 81 - 

ne si comme Pestoire dit 

lou Berox le vit escrit, 

nule gent tant ne s'entr' amerent 

ne 81 griement nu compererent. 

Heinzel (a. a. o. pag. 317) erkennt in Berol den dichter 
eines besonderen liedes, nach ihm no. VI ,das werk eines dichters, 
der nach einer Überlieferung und nach einer quelle von schon 
künstlerischer gestalt arbeitete und sich durch feineren geschmack 
und unyerfölschte darstellung den contor gegenüberstellte^. Berol 
ist bereits schaffender selbsttätiger künstler, ja ein höfischer, feiner 
zug lässt sich bei ihm erkennen, wenn er sich dahin ausspricht, 
dass Tristan, wenn er gegen die aussätzigen und schwachen kranken 
einen kämpf aufnehmen würde, sich eines vergebens gegen die 
ritterlichen ehrbegriife schuldig machte, man darf in diesem zuge 
wol auch eine selbständige änderung des dichters anerkennen, 
aber was Heinzel hier für ein einzelnes lied fordert, kann sich 
gerade so gut auf die bearbeitung der ganzen sage anwenden 
lassen, oder doch jedenfalls auf einen grösseren teil als nur dieses 
kurze lied. bemerkenswert ist auch der hin weis darauf, dass die 
Tristansage bereits vor Berol schriftlich fixirt war, wodurch sich 
letzterer immerhin als einer etwas späteren periode angehörig er- 
weist und ebenfalls nicht als der schöpfer der sage betrachtet 
werden darf . aus dem, was die worte besagen, ergibt sich, 
dass Berol ein durch einzelne, aber wol nur wenig tief 
greifende individuelle ebigenschaften ausgezeichneter 
dichter gewesen ist, welcher die bereits vorhandene und 
ziemlich ausgebildete spielmannsversion der Tristan- 
sage bearbeitet hat. da nun Eilhart ebenfalls eine aus der 
spielmannsversion geflossene vorläge übertrug, so erklären sich die 
Übereinstimmungen daraus, dass das material im letzten aus- 
gangspuncte dasselbe für beide gewesen ist. ganz in der- 
selben weise haben wir uns das verhältniss der übrigen hier in 
betracht kommenden bearbeitungen, also des französischen prosa- 
romanes, ülrich's von Türheim, Heinrich's von Freiberg zurecht 
zu legen, überall spielen dieselben personen und ereignisse, liegt 
dasselbe material zu gründe; aber im einzelnen sind die di£ferenzen 

Golther, Tristan. 6 



- 82 - 

auch recht bedeutend, es ist ja natürlich, dass eine in den händeii 
der spielleute liegende dichtung, die doch eigentlich keinen rechten 
alten kern hat, der eine conformität hervorzurufen im stände 
gewesen wäre, deren stoff erst in einer yerhältnissmässig jungen 
zeit sich zusammensetzte, einen sehr beträchtlichen reichtum von 
Varianten zu entwickeln im stände ist. das gedieht des Berol 
ist als ein einzelner versuch zu bezeichnen, der wol von 
wenig einfluss und bedeutung für die folgende zeit war. 
Die spielmannsversionen gehen, wie dies auch noch direct aus 
dem vorhandenen materiale zu erweisen ist, in manchen scenen 
auseinander, der trouvere Thomas Michel 11, pag. 40, vers 853 IF. 
tadelt die tradition derjenigen erzähler: 

50 que del naim dire ci solent 
ke femme Eaherdin dut amer. 
li naim redut Tristran navrer 
et en tuscher par grant engin. 
quant ot afole Eaherdin 
par cest plaie et par cest mal, 
enveiad Tristran Guvernal 
en Engleterre pur Ysolt. 

Dieser Version folgt Thomas nicht, das zuerst verworfene 
abenteuer mit Nampotenis geht durch alle auf der spielmanns-' 
Version fussenden darstellungen hindurch, bezüglich des zweiten 
punctes aber finden sich differenzen. nach Heinrich von Freiberg 
6326 — 6364 wird von dem todwunden Tristan Kurvenal nach 
Isolde ausgesandt; und dass dies keine erfindung Heinrichs ist, 
beweist die stelle bei Thomas. Heinrich entnahm sie aus der 
französischen vorläge; hieraus geht auch hervor, wie Wiegandt 
(Heinrich von Preiberg in seinem verhältniss zu Eilhart und Ulrich. 
Rostock 1879, pag. 41) schliesst, dass Heinrich neben Eilhart und 
Ulrich, seinen deutschen Vorgängern, auch noch eine französische 
vorläge benützt hat. nach Eilhart sendet Tristan seinen wirt nach 
Isalde, nach Ulrich den kaufinann Gaviol, also eine dritte persön- 
lichkeit, deren name schwankt, das wichtige ist, dass es nicht 
Eaherdin oder Eurvenal ist. dass dieses aber wiederum keine er- 
findung der deutschen bearbeiter ist, erhellt aus der französischen 



— 83 — 

prosa, nach welcher Tristan den Genes, seinen wirt aussendet, 
cfr. oben pag. 69 f. wir haben hiernach neben dem be- 
richte des Thomas zwei andere zu constatiren, welche 
beide mehrfach belegt sind und aus dem französischen 
stammen müssen, man wird hierdurch auch zu der ansieht 
geführt, dass man bei den deutschen Tristandichtern wol das aller- 
meiste in ihren französischen vorlagen zu suchen hat und soweit 
nicht gerade zwingende gründe vorliegen, wie z. b. bei Heinrich's 
Peilnetosi = Isotenliep, was ja nur aus dem deutschen sich er- 
klären lässt, sehr vorsichtig sein muss, ihnen subjective eigene 
abänderungen des originales zuzugestehen. — bei Heinrich gewinnt 
das waldleben der liebenden ein jähes ende, das auf eine ganz 
eigentümliche art und weise herbeigeführt wird, während Tristan 
mit Kurvenal zur jagd geritten war, kam König Marke, von den 
seinen getrennt, in den wald geritten und fand Isolde, die mit 
Tantrisel ausgegangen war, um blumen zu lesen. Marke führt 
Isolde mit sich heim, so dass sie von neuem für Tristan verloren 
ist. in der französischen prosa wird ähnliches berichtet: comment 
le roy Marc trouva la royne en Moroys seulle en son logis et 
Fenmena. cfr. oben pag. 60. auch hier vermutete Wiegandt 
a. a. o. pag. 26 flf. französische vorläge, in den einzelheiten 
herrscht allerdings sehr grosse differenz und es lassen sich keiner- 
lei parallelen neben einander stellen, aber wir dürfen aus dieser 
Übereinstimmung mit vollem rechte folgern, dass in der spielmanns- 
version auch eine entsprechende geschichte vorhanden gewesen ist 
und Heinrich sie aus dieser entnahm. 

Im XII. Jahrhundert wurde in Prankreich mehrfach der ver- 
such gemacht, unter einem einheitlichen gesichtspuncte die gesammt- 
heit der Tristansage episch zu bearbeiten. Berol war wol auch 
unter der zahl dieser dichter, die deutschen gedichte geben uns 
ein ziemlich getreues bild von der beschaflFenheit derartiger ver- 
suche. Eilhart repräsentirt die umfangreichste und ausgedehnteste 
bearbeitung. sein gedieht muss als die Übertragung einer fran- 
zösischen quelle angesehen werden, wie dies ja schon aus den 
Übereinstimmungen mit der französischen prosa deutlich hervor- 
geht.' es ist ganz undenkbar, dass Eilhart selber erst einzelne 
lieder zu einem gesammtcomplexe zusammenfügte, aus zerstreutem 

6* 



- 84 - 

franzosischen materiale ein deutsches Tristanepos schuf, eine ansieht, 
die von Strobl, anzeiger f. deutsches altertum V, pag. 227 — 238 
vertreten wird, längst schon existirten zu seiner zeit gesammt- 
darstellungen, die von spielleuten angefertigt waren, und eine dieser 
hat Eilhart zur vorläge gedient, die quelle ist aber sehr unrein, 
die compositionsweise sehr äusserlich, wenig abgerundet, und sehr 
unvollkommen, cfr. Lichtenstein, pag. CXIX — CXXXI. am 
Schlüsse spricht sich Eilhart über anderweitige Tristandichtungen 
aus 9452: 

nü saget lichte ein ander man, 

ez si andirs hir umme komen: 

daz habe wir alle wol vomomen, 

daz man daz ungellche saget: 

Eilhart des guten züg habet, 

daz ez recht alsus erging. 

Aus diesen versen geht ohne frage das Vorhandensein mehrerer 
gestalten der sage hervor, . cfr. Lichtenstein, pag. CXVII f. es 
scheint mir am aller wahrscheinlichsten, dass sich diese an- 
gaben auf die französischen litteratu*rverhältnisse be- 
ziehen und dass Eilhart die worte aus seiner vorläge übertragen 
hat. wenn Lichtenstein diess für einen allzusclavischen anschluss 
des dichters an seine quelle hält, welcher mit den übrigen frei- 
heiten nicht wol vereinbar scheine, so ist dem gegenüber auf einen 
ganz analogen Vorgang bei Gottfried von Strassburg zu verweisen, 
welcher 150 — 154 von Thomas auch nur worte gebraucht, die 
letzterer selber auf seine vorläge angewandt hatte (Michel II, 
pag. 40, vers 47 — 50), wie dies bereits Bosser t, Tristan et Iseult 
pag. 49 festgestellt hat.^) 



*) diese stelle ist überhaupt sehr lehrreich. Thomas rühmt von Breri, 
er habe les gestes und les cuntes der bretagnischen könige und grafen 
gelesen; Gottfried bezeichnet aber den Thomas als denjenigen, der das leben 
der landherren in britünschen büchem las. nach G. also müsste man für 
Thomas die kenntniss der bretonischen und das Studium betreffender Chro- 
niken voraussetzen, dass dies aber nichtig ist, beweist die zufällig erhaltene 
Thomasstelle, es ist nun an und für sich durchaus unwahrscheinlich, dass 
eine lebensvolle sage aus trockenen historischen Chroniken floss. ich kann 
mir nicht denken, was überhaupt in der sage der lectüre solcher bücher 



. — 85 — 

Die französischen fragmente sind ihrem inhalte nach einer 
kurzen prüfung zu unterwerfen, von der Übergabe Isoldes an 
Marke ab hört alle Übereinstimmung zwischen dem französischen 
texte und Eilhart auf. während Tristan bei Eilhart zu Isolde 
Weisshand geht, so begibt er sich nach dem französischen texte 
(Michel I, pag. 144 flf.) zu einem befreundeten förster, um bei 
diesem auf Isoldes weitere botschaft zu warten, drei barone 
Guenelon, Godoine^) und Danaloin suchen des königs verdacht rege 
zu machen, jedoch erregen sie des königs zorn dadurch. Isolde 
erklärt sich zum reinigungseide bereit und setzt Tristan von ihrem 
vorhaben in kenntniss. in der Verkleidung eines aussätzigen bettlers 
erwartet er sie an einer sumpfigen stelle des weges und trägt die 
königin auf dem rücken hinüber, als schwarzer ritter reitet er 
mit Governail unerkannt später in die schranken und streckt den 
verräterischen Andret nieder, bereits früher (2816 — 2833) hatte 
er sich zum kämpfe für Isolde bereit erklärt. . hierauf schwört 
Isolde den bekannten zweideutigen eid, dass niemand ausser Marke 
und jener bettler ihr genaht sei. den schluss des fragmentes bildet 
die erzählung von der strafe, welche jene drei von Tristans band 
ereilt, es ist bemerkenswert, dass einer der drei feindlichen barone 
den typischen verräternamen Guenelon führt; der ja natürlich aus 
der Jongleurdichtung stammt und etwa einen „Judas'^ bedeutet. 
Heinzel, nach welchem unser fragment ja überhaupt ein con- 
glomerat aus einzelnen liedern ist, hat auf das ganz ungewöhnliche 
dieser stofflichen Verbindung keine rücksicht genommen und sie 



zu verdanken wäre, man könnte dann für alle einzelnen abweichungen 
mit demselben rechte auf bretonische Chroniken sich berufen, die erklärung 
aber scheint mir sehr nahe zu liegen. Breri war ein spielmann, er folgte 
der beliebten weise, um seiner dichtung autorität zu verschaffen, eine fingirte 
quelle für sie anzugeben, und wählte dafür ganz vage und vieldeutige aus- 
drücke. Thomas hat getreu seinen Vorgänger namhaft gemacht, und dessen 
angaben nachgeschrieben, also das wesentliche und wertvolle ist, dass uns 
Gottfried und Thomas richtig ihre quellen nennen, die bretonischen quellen 
aber haben gar keine bedeutung, und berechtigen zu keinerlei hjpothesen. 
^) Godoine oder wie er später heisst 4301 etc. Gondoine ist ein ger- 
manischer name: Godwin oder Gundwin im Polypt. Irminonis Gundoin und 
Godoin. auch Danaloin enthält das wort -win. wir sehen also überall die 
Spielmannsdichtung tätig, die neue personen einführt. 



/■ 



— 86 — 

ganz unbeanstandet gelassen, die erste hälfte unseres fragmentes 
fallt mit der spielmannsversion, also namentlich mit Eilhart und 
auch teilweise mit Heinrich von Preiberg zusammen, der zweite 
teil aber tritt völlig aus ihr heraus und bietet gar keine 
berührungspuncte mit ihr mehr dar. die Verbindung der 
beiden hälften ist, wenn wir auf den gang der handlung sehen, 
sehr schlecht und rein äusserlich. soeben hatte sich Marke selber 
im walde von der vermeintlichen Unschuld der liebenden überzeugt, 
da er sie getrennt liegend fand. Tristan brachte ihm aus freiem 
antrieb das weib zurück, die neuen ranke und der neue verdacht 
erscheinen als ziemlich unvermittelt, die Verbindung der beiden 
teile ist hergestellt durch die verse Michel I, 2776 flF., in welchen 
Isolde Tristan bittet, er möge doch hier in der nähe bleiben, und 
diese bitte wird wol nur darum ausgesprochen, dass die nach- 
folgenden scenen schicklich eingeleitet werden.^) betrachten wir die 
gesammte übrige Tristantradition, so schliessen sich stets die 
beiden scenen, Verurteilung und flucht der liebenden 
einerseits, und der reinigungseid andererseits gegenseitig 
aus, und wenn sich doch beide in einer bearbeitung finden, wie 
hier und bei Heinrich von Preiberg als fortsetzung zu Gottfried 
von Strassburg aufgefasst, dann ist diese Verbindung als eine künst- 
liche und unorganische, entstanden aus der contamination zweier 
verschiedener Versionen zu bezeichnen. Eilhart und der roman 
wissen nichts vom eide. auch in den gedichten von Tristans 
narrheit findet sich strenge Scheidung, die im Bemer manuscript*) 
aufgeführten episoden sind folgende: der liebestrank 428—441; 
Tristans capellensprung und die scene mit den aussätzigen, beides 
also anlässlich der Verurteilung 447—461; diese scene fehlt voll- 
ständig in der version des Thomas in allen von ihr erhaltenen 
bearbeitungen. der eremit Ogrin 462 — 465; .der hund Huden 
486 — 501 ; endlich die übergäbe des ringes 528 — 539. ausserdem 
wird durch 421 ff. 



^) von 2730 an beginnt vielleicht der neue abschnitt; 2757—2767 
wiederholt so ziemlich 2672—2687. Tristan hatte die absieht, auf ritter- 
schaft in ferne lande zu ziehen, aber auf Isoldes bitten bleibt er. 

2) nunmehr neu herausgegeben von Morf, Rom. XV, pag. 559 — 574. 



— 87 - 

,en po d'ore vos oi paiee 

o la parole do chevol 

don je ai pais an grant dol'*, 

das abenteuer mit dem goldenen haar und der schwalbe, das der 
roman nicht hat, auch für die französische spielmannsversion direct 
bezeugt.^) 380—383 und 390—394 beziehen sich auf das aben- 
teuer, dass ein fremder ritter Isolde entfuhrt und Tristan sie ihm 
wieder abgewinnt, diese scene fehlt allerdings bei Eilhart, und 
ohne schaden für das ganze, da sie sehr unwesentlich ist. jedoch 
enthält der roman deutlich spuren davon, cfr. oben pag. 54 und 58 
und damit ist sie doppelt für die spielmannsversion bezeugt, man 
darf nicht etwa hier interpolation aus der Thomasversion ver- 
muten, auch hieraus wieder wird klar, wie verschiedenartig sich 
die Jongleurdichtungen gestaltet haben, indem leicht bei der einen 
oder andern redaction ganze scenen in wegfall kommen konnten, 
die hier in ihren äussersten umrissen skizzirte handlung entspricht 
demnach genau dem bei Eilhart überlieferten, für die scene 
mit dem reinigungseide findet sich aber nirgends 
eine stelle, dem gegenüber zählt das manuscript Douce von 
Tristans narrheit die verschiedenen episoden genau in der reihen- 
folge auf, welche das gedieht des Thomas einhält, es fehlen dem- 
zufolge das abenteuer mit der schwalbe, Tristans capellensprung 
und die aussätzigen, also die Verurteilung, statt dieser tritt der 
reinigungseid ein. Tristan als narr ist ein besonderer lais, der 
sich aus der gruppe der spielmannsversionen abgezweigt hat und 
eine scene mit ganz besonderer ausführlichkeit behandelte, das 
manuscript von Bern folgt völlig der alten version; das manuscript 
Douce ist eine ganz offenbare nachahmung des älteren Bemer- 
liedes. aber das material, auf dem es hinsichtlich des stoffes basirt, 
ist die Version des Thomas, cfr. darüber Vetter, la legende de 
Tristan pag. 19—29. die lieder sind ziemlich alt und wegen ihrer 
anordnung von hohem werte; daneben auch desshalb, weil sie uns 
beispiele von der Überlieferung und Weiterbildung der sage geben, 
cfr. oben pag. 39. 



^) ebenso durch eine stelle im roman de TEscoufle, Michel in, 
pag. XI — XII. 



~ 88 — 

Was aber ist dann jener zweite teil unseres Fragmentes? 
ganz offenbar ein teil einer anderen Tristanversion, als die zwei 
hauptströmungen, die uns davon bekannt sind, wenn wir der 
spielmannsversion unbedingt auch viel mehr freiheit und mannig- 
faltigkeit zuschreiben müssen, als dies bei der festen Thomas- 
dichtung der fall ist, so ist doch die anforderung der parallelen 
gleichberechtigung zweier sich ausschliessenden scenen unerhört, 
was ausdruck und stil anlangt, so steht der zweite teil hierin dem 
ersten ziemlich gleich, er ist eher noch roher, es ist jedenfalls 
Jongleurpoesie; zu dem im vorhergehenden erzählten gericht über 
Tristan und Isolde bildet der zweite teil eigentlich eine dublette. 
ob die verquickung zweier heterogener traditionen das werk des 
dichters Berol ist oder ob wir es nur dem compilator unserer 
handschrift zuzuschreiben haben, lässt sich kaum entscheiden, es 
dürfte wol eher nur dem letzteren zukommen, ein die sage im" 
zusammenhänge bearbeitender dichter, wie von Berol dies doch 
anzunehmen ist, würde doch wol kaum einen derartigen fehlgriff 
gemacht haben, wenn aber doch diese Vereinigung von Berol 
stammen sollte, dann ist es um so weniger gerechtfertigt, von 
einer Version des Berol zu reden, welcher eine anzahl anderer 
dichtungen folgte, obwol ich auf Widersprüche nicht sehr viel 
vertrauen möchte, um aus ihnen zu argumentiren, dass man es 
mit teilen verschiedener bearbeitungen zu tun habe, so mag dennoch 
ein zug hier beiläufig erwähnung finden, die drei feindlichen 
barone spielen bereits im ersten teile eine rolle 544 «ä la cort 
avoit trois barons*. 1620 „un de ces trois, que Dex maudie* 
jagt im walde und Kurvenal erschlägt ihn 1674 — 1675. 2993 flf. 
verlangen aber die drei, die nun auch namentlich auftreten, den 
reinigungseid: oiez des trois que Dex maudie! also im zweiten 
teile sind sie alle wieder vorhanden. 

Ein directer Vorläufer zu dem, was das gedieht des Thomas 
erzählt, kann diese scene übrigens nicht sein, da sich nicht uner- 
hebliche diflferenzen vorfinden, die scenerie ist beide male eine 
andere, im fragmente ist es eine sumpfige, morastige stelle am 
wege, während bei Thomas — Gottfried der Vorgang bei der landung 
des Schiffes spielt, cfr. Tristan narr Douce 817, Michel II, pag. 128 
„quant vug eisistes de la nef, entre mes bras vus tint suef* Gott- 



— 89 — 

fried 15579—80, (cfr. auch oben pag. 14 — 15); bei Thomas ist 
Tristan als pilger verkleidet und fallt dann mit Isolde nieder, 
dagegen erscheint er im fragment als bettler; und es wird nur 
erwähnt, dass er Yseult auf dem rücken hinübertrug, ohne mit 
ihr niederzufallen, die probe des glühenden eisens, die Isolde bei 
Thomas bestehen muss, fällt im fragmente völlig weg. ausserdem 
hat die erzahlung von den verräterischen baronen sonst nirgends 
eine analogie. als ein indirecter Vorläufer zur Thomasversion mag 
sie jedoch insofern gelten, als in ihr der reinigungseid an die stelle 
der strafe und Verurteilung getreten ist. das totale verschwinden 
dieser version dürfte sich leicht aus dem übergewichte erklären, 
das in der folgezeit das Thomasgedicht über die anderen gewann. 
Es ist characteristisch für diejenigen sagen, deren pflege in 
den händan der fahrenden spielleute liegt, dass sie sich in bestän- 
digem und sehr veränderlichem flusse befinden, wesshalb reiche 
Varianten sich entwickeln können, dementsprechend ist auch die 
spielmannsversion der Tristansage in verschiedenen gestaltungen 
auf uns gekommen, wir können ja bei den volksepen überhaupt, 
z. b. beim Nibelungenliede erkennen, dass mehrfache versuche 
gemacht worden zu sein scheinen, eine einheitliche bearbeitung 
des gesammten stoffes zu wege zu bringen, wie im französischen 
fragmente Berol der bearbeitung einen besonderen Stempel auf- 
drückte, so haben auch die vorlagen Eilharts, Ulrichs, Heinrichs 
und der französischen prosa, obwol aus demselben materiale con- 
cipirt, dennoch auch vieles eigentümliche enthalten, bei Eilhart 
erscheint die sage noch als ein conglomerat von aneinander gereihten 
scenen und episoden, die ganz lose unter einander in Zusammenhang 
stehen, namentlich im letzten teile tritt dies hervor, das, was 
Lichtenstein pag. CXXVII - CXXXII als wiederholte motive 
bezeichnet, häuft sich gegen den schluss in einer ganz unleidlichen 
weise, die in bezug auf poetische kraft sich nur als retardirend 
und abschwächend erweist. Tristan und Kehenis sind zu Tinas 
geritten, um Isalde zu sehen, eine erste Zusammenkunft findet 
statt, E. 6668 ff. hierauf naht sich Tristan abermals in der Ver- 
kleidung eines misselsüchtigen mannes, wird aber wegen des falschen 
verdachtes der feigheit von Isalde zurückgestossen, worauf er in 
seine heimat zu seiner gattin Isalde Weissband zurückkehrt. 



— «0 — 

E. 6812 ff. Tristan und Eurvenal ziehen auf Isalde*s durch Piloise 
iv^ermittelte botschaft hin als pilger verkleidet von Earahes nach 
Tintajol, E. 7445 ff. die Veranstaltung dieser zweiten Zusammen- 
kunft wird auch hier wie bei der ersten vermittelst einer jagd 
bewerkstelligt, beim kampfspiel verrät sich Tristan durch einen 
gewaltigen sprung. dann kehrt er wieder nach Earahes zurück. 
E. 8135 ff. zieht er mit Eurvenal als knappe verkleidet abermals 
aus und erlangt mit allerlei fahrlichkeiten ein wiedersehen, als 
er von einer wunde genesen ist, da geht er als wahnsinniger zur 
letzten Zusammenkunft, also vier mal verlässt er sein land und 
wählt jedesmal r eine andere Verkleidung, es liegt auf der band, 
dass hier ein äusserliches aneinanderreihen einer variirt erzählten 
geschichte zu gründe liegt, „es gab wol vielmehr auch für die 
verkleidungsscenen eine darstellung das muster ab, nach, welchem 
die übrigen infolge der beliebtheit, deren sich das motiv zu erfreuen 
hatte, erfunden wurden**, Lichtenstein pag. CXXX. 

Alle die scenen behandeln ja das eine thema, dass der lieb- 
haber durch Verkleidung zu seinem ziele gelangt (cfr. auch oben 
pag. 17). die fülle und der reichtum ist für Eilharts vorläge 
bezeichnend, da sie verhältnissmässig die roheste compilation reprä- 
sentirt, in welcher der einheitsgedanke am wenigsten durchgeführt 
erscheint, ein zweiter bearbeiter konnte sich mit einem solch 
rohen gefüge nicht mehr zufrieden geben und in d^n späteren 
bearbeitungen finden wir dem übelstand denn auch tunlichst ab- 
geholfen, bereits bei Ulrich von Türheim geschehen alle die er- 
zählten ereignisse während einem aufenthalte Tristans in Comwall. 
eine diesen unterbrechende rückfahrt nach der Bretagne findet 
nicht statt, die erste Zusammenkunft und die daran anschliessende, 
bei welcher Tristan als misselsüchtiger auftritt, entsprechen so 
ziemlich Eilhart, darauf hin gehen Tristan und Eurvenal in 
knappenkleidung als kuriere zu Isolde und werden ganz unver- 
mittelt sehr freundlich von ihr aufgenommen, beim abschied 
macht Tristan einen gewaltigen Freudensprung. 

Dieser bericht setzt sich offenbar aus der dritten und zweiten 
Zusammenkunft Eilharts zusammen, dass Ulrich aber selber etwa 
diese Vereinigung vornahm, daran ist nicht zu denken, weil sich 
im einzelnen zuviel besondere züge vorfinden. Tristans narrheit 



- 91 — 

entspriclit wiederum der betreflfenden scene bei Eilhart, also der 
vierten und letzten Zusammenkunft, bei Heinrich von Freiberg 
haben wir, wenn wir die scene am Artushofe ihrer besonderen 
Stellung wegen hier nicht berücksichtigen, nur ein zweimaliges 
wiedersehen der liebenden, nemlich die Eilhart'sche erste und vierte 
Zusammenkunft, der französische prosaroman kann hier nicht bei- 
gezogfen werden, da er im betreffenden teile durch die Artus- 
geschichten vollständig zerrissen erscheint, die erste und vierte 
Zusammenkunft stand jedoch sicher in der vorläge, cfr. oben pag. 60 
und 64 ff. was dazwischen fällt, lässt sich aber nicht mehr genau 
eruiren. das gedieht des Thomas kennt nur eine Verkleidung, die 
als aussätziger bettler, und das wiedersehen geschieht bei einem 
einzigen aufenthalte Tristans in Cornwall. so berichtet die Tristram- 
saga cap. XGIII und Sir Tristrem. allerdings reist Tristan dem 
französischen texte zufolge (Michel II, pag. 34, 716 — 786) in die 
Bretaigne zurück und Isolde trägt während seiner abwesenheit ein 
härenes gewand. jedoch hat dies kaum dem gedichte des Thomas 
angehört, sondern ist als eine Interpolation des uns erhaltenen 
französischen textes zu betrachten, cfr. Kölbing, Tristramsaga 
pag. CXXXVI und Röttiger, der Tristan des Thomas, Göt- 
tingen 1883, pag. 10—11, welcher die in frage kommenden verse 
auch als verdächtig bezeichnet, der sprung Valeys, den Tristan 
bei den kamp&pielen tut, erinnert an das, was Eilhart bei der 
zweiten Zusammenkunft berichtet. - das in der Tristramsaga 
cap. XCIII erzählte tumier Tristans und Govemails hat allenfalls 
ein analogon in dem, was Michel I, pag. 189, vers 3947 — 4036 
berichtet wird, eine jedenfalls auch völlig auf dem boden der 
Spielmannsdichtung erwachsene version ist die von Bechstein 
Heinrich's von Freiberg Tristan pag. V— Vill mitgeteilte, bei der 
ich allerdings nicht mit Sicherheit zu entscheiden wage, ob sie in 
Frankreich oder erst in Deutschland entstand, die künstlerisch 
vollendeteren bearbeitungeu begnügen sich mit wenigem, wo die 
roheren durch blosses anhäufen zu wirken suchen, es ist ein 
ganz unleugbarer fortschritt zu einer logisch ge- 
gliederten und berechneten handlung zu consta* 
tiren. das material, aus dem die verschiedenen dichtungen, hier 
auch das gedieht des Thomas, schöpfen, ist dasselbe, und es ist 



- 92 — • . 

interessant zu beobachten, wie die aufgäbe der stofflichen anordnung 
und behandlung durchaus nicht überall in derselben weise gelöst 
wird, diese Vorgänge eröffnen auch einen einblick in die poetische 
technik und Ökonomie der sagen, die einzelnen teile, episoden 
und lais, aus denen das ganze besteht, liegen hier noch ziemlich 
lose und^andererseits auch wieder enger verbunden yor uns. die 
unfertigkeit und fluctuosität des stofPes tritt hier in ein helles 4icht.* 

Nachdem Tristan Isolde wieder an Marke ausgeliefert hat, hält 
er sich längere zeit an Artus' hofe auf. Walwan versucht eine 
neue Zusammenkunft der liebenden zu vermitteln, was ihm auch 
gelingt. Marke hat wolfsfalleu aufstellen lassen, an denen sich 
Tristan verschneidet, als er sieb bei nacht zur königin schleicht, 
um die entdeckung zu verhii^nimi verwunden sich alle übrigen 
ritter auch, so erzählt £ilhart. di^es abenteuer der spielmanns- 
Version begegnet auch sonst. Heinrich von Freiberg erzählt das 
abenteuer fast ganz in derselben weise, die vorläge des fran-^ 
zösischen prosaromanes scheint ea eb^falls gekannt zu haben, 
cfr. oben pag. 58. wichtig für unsere zwecke ist, dass 
die scene keinen festen platz im bau der sage inne 
hat, indem sie einmal.nach der Verurteilung und 
dem waldleben auftritt u^d zweimal vorher, ihr 
platz richtete sich nacli' dem zufälligen belieben 
des bearbeiters. sie kann auch ohne schaden ganz weg 
bleiben, das lied vcm Trist^'s narrheit mscr. Bern führt sie 
nicht auf. das gedieht de^ Thomas behilfb sich auch sehr wol 
ohne dieselbe. — die zw.eiailalige Verwundung Tristans nach seiner 
Vermählung mit Isalde in Earahes E. 8618 und 9216 subsumirt 
Lichtenstein pagi CXXVIII auch unter den wiederholten 
motiven. sie ist ^en^au entsprechend in der französischen prosa 
erzählt, cfr. oben, pag. 63 ff. es folgt daraus, dass, was Lichten- 
stein von Eilhart isagt, auf die vorläge geht, und auf die spiel- 
mannsversion überhaupt. 

Waa an französischen fragmenten von der sogenannten Berol- 
version vorhanden ist, erweist sich auch schon durch stil und 
ausdruck als ganz der Sphäre der Jongleurs angehörig. Heinzel 
pag. 291 — 297 erkennt in einem nach ihm noch strophisch ge- 
gliederten liede (1780—1797) ein bild des höchsten, was die 



— 93 - 

franzosische Jongleurpoesie zu leisten vermochte, der punct der 
strophischen gliederung mag unentschieden bleiben, das letztere 
aber sei gerne zugegeben, es findet sich eine ^nzahl derber aus- 
drücke, welche in einem höfischen gedichte jedenfalls sehr reducirt 
worden wären z. b. 18 s'onques fors eil qui m'ot pucele, out 
m^amistie encore nul jor. 55 sagt Yseult: s'or en savoit li rois 
un mot, mon cors seret desmenbre tot; Tristan 104 ainz me lairoie 
par le col pendre ä un arbre qu'en ma yie o vos preise druerie. 
eine sehr unhöfische bitte stellt Tristan an Yseult 173 engagiez 
est tot mon hemois; car le me faites delivrer, si m^en fuirai, n*i 

05 ester.^ ein etwas vulgäres Sprichwort enthalten die verse 1044 
certes, en äsez poi de borse en porront mettre la gaaing. sehr 
unschön und roh ist die bestraf ung und Verurteilung der liebenden, 
die zarte königin wird hart gebunden 1015 si Tavoit fait lier li 
rois par le comandement as trois qu*il li out si les poinz estroiz, 
li sane li ist par toz les doiz. die Verurteilung kann man übrigens 
noch passiren lassen, aber abscheulich und widerlich ist die scene, 
dass Yseult den siechen überantwortet wird, nach dem ausweis 
durch Eilhart und Tristan als narr mscr. Bern 448 — 9 hat dieser 
zug der spielmannsver^ion von anfang an zugehört, es ist be- 
merkenswert, dass er in einer feinereiti bearbeitung jedoch, bei 
Heinrich von Freiberg, fallen gelassen wird, hier ist nur die ver- 

^ urteilung zum tode geblieben, und dadurch hat die scene viel von 
dem sonst in peinlicher weise hervortretenden verletzenden character 
verloren, recht drastisch wird die Situation geschildert 3903 Yseut 
la belle chevaucha janbe de 9a, janbe de la. derb im ausdruck 
4166 qu^entre mes cuises n^entra home fors le ladre — et li rois 
Marc mes esposez. ebenso 4186 ff. (Tristan als narr mscr. 
Douce 826). 1032 heisst es von Marke, er habe sich schwarz 
geärgert: de mautalent en devint noir. hässlich ist der witz 
Tristans, dass er durch seine geliebte die ihm anhaftende krankheit 
habe, wie er Marke antwortet: 3735 dans rois, ses sires ert meseaus. 

6 lie faisoie mes joiaus. eist maus me prist de la covine; mais 
plus bele ne fu que une. qui est eile? la bele Yseut einsi se 
vest come cele seut. mit cynisch-drastischer komik ist geschildert, 
wie Tristan seine feinde in den sumpf lockt 3752 — 3816. derb 
und unfein sind die reden, die Yseult mit dem verkleideten bettler 



— 94 — 

führt, ganz im tone des Yolksepos sind die yerse 2964 grant 
joie i ont le jor menee. onques porte n4 fut veee. qui yout 
entrer si pout mengier. auch 4015 eil chai mort, s'onques prestre 
n^i vint a tens ne n'i pot estre. mit äusserlicher gelehrsamkeit, 
indem er zweimal den Salomo citirt, prunkt^) der dichter 35 
und 1425. das waldleben, das sich nachmals zu einer so farben- 
prächtigen dichtung entfaltet hat, in der lenz und liebe vereint 
sind, ist ziemlich trocken und dürr erzählt, das trankmotiy ist 
rein äusserlich. die erzählung des nur tatsächlichen, wie solche 
der Jongleurdichtung eignet, genügt eben hier nicht mehr, da- 
gegen finden sich auch recht schöne züge, z. b. die episode yon 
dem treuen hunde Husden. 

Auch wenn wir nicht Eilhart und das Bernerlied zum directen 
zeugen dafür hätten, so Hesse sich doch auch bereits aus dem 
fragmente selber erkennen, dass es eine gesammtbearbeitung des 
Stoffes voraussetzt, als deren bruchstück wir es anzusehen haben. 
41 de la plaie que yos pristes en la batalle que feistes o mon 
oncle, je yos gari. hier mag die bemerkung gestattet sein, dass 
es kein glücklicher griff des Thomasgedichtes in bezug auf die 
poetische Wirkung ist, dass Tristan nicht yon Isolde selber, sondern 
yon ihrer mutter geheilt wird. 111 molt les vi ja taisant et muz 
quant li Morhot fut ayenuz, oü n'en i out un d'eus tot soul qui 
osast prendre ses adoul. molt yi mon oncle iluec pensis, mex 
yolut estre mort que vis. por s'onor croistre m'enarmai, combati 
m'en, si Fencha^ai. 812 quant le Morhout prist ja ci port, qui 
9a yenoit por noz enfanz, nos barons fist si tos taisanz, que 
onques n'ot un si hardi que s'en osast armer yers lui. — yos 
enpreistes la batalle por nos trestoz de Cornoualle et oceistes le 
Morhout; il yous navra d'un javelot. = Eilhart 869 mit eime 
geluppeten spize. 2100 seignors, du yin de quoi il bnrent avez 
Ol por qoi il furent en si grant paine lonc tens mis. mais ne 



1) Michel I, pag. 94, 1906: 

Chatoiifl commanda ä son filz 
a eschiver les leus soutiz. 

cfr. hierzu auch M. II, pag. 172. 



— 95 — 

sayez, ce m^est avis, a combien fiit determiDez li lovendris, li vin 
herbez. 

Es erübrigt noch einige blicke auf diejenigen deutschen 
bearbeitangen zu werfen, welche zur spielmannsyersion dem stoffe 
nach gehören, also auf die beiden fortsetzer Gottfried's von Strass- 
burg, Ulrich von Türheim und Heinrich von Frei- 
berg, es ist ein beweis dafür, wie wenig kritisch jene zeit einen 
Stoff zu betrachten verstand, wenn es möglich war, dass zwei 
fortsetzer diese ihre fortsetzung nach einer von der Gottfriedischen 
ganz verschiedenen quelle anfertigten, und sich nicht im geringsten 
bemühten, die dadurch notwendig entstehenden incongruenzen aus- 
zugleichen, mit ausnähme eines ganz verschwindenden und unbe- 
deutenden zuges, der sich bei beiden dichtem findet, nemlich dass 
Isoldes hund nicht Husdan, wie die vorläge zweifellos bot, genannt 
wird, sondern Petitcriu, da ja dieser bei Gottfried eine grössere 
rolle spielt (Ulrich pag. 524, 14 und Heinrich 4116, 4457 etc.) 
und noch bei Heinrich zweier ganz äusserlicher stellen 3965—81, 
1887 — 1907, die man aber nicht als einen versuch in der von 
uns gemeinten richtung bezeichnen kann, findet sich, soviel ich 
sehe, nirgends das bestreben, eine organische Verbindung zwischen 
dem von Gottfried vorgetragenen stoffe und den fortsetzungen 
herzustellen, so tritt z. b. der bei Gottfried gar nicht vorkommende 
Tinas, der demnach hier als eine ganz neue und unbekannte per- 
sönlichkeit erscheint, bei Ulrich pag. 520, 33 sowol als auch bei 
Heinrich 3111 etc. ohne weiteres auf, obwol wir hier von einem 
mit bewusster freiheit über seinem stoffe stehenden dichter eine 
kurze auseinandersetzung seines Verhältnisses und seiner freund- 
schaftlichen beziehungen zu dem. liebespaare verlangen könnten, 
von den nachfolgern eines dichters darf man annehmen, dass sie 
seiner methode und schule sich anschliessen. Gottfried aber ist 
wie Hartmanu, was sich ja nunmehr, da in der Tristramsaga seine 
quelle vorliegt, ziemlich sicher behaupten lässt, der Vertreter der 
strengen übersetzerschule, im gegensatz zu Wolfram, den er als 
finder wilder mähre tadelt, was doch auf die quellenbenützung 
und behändlung des Stoffes zu beziehen ist. die fortsetzer haben 
zweifelsohne ihre deutschen Vorgänger gekannt, jedoch genügt 
schon ein flüchtiger blick auf die blosse inhaltsangabe, wie sie 



— 96 — 

sich bei Bechstein, Gottfr. v. Strassb. pag. 300 ff. findet, um 
die Überzeugung zu gewinnen, dass wir an eine blosse Umarbeitung 
des bei Eilhart erzählten nicht denken dürfen, nach abzug ihrer 
individuellen eigenschaften bleibt uns ein bild yon ihrer vorläge, 
beide haben eine französische vorläge übersetzt; diese vorlagen 
haben darum natürlich sehr viele berührungspuncte mit Eilhart, 
da sie auf demselben materiale beruhen. Ulrich ist ein sehr 
trockener und schlichter erzahler. seine fortsetzung macht Gott- 
fried gegenüber aus zwei gründen einen sehr schwachen eindruck. 
die quelle ist ja so einfach, wie die Eilharts, und der poetische 
Schwung des Thomasgedichtes mangelt ihr ganz und gar. wenn 
nun Gottfried durch seine geniale Veranlagung die schöne quelle 
n(ieh um eine stufe höher gehoben hat, Ulrich aber durch seine 
trockenbeit der vorläge eher noch geschadet, so begreift es sich, 
dass auf diese weise ein sehr fühlbarer abstand resultiren muss. 
die darstellung ist psychologisch sehr wenig tief, es wird der 
erzählung jegliche Spannung genommen, wenn Isolde Weisshand 
gleich von anfang an pag. 504, 21—23; 506, 23—24; 508, 37—39 
von der blonden Isolde weiss, derartiges kommt bei Heinrich 
nicht vor. ein bemerkenswerter zug der Übereinstimmung zwischen 
Ulrich und Eilhart ist Brangänens tod E. 7560—78, U. pag. 581, 
17 ff. ein ganz eigentümlicher zug ist die erzählung von dem 
gefleckten reh, das Tristan botschaft; von Isolde bringt, einen brief 
und ein ringlein, U. pag. 511, 14 bis 513, 12. es wäre schwer 
zu begreifen, wie Ulrich auf einen solchen einfall hätte kommen 
sollen, das motiv an und für sich, wenn auch meistens in etwas 
veränderter gestalt, ist aber in der französischen und bretonischen 
sage sehr häufig, cfr. belege bei Reinhold Köhler in Suchier, 
bibliotheca normannica III (Marie de France ed. Wamcke) 
pag. LIX, anm. 1 und pag. LXXXII. Heinrich von Freiberg in 
seinem verhältniss zu Eilhart und Ulrich behandelt F. Wiegandt 
in einer dissertation (Rostock 1879), die aber nicht viel mehr als 
eine inhaltsangabe bietet, wenngleich er am ende pag. 41 den 
richtigen, aber durch keinerlei beweise gestützten satz ausspricht, 
dass Heinrich neben seinen zwei deutschen Vorgängern auch noch 
eine französische quelle benützt habe. Heinrich ist eine sehr 
bedeutende dichterische kraft, die sich durch bilderreiche und 



- Ö7 -^ 

gedankentiefe spräche bekundet, von geradezu packender wirkuüg 
fidnd die verse 785 — 807.^) einem derartigen dichter könnte man 
sich eher yersucht fühlen, eine grössere freiheit der quelle gegen- 
über einzuräumen, gewiss ist die psychologische Vertiefung und 
das hervortreten eines mehr lyrischen dementes sein werk, man 
möchte leicht auch das oben pag. 93 erwähnte wegfallen eines 
widerlichen zuges seinem yerfeinerten geschmacke zuschreiben, 
dieselbe yersion, die wir sonst nur in den schlichten dai^tellungen 
Torfinden, ist hier in eine höhere Sphäre gerückt, und sicher zum 
grossen teile durch den deutschen dichter selbst, trotzdem steht 
auch er unter dem drucke seiner vorläge, indem bei allem poetischen 
Schwünge doch mit dem äusserlichen tränke operirt wird 216 ff. 
3005 ff. man muss aber auch bedenken, dass Gottfried bei aller 
genialität, an der er doch noch über Heinrich steht, von seiner 
quelle nicht abweicht und darf also nicht auf solche gründe hin 
allzu voreilig schliessen. und es ist uns ja gelungen, gerade für 
einige züge der version Heinrichs wahrscheinlich zu machen, dass 
diese abweichungen aus der französischen sage zu erklären sind, 
cfr. oben pag. 82~-83. also auch dieser versiön hegt eine 
besondere französische zu gründe, welche den andern gegenüber 
vieles eigentümliche bot, vielleicht auch war bei ihr, da sie ja 
einer späteren zeit angehörte, dasjenige schon teilweise vorbereitet, 
was Heinrich dann zur Vollendung führte, bezüglich des Ver- 
hältnisses zu dem bei Eilhart überlieferten stoffe ist zu bemerken, 
dass diesem gegenüber H. 1514 — 5 eine sehr grosse lücke enthält. 
Eilhart 6812 — 8646 fehlt gänzlich. Tristan wird ohne nähere 
veranlassung in Litan krank (H. 5025 ff.), während bei E. und 
in der französischen prosa eine Verwundung daran schuld ist. — als 
Vertreter der jspielmannsversion kommt noch in betracht der iechische 
oder böhmische Tristram. cfr. darüber J. Knieschek, der iechische 
Tristram und Eilhart von Oberg, Wien 1882; id. der tschechische 
Tristrani und seine deutschen vorlagen, in den mitteilungen 
des Vereins für geschichte der Deutschen in Böhmen 22, 226 



^) einige geschmacklose bilder wie 4913 „zuhant gelac er als ein stoc 
oder als ein erstochen boc" und 6451 „der triuwen muome, der kiusche base" 
sind auf rechnung eines bereits zum verfalle sich neigenden dichterischen 
geftlhles zu setzen. 

Oolther, Tristan. 7 



- 98 -- 

bis 249; id. ztscfa. f. deutsches altertum XVI, pag. 261—368. 
ein Sechischer bearbeifcer hat Eilhart 47 — 2833 übersetzt und zwar 
nachdem originale, wesshalb der von Lichtenstein construirte 
text X. dadurch mehrfache berichtigung enthält, ein fortsetzer 
hat in etwas freier weise Gottfried und Heinrich benützt, dieses 
werk kann uns also für die kenntniss der altfranzösischen spiel- 
mannsversion keinerlei aufschlüsse . geben , da es aus zur genüge 
bekanntem deutschem materiale compilirt ist. — ob die italienischen 
und spanischen prosaromane (cfr. Michel I, pag. XVI — XVII) 
irgend welche eigentümliche züge enthalten oder was das wahr- 
scheinliche ist, blosse Übersetzungen der französischen prosa reprä- 
sentiren, kann ich nicht entscheiden, die lösung dieser frage hängt 
mit einer genaueren Untersuchung über den französischen roman 
selbst zusammen. 

Neben den zwei hauptströmungen der Tristansage, der bisher 
ins äuge gefassten spielmannsyersion und dem gedichte des Thomas, 
scheinen in Frankreich selber noch mehrere keime und ausätze^) 
vorhanden gewesen zu sein, die sich aber, yielleicht nur zufällig, 
nicht entwickelt haben, vielleicht auch verloren giengen und nur 
noch in schwachen spuren uns bekannt sind, hierher zu rechnen 
ist der von uns ausgeschiedene zweite teil der sog. Berolfragmente. 
im französischen prosaromane werden die abenteuer an Markes 
hofe in einer sonst unerhörten form berichtet, cfr. oben pag. 58 — 59. 
möglicherweise wurzelt auch dieses bereits in der alten Spielmanns- 
dichtung und ist nicht blosse erfindung des romanschreibers. es 
bestehen dann einzelne kleinere teile, welche sich nirgends unter- 
bringen lassen und denen darum Selbständigkeit zugestanden werden 
muss. vielleicht sind es Überreste und fragmente von grosseren 
bearbeitungen, oder aber nur ansätze zu solchen, einzelne lais, 
welche durch der grossen mannigfaltigkeit der sage begründet sind. 
Michel II, pag. 149 — 157 teilt ein hierher gehöriges abenteuer 
aus dem Donnez des Amanz mit. Tristan von der Bretaigne 
zurückgekehrt ahmt im garten vogelstimmen nach, um dadurch 
Isolde ein zeichen zu geben, durch ein rasche, kühn entschlossene 



1) cfr. L. Sudre, les alluaions a la legende de Tristan, Born. XV, 
pag. 549—557. 



- 99 - 

tat folgt Isolde dem rufe, diese episode könnte man allenfalls als 
eine fünfte Zusammenkunft neben den bei Eilhart berichteten vieren 
(cfr. oben pag. 89 ff.) auffassen, am Schlüsse wird auch offenbar 
auf die narrenyerkleidung angespielt: 165 rere se fit dreit cume 
fol barbe, gemuns, chef e col, e bricun se feseit clamer, ewe de 
bro sur sei geter. in französischer,^) italienischer, spanischer und 
englischer Überlieferung erscheint eine besondere version von Tristans 
tode, welche neben der gewöhnlichen in umlauf war. sie liegt 
der bekannten spanischen romanze zu gründe (Michel I, pag. XYII 
ferido esta don Tristan de una muy mala lanzada, dierasela el rey 
SU tio que zeloso del estaba). sie wird ferner erzählt im englischen 
romane Malory's morte d'Arthur (besser le grand Artus); die stelle 
abgedruckt bei Michel II, pag. 204. im französischen romane Melia- 
dus de Leonnoys sah Meliadus, der vater Tristans im träume den 
könig Marke ^qui feroit destoc en boutant son neuen, si que luy 
mettoit lespee iusques a la croix parmy le eorps, Michel II, pag. 205. 
cfr. auch Hagen, minnesinger IV, pag. 554, 576 f., 578. der 
könig hat Tristan verräterischer weise verwundet, der sterbende 
drückt die königin fest an sich und so bricht beiden das herz. 
Marke erscheint hier ganz in der unedlen und hinterlistigen weise, 
wie im romane (cfr. oben pag. 46). auch hieraus erhellt, wie 
der stoff bei den spielleuten ausnehmend beliebt war und auf die 
mannigfaltigste weise bearbeitet wurtfe. 

Das resultat unserer Untersuchung lässt sich in folgende worte 
zusammenfassen: im XII. Jahrhundert hat sich in Frank- 
reich eine sehr ausgedehnte und umfangreiche version 
der Tristansage gebildet, es wurde mehrfach der ver- 
such gemacht, eine gesammtbearbeitung des Stoffes zu 
liefern, als solche einzelnen versuche, denen allen ein 
und dasselbe material zu gründe liegt, haben die uns 
überkommenen bearbeitungen des Berol, des französi- 
schen prosaromanes, Eilharts, Ulrich's von Türheim 



^) die handschriften des französischen prosaromanes haben alle diese 
Version des Schlusses mit ausnähme des mscr. 103 der bibl. nat., aus dem 
XV. Jahrhundert stammend, welches auch die grundlage für Ae drucke 
bildet und darum fast einzig bekannt ist. 

7* 



— 100 — 

und Heinrich's von Freiberg zu gelten, die versuche 
sind, was die composition des stoffes anlangt, iii un- 
gleicher weise als mehr oder weniger gelungen zu be- 
zeichnen, was uns erhalten ist, ist nicht erschöpfend: die zahl 
solcher versuche kann aus dem vorhandenen materiale nicht be- 
stimmt werden, alle auf dieser version beruhenden dich- 
tungen zeigen entschiedene Verwandtschaft, es finden 
kreuzungen nach allen richtungen hin statt, wenn z. b. Heinzel 
pag. 377 und Lichtenstein pag. CXLV ff. ähnlichkeiten zwischen 
dem Thomasgedichte und Eilhart notiren, so erklärt sich dies am 
einfachsten daraus, dass in Eilharts vorläge motive aus der spiel- 
mannsversion benützt wurden, welche auch in das Thomasgedicht 
übergiengen. in einzelnen wenigen fallen (cfr. oben pag. 91) 
liegt Interpolation vor. wir haben also nicht bruch- 
stücke und teile eines grösseren gedichtes vor uns. 
ein formell ganz fertiges und abgeschlossenes ge- 
dieht hat die spielmannsversion nicht gezeitigt, 
eine künstlerische, bleibende form ist ihr, soweit aus dem materiale 
ersichtlich, nicht geworden, nirgends finden wir scharf hervor- 
tretende besonderheiten und individualitäten. man darf dem- 
nach nicht von einer version des Berol reden, und 
die Version nicht an einen bestimmten dichter- 
namen anknüpfen, am besten mag der name spiel- 
mannsversion passen, denn sie ruht in den bänden 
mehrerer dichter, ein kunstepos wird seinem ausgeprägten 
individuellen character gemäss in viel höherem grade sich conser- 
viren. beim volksepos schaltet der Jongleur mit dem stoffe freier 
und zahlreiche Varianten einerseits, die sich paraUel entwickeln, 
und immerwährende neubearbeitungen, remaniements andererseits 
sind hier häufig, aus dem reichtum der Überlieferung lässt sich 
entnehmen, dass beim französischen Jongleur die entwicklung und 
ausbildung der sage zu suchen ist. wenn im keltischen die epische 
ausbildung bereits bis zu einem gewissen grade gediehen wäre, so 
müsste der kern fester und deutlicher gewahrt und für uns noch 
erkenntlich sein. 



— 101 



DRITTES CAPITEL. 
Die höfische Version, das Thomasgedicht. 

Wir hatten im yorhergehenden zu wiederholten malen bei der 
betrachtung des bretonischen Sagenkreises auf die analogie des 
national^französischen hinzuweisen, der sich ebenfalls unter der 
pflege der Jongleurs entwickelt hat. aus der betrachtung der 
Jongleurs selbst und ihres Schaffens und treibens erklärt sich auch 
die mannigfaltigkeit, in welcher die stoffe erscheinen, in der form 
der gedichte aber ist eine bedeutende differenz yorhanden, indem 
die gedichte des bretonischen Sagenkreises, unsere Berolfragmente 
nicht die assonirenden oder reimenden tiraden yon zehn- oder 
zwölfsilbigen yersen einhalten, sondern achtsilbige reimzeilen mit 
doppelreim ; yielleicht war ursprünglich auch strophische gliederung 
yorhanden. diese form und der inhalt blieben nicht, wie dies bei 
den nationalen epen der fall ist, im dauernden besitze der alten 
eigentümer, sondern sie wurden yon den höfischen dichtern annec- 
tirt, was nicht ganz ohne kämpf abgieng. das resultat dieser 
eroberung ist, dass, während uns die Karolingischen epen noch 
ziemlich in der alten gestalt überliefert sind, welche auch im 
spätesten remaniement nicht yerdrängt wurde, die epischen 
dichtungen des bretonischen Sagenkreises durch 
die erzeugnisse einer feineren, höfischen kunst- 
richtung abgelöst wurden, welche die älteren Spiel- 
mannsdichtungen sehr in den schatten stellten, 
durch eine genauere betrachtung der französischen prosaromane, 
die allerdings nicht überall so wie bei der Tristansage mit hilfe 
anderweitig erhaltenen und fest bestimmbaren materiales angestellt 
werden kann, liessen sich yielleicht auch anderwärts ältere yor- 
stufen höfischer gedichte erschliessen. 

Für die auch sonst yorhandene mannigfaltigkeit der tradition 
zeugen yerse wie conte del Graal 28376 — 91, die inyectiyen ent- 
halten gegen die menestrels, die yon hof zu hof ziehend die 



- 102 — 

geschichten in verkehrter weise mit lügen untermischt vortragen, 
was die Jongleur einander gegenseitig aus brotneid vorwerfen 
(Berol), das macht dann die höfische troubadourclasse ^) insgesammt 
den Spielleuten zum Vorwurf, nemlich falschung und Verdrehung 
des wahren Sachverhaltes, cfr. Freymond, Jongleurs et menestrels, 
Halle 1883. 

Neben der spielmannsversion liegt das gedieht des trouvere 
Thomas vor. während Heinz el auch noch in neuerer zeit (anz. 
f. d. a. VIII, pag. 212 ff.) an seiner alten ansieht festhält, dass 
Thomas nicht die ganze Tristansage, sondern nur einen teil der- 
selben behandelt habe, so ist doch durch die eingehenden Unter- 
suchungen Kölbings (die nordische und die englische Version der 
Tristansage I und II, pag. XVIII— XXVI), welchen sich noch 
Vetter (la legende de Tristran d'apres le poeme fran^ais de Thomas 
et les versions principales qui s'y rattachent, Marburg 1882) und 
Röttiger (der Tristan des Thomas, ein beitrag zur kritik und 
spräche desselben, Göttingen 1883) zugesellen, der beweis erbracht, 
das Thomas in seinem gedichte die gesammte sage behandelt hat. 
unter Verweisung auf die angeführten arbeiten gehe ich auf diese 
frage nicht näher ein. ich betrachte sie als endgültig erledigt, 
zum gedichte des Thomas gehören neben den französischen frag- 
menten (ed. von Michel, bd. II und III, ferner Villemarque, 
ein Cambridger fragment*) im arch. des miss. scientifiques tom. V, 



^) in dem bereits der höfischen Sphäre angehörigen liede von Tristans 
narrheit (mscr. Douce) wird vom spielmann, vom Jongleur mit wenig achtung 
gesprochen, obwol die ganze sage und zumal dieses lied sich ganz ihm 
verdankt, indem Yseut sagt: «certes eist fol, eist jugleres il est divins u 
enchanteres* M. II, pag. 116, vers 561 — 2. 

2) es entsprechen bei Gottfried die verse 18216 ff.; in der saga 
cap. LXVII. die saga stimmt insofern noch genauer zum fragmente, als 
der zwerg hier den könig führt, ein zug, der bei Gottfried fehlt, da sich 
die saga hier mit dem fragmente deckt und später mit Thomas und zwar 
bis zu wörtlicher Übereinstimmung, so erweist sich schon dadurch allein 
das fragment als zum selben gedichte gehörig, und kann Thomas nicht wie 
Heinzel will, erst dort sein gedieht begonnen haben, wo die französischen 
fragmente anfangen, jedoch gehört das fragment nicht zur selben redaction 
wie die bei Michel abgedruckten texte : dort wird die königin wie bei Gott' 
fried Ysolt genannt, hier heisst sie Yseut, wie in den Berolfragmenten. 



— 103 — 

pag. 97 f., das den abschied Tristans und Isoldes schildert und 
zu Gottfried stimmt) die Tristramsa^a ok Isondar, das englische 
gedieht Sir Tristrem, Gottfried und ein niederdeutsches fragment 
(herausgegeben* von Lambel, Germania XXVI, pag. 356 ff. und 
Titz, z. f. d. a. XXV, pag. 248 ff.), ^der kleine fund gewinnt 
dadurch ein erhöhtes interesse, weil er uns zum ersten male künde 
gibt Yon der existenz eines deutschen gedichtes, das den bei Gott- 
fried von Strassburg fehlenden schluss der Tristansage im wesent- 
lichen nach derselben tradition behandelte, der die quelle Gottfrieds, 
der nordischen saga und des englischen gedichtes folgte, während 
bekanntlich die fortsetzer Gottfrieds trotz gegenteiliger Versicherung 
sich an die tradition Eilharts hielten*', Lambel a. a. o. pag. 361. 
es handelt sich nur darum, dass man bei den ausländischen bear- 
beitungen dasjenige in abzug zu bringen versteht, w&s von dem 
betreffenden bearbeiter selbständiges hinzugebracht wurde, um da- 
durch auf das französische gedieht zu kommen, wir haben 
uns hier mit der frage zu beschäftigen, welche 
Stellung das gedieht des Thomas in bezug auf 
etwa vorhandene quellen und auf die besprochene 
Spielmannsversion einnimmt, eine längere stelle des 
gedichtes, welche wir hier folgen lassen, gibt uns die nötigen 
anhaltspuncte. 

Michel II, pag. 40 ff. Thomas 835—884: 

Seignurs, cest cunte est mult divers; 

e pur 90 s'uni en mes vers 

e di en tant cum est mester 

e le surplus voil relesser, 

ne vol pas trop en uni dire: 

ici diverse la matyre. 

entre ceus qui solent cunter 

e de le cunte Tristan parier, 

il en cuntent diversement. 

Ol en ai de plusur gent, 

asez sai que chescun en dit 

e 90 que il unt mis en escrit; 

mes sulum 90 que j'ai oy, 



- 104 — 

n'el dient pas sulum Breri, 
ky solt les gestes e les cuntes 
de tuz les reis, de tuz les cuntes 
ki orent este en Bretaigne. 
ensarquetut de cest ovraingne, 
plusurs de noz granter ne Yolent 
90 que del naim dire ci solent 
ke femme Eaherdin dut amer. 
li naim redut Tristan navrer 
e entuscber par grant engin. 
quant ot afole Eaherdin 
par cest plaie e par cest mal, 
enveiad Tristan Guyemal 
en Engleterre pur Ysolt. 
Thomas {90 granter ne volt 
e si volt par raisun mustrer 
que i9o ne put pas esteer. 
eist fust par tut la part coneuz 
e par tut le regne siuz 
que del amur ert parviners 
e envers Ysolt messagers. 
li reis Ten haeit mult forment, 
guaiter le feseit a sa gent; 
e coment pust-il dune venir 
sun servise ä la curt oflPrir 
al rei, al baruns, al serjanz 
cum fust estrange marcheanz 
que hume issi coneuz 
n'i fud mult tost aperceuz? 
ne sai coment il se gardast, 
ne coment Ysolt amenast. 
il sunt del cunte forsveise 
e de la verur esluingne, 
e se 90 ne volent granter 
ne voil-jo vers eus estriver; 
tengent le lur e jo le men: 
la raisun s*i provera ben. 



— 105 — 

Michel III, pag. 81, vers 682—701: 

Tumas fine ci sun escrit; 
ä tuz amanz saluz i dit, 
as pensis e as amerus, 
as emvius, as desirus, 
as enveisiez, as purvers; 
ä tuz ces ki orunt ces vers 
i dit nal ä tuz lor voleir. 
le milz ai dit ä mun poeir 

la verur, 

si cum jo pramis al primur; 
e diz e vers i ai retrait. 
pur essample issi ai fait, 
pur Testone embelir, 
que as amanz deive plaisir, *) 
e que par iieus poissent trover 
choses ü se puissent recorder: 
aveir em poissent grant confort 
encuntre change, encontre tort, 
encuntre paine, encuntre dolur, 

encuntre tuiz engins d'amur! 

• 

Kaum hat sich ein mittelalterlicher dichter sonst irgendwo so 
genau und detaillirt über sein verfahren ausgesprochen als hier 
Thomas, es geht aus diesen versen hervor, dass 
Thomas einer ausgedehnten und vielseitigen Über- 
lieferung gegenüber stand, nemlich der reich ent- 
wickelten spielmannsversion« es gab eine mündliche und 



^) Gottfried scheint in der einleitung auch gedanken aus dem Schlüsse 
des Thomasgedichtes aufgenommen zu haben, der rat, den er 97 ff. und 
auch sonst noch weiter ausgeführt gibt: 

«ein senelichez msere 
daz trlbe ein senedsere 
mit herzen und mit munde 
und senfte s6 die stunde**, 

stimmt im wesentlichen ziemlich zu dem, was die Schlussworte bei Thomas 
besagen. 



- 106 - 

eine schriftliche Überlieferung, welche er gekannt und studirt hat. 
in der spielniannsversion fanden wir, dass Berol einmal ganz 
gelegentlich gegen einen schiefen zug polemisirte; Thomas aber 
erklärt sich gleich gegen eine ganze scene, verwirft sie als un- 
richtig und ergeht sich in kritischen Vermutungen über deren 
möglichkeit oder Unmöglichkeit. Thomas steht als schaffender 
dichter mit bewusster freiheit über seinem stoife, den er einer 
verschiedenartigen prüfung und beurteilung unterzieht, die indi- 
viduelle, subjective absieht des dichters kommt in seinen Worten 
zum ausdruck. „eine gewisse freiheit in behandlung des poetischen 
Stoffes ist Thomas jedenfalls zuzuerkennen, darauf weist auch die 
bemerkung des nach Wortes, in welchem Thomas sich als zweck 
seiner bearbeitung Verschönerung der sage aufstellt pour l'estorie 
embelir. wo er nicht eingriff, wird er das wahre und beste aus 
der Überlieferung gesucht haben, alle* diese zeichen einer selbst- 
ständigen arbeit würden die herübemahme einzelner episoden aus 
einer bereits vorhandenen poetischen form nicht unmöglich machen", 
Heinzel, z. f. d. a. XIV, pag. 363. für die selbständige tätig- 
keit des Thomas haben wir in erster linie das aesthetische 
princip festzuhalten, aber im stofflichen War er durch quellen 
beschränkt und wir werden seiner eigenen composition 
sehr wenig zuschreiben dürfen, wol stand Thomas die wähl 
zwischen mehreren bearbeitungen frei, aber die einmal gewählte 
quelle bleibt dann auch maassgebend. das material war ein bestimmt 
gegebenes: sein Vorgänger war Breri. diesen Breri citirt Thomas 
als eine seinem publicum wol bekannte autorität gegen die übrigen 
Tristandichter, ein buch hat ihm vielleicht nicht vorgelegen, 
wenigstens sagt er nicht, dass Breri ein solches geschrieben, sondern 
nur dass er die geschichten am besten gewusst habe. Gaston 
Paris (Rom. VIII, pag. 425 — 428) hat die Vermutung ausge- 
sprochen, dass dieser Breri identisch sei mit einem bei Girant de 
Barri (descriptio Kambriae cap. XVII) genannten barden Bled- 
hericus. die cymrischen barden waren ja auch die bewahrer von 
authentischen genealogien. Breri ist nur eine leichte änderung 
der im französischen Bleri vorauszusetzenden form, die data rein 
an sieh betrachtet, scheint also Paris^ ansieht ganz probabel* aber 
es erregt bedenken, einen cymrischen barden als autorität für 



— 107 - 

dasjenige aufzufassen, wodurch sich Thomas von den andern 
dichtungen unterscheidet, nach den oben vorgetragenen ansichten 
kann ich mich mit eineir solchen auffassung nicht einverstanden 
erklären, ihr zufolge mussten die barden im besitze einer sehr 
ausführlichen Tristanversion gewesen sein, mit der man die bereits 
in Umlauf gesetzte corrigirte. wenn sich schon gegen die annähme 
einer umfangreicheren epischen dichtung auf keltischem boden 
bedenken erheben müssen, so ist doch ein solcher fall noch um 
vieles zweifelhafter, man könnte bei jeder vom gewöhnlichen 
abgehenden form eines französischen Tristangedichtes dies aus 
keltischen quellen geschöpft ansehen, der ganze reichtum der 
französischen sagenentwicklung fallt auf diese weise ins keltische 
gebiet und das halte ich für schlechterdings unmöglich, wir 
müssen für Thomas eine quellenmässige behandlung der 
Tristansage voraussetzen, und zwar natürlich in französischer 
Sprache, welche in vielen stücken sich von der spielmannsversion 
unterschied, obwol auch sie ursprünglich auf demselben boden* 
erwachsen war, nemlich eine Jongleurbearbeitung repräsentirte. 
Breri hat ihr gegenüber vielleicht eine ähnliche, nur noch schärfer 
markirte Stellung eiugenommen, als Berol in der spielmanntversion. 
das „en uni dire*^ bedeutet, wie G. Paris a. a. o. pag. 427 
erklärt, inmitten widersprechender Varianten eine 
logische und zusammenhängende erzählung. sie ist 
nach des Thomas ansieht in dieser beziehung vol- 
lendetler als die vorher besprochenen, seinem inhalte 
nach ist das gedieht ein besonderer zweig, welcher selbständig 
neben den andern hergeht, es ist also nicht etwa aus der 
andern hervorgegangen, wenn auch allerdings in den 
letzten ausgangspuncten identisch, so sind die beiden zweige im 
einzelnen unter einander doch ziemlich unabhängig, irgendwelche 
principielle unterschiede zwischen der spielmannsversion und dem 
Thomasgedichte in bezug auf inhalt sind nicht vorhanden. Bossert, 
Tristan et Iseult pag. 174 — 5 verzeichnet die abweichenden züge 
der beiden Versionen. F. Compart, die sagenüberlieferung in den 
Tristanepen Eilharts von Oberg und Gottfrieds von Strassburg 
gibt nur eine inhaltsangabe und sei hier bloss der Vollständigkeit 
halber erwähnt, die diiferenzen sind nur ganz äusserlicher natur; 



— 108 — 

personen der einen Version fehlen in der andern, so Tinas und 
Rual, Tristran li naim bei Thomas und Nampotenia^) der spiel* 
mannsversion. Nampotenis ist übrigens auch ein zwerg (cfr. 854 
90 que del naim dire ci solent ke femme Kaherdin dut amer 
Michel II, pag. 40). es alterniren ganze scenen, wie Verurteilung 
and eidschwur, diese züge sind gleichberechtigt, es ist schwer 
zu bestimmen, welches etwa der ältere davon ist. aber aus ein- 
ander geflossen können sie auch unter keinen umstanden sein, in 
bezug auf das wunderbare und märchenhafte scheint die Thomas- 
Breriversion teilweise auf nüchternerem boden zu stehen (cfr. auch 
Bossert a. a. o. pag. 131 — 134 le merveilleux des poemes de 
Tristan), es mangeli ihr der zug von der schwalbe und dem 
goldhaar, manchmal sind die redactionen auch nicht ganz über- 
einstimmend in dieser beziehung. so hat einmal Gottfrieds vorläge, 
wol als die jüngere,- einen altertümlichen zug getilgt, den die 
vorlagen der Tristramsaga und des Sir Tristrem noch besassen, 
cfr. Eölbing, Tristramsaga pag. LVI. die künste des zwerges 
betrachtet 6ottfi-ied 14248 mit skepsis gegenüber, Michel I, 
pag. 18, vers 285—295, Eilhart 3399—3402, 3624. die scene 
mit dem feeuhündlein Petitcrew ist aber erst von dieser version 
eingeführt worden; wir haben hier ein schlagendes beispiel dafür, 
wie äusserlich und lose die scenen teilweise dem gesammtcomplex 
gegenüber sich stellen. Petitcrew wurde erst spät in das bereits 
fertige gedieht eingeführt, was daraus hervorgeht, dass das hündlein 
mehrfach mit dem hunde Husden, der in der spielmannsversion 
eine so schöne rolle spielt und der auch in unserer version von 
anfang an vorhanden war, in coUision gerät, was sogar, dem sonst 
hierin wenig feinfühligen Gottfried auffallt, 'wesshalb er einmal 
ausdrücklich bemerkt 16663 Hiudanen, nicht Petitoren; im eng- 
lischen gedieht werden beide hunde mehrfach neben einander auf- 
geführt 2467 — 8, 2841. gerade in dieser episode aber finden sich 
Züge aus keltischer sage, das rein accidentelle des keltischen 
dementes in der Tristansage tritt dadurch deutlich zu. tage. — 

^) die Nampotenissage ist yielleicht ursprünglich eine zwergensage, 
wo erzählt wurde, dass ein weib in der macht eines zwerges steht, der sie 
mit gewalt entführt hat, und nun wiederum von ihrem geliebten befreit 
wird. cfr. aber oben pag. 26 anm. 



— 109 — 

.man könnte auf den gedanken geraten, die scene mit Isoldes eid- 
sehwar sei an stelle der Verurteilung getreten, da ja letztere 
namentlicb wegen Isoldes auslieterung an die siechen sehr hässlich 
ist. aber dem stehen andere erwägungen gegenüber, nemlich dass 
die eidscene, die ja auch in einer ursprünglicheren spielmanns- 
form überHefert ist (cfr. oben pag. 88), ebenfalls sehr roh 
und cynisch behandelt werden kann, andererseits lässt sich die 
gerichtsscene, wie bei Heinrich von Freiberg in einer weise be- 
handeln, dass das verletzende fast völlig getilgt wird, bei Rual 
könnte man denken, er sei darum eingeführt worden, um dem 
beiden einen in allen ritterlichen künsten und gesellschaftlichen 
formen wol bewanderten erzieher zu geben, wäre dies der leitende 
gesichispunct gewesen, dann hätte man darum keine neue person 
zu erfinden gebraucht, sondern es lag nahe, alles das auf Gouver- 
nail zu übertragen, nach stoff und inhalt also sind die Versionen 
einander parallel und gleichberechtigt. 

Anders gestalten sich die Verhältnisse, wenn wir speciell 
das gedieht des Thomas betrachten, hier treten wir 
in eine neue Sphäre ein, und das meiste, was zu 
loben kommt, ist wol des Thomas eigenes ver- 
dienst, und die quelle wird ihm hiefür keine vorarbeiten geboten 
haben, während in der spielmannsversion der stil ziemlich ruhig 
und conform hinfliesst, ohne dass individuelle merkmale zu tage 
treten, so macht sich bei Thomas sofort eine ganz eigenartige 
ausdrucksweise bemerkbar, welche darin besteht, dass die gedanken 
nicht nur einmal ausgesprochen werden, sondern mehrfach variirt 
wiederholt werden, einmal geht es bis zu fünffacher repetition 
1257: ore i perge s'unques m^ama. quanque m'ad fait poi me 
valdra, s'al busuingn ne moi volt aler, cuntre tel dolur conseiler. 
que me valdra la sue amur se ore me defalt en ma dolur? ne 
sai que Tamiste me valt s'ä mun grant besuing ore falt. poi m'ad 
valu tut sun confort s'ele ne m'ale (Heinzel conj. ait = adjuvat) 
cuntre mort. ne sai que Tamur ait valu se aider ne moi volt ä 
salu. über Thomas' stil cfr. Heinzel, mehrfach in seiner abhandlung 
z. f. d. a. XIV, und Preuss, Strassburger Studien I, pag. 1 — 75; 
obwol letztere arbeit sich nur auf Gottfried's stil bezieht, so fallen 
dabei doch mehrere Seitenblicke auf Thomas z. b. pag. 16, 32, 75. 



— 110 — 

■ 

solche Wiederholungen sind ungemein häufig, Heinzel pag. 370« 
es prägt sich hierin der individuelle dichter aus, welcher vor allem 
gedanken in einer reicheren form zu entwickeln versucht und sich 
nicht mehr mit der kurzen, einfachen, objectiven schilderungsweise 
begnügt, die den gedichten der Jongleurs eigentümlich ist. in den 
ziemlich ausgedehnten liebesklagen und reflexionen tritt ein lyrisches 
element stark in den Vordergrund, für den dichterischen wert 
einer so ganz der Verherrlichung der liebesidee geweihten sage ist 
diese psychologische Vertiefung vom allergrössten werte, erst in 
diesem Stadium vermag die sage sich recht zu der höhe zu ent- 
wickeln, welche ihr den rühm gesichert hat. der höfische kunst- 
dichter ist dem spielmann gegenüber im besitze eines mittels, das 
für ihn quelle einer völligen neugestaltung werden konnte, aus 
der kenntniss der kunstlyrik fliesst der epischen behandlung eine 
fülle directer und indirecter neuer gedanken zu. so einfach an 
und für sich die mittel der liebeslyrik sind, so sind sie doch einer 
unglaublichen modulation und variirung &hig und werden immer 
auf den leser einen zauber auszuüben vermögen, ich will hier 
nur beispielshalber zwei falle herausgreifen, aus denen hervorgeht, 
wie die herrschenden, typischen anschauungen in die lyrischen 
partieen übergehen konnten. Cambridger fragmente: «nos cors 
partir ore convient, mais Tamor ne partira nient." Michel II, 
p^. 58, 1241 „noz cors feseient desevrer, mais Tamur ne porent 
oster ''. dieser gedanke ist sehr viel variirt, belege aus der lyrik 
bei Mätzner, afz. gedichte pag. 132. Michel II, pag« 89 
melz volt murir a une faiz ke tut dis estre si desiraiz, e melz 
volt une faiz murir ke tut tens en peine languir; belege dieses 
gedankens aus der lyrik Mätzner a. a. o. pag. 146. es soll damit 
nicht gesagt sein, dass derartige stellen aus gedichten entlehnt 
seien, so wenig wie entsprechende stellen, die sich in der proven- 
9alischen, altitalienischen, altfranzösischen und mittelhochdeutschen 
dichtung finden, notwendig directe Übersetzungen sind, aber es ist 
die genaue bekanntschaft des dichters mit solchen 
geistesproducten, welche ihn befähigt, selber in 
ähnlicher richtung tätig' zu werden, und solches ist 
bei Thomas in ganz bedeutendem maasse der fall, die spielmanns- 
version vertritt eine ganz fatalistische auffassung der tatsachea: 



— 111 - 

der trank wird geirunken und alle schuld und Verantwortung fclllt 
einzig auf ihn zurück, dessen sind sich die liebenden auch sehr 
wol loewusst. die arge äusserlichkeit der auffassung zeigt sich 
darin, dass die Wirkung des trankes sich nur auf eine gewisse zeit 
erstreckt, im. franzosischen texte Michel I, 2107, 2110 — 1, 2115 
nur auf drei, nach Eilhart 2283, 2288 auf vier jähre, nach dem 
Thomasgedichte aber (Tristramsaga pag. 56, 10 f. Gottfried 
12185 f.) verstrickt minne alle sinne derartig mit kraft, «daz si 
unerloeset wären in allen ir jären^. höchst unpoetisch ist es, dass 
während des waldlebens die liebenden für die macht ihrer liebe 
sich entschuldigen und busse tun, cfr. 1346 sire par foi, que ele 
m'aime en bone foi vos n^entendez pas la raison qu'el m'aime c'est 
par la poison. ge ne me puis de He parter. 1376 sire por Deu 
omnipotent, il ne m^aime pas, ne je lui fors par un herbe dont 
je bui et il en but ce fut pechiez.* da klingen die worte Tristans 
bei Gottfried 12498 — 12506 denn doch anders, sehr bedeutsam 
wird der unterschied bei der Schilderung des waldlebens, im fran- 
zösischen texte M i c h e 1 I, 1239-1266, 1315-1394, 1491 — 1799. 
es werden hier allerlei dinge erzählt, aber die Schilderung des 
liebesglücks ist sehr dürftig ausgefallen 1328: aspre vie meinent 
et dure. tant s^entr'aiment de bone amor Tun por Tautre ne seut 
dolor. =s Eilhart 4546 sie hätin ein leben herte in dem wilden 
walde her unt die schone Isälde. idoch was in daz ein kinder 
spei, wan sie hätin da bl vroude vel von der grözen minne. durch 
das gerade hier urgirte hervortreten der äusserlichkeit des trank- 
motives wird die scene noch viel trockener und dürrer, dem 
gegenüber halte man das prächtige gemälde des minnelebens im 
walde bei Gottfried, das, wenn auch teilweise von Gottfried ver- 
schönert, doch in der hauptsache als die Schöpfung des Thomas 
zu bezeichnen ist. die Vorgeschichte der eitern Tristans war in 
der spielmannsversion ebenfalls vorbanden, wurde aber mit einem 
sehr kurzen berichte abgefertigt, im französischen prosaromane 
ist sie ganz entstellt, eigentlich weggefallen und durch anderweitige 
erfindungen ersetzt, bei Thomas erscheint sie in breitester aus- 
führung und zumal hier ist das lyrische dement mehr als sonst 
irgendwo hervortretend, dieses Vorspiel erfüllt vom ganzen minne- 
zauber und doch in seinem ausgange tief ergreifend und tragisch 



— 112 — 

ist für den poeidschen gesammteindruck der Tristansage von der 
grössten bedeutung. vielleicht auch darf nicht bloss die neue 
schöne form, in der der stoff erscheint, als des Thomaa werk 
betrachtet werden, sondern wurde yon ihm zuweilen auch ein zug 
enisprechend mit absieht umgeändert, in der spielmannsTersion 
findet eine Vereinigung zwischen Tristan und Isolde Weisshand 
am ende dennoch statt, cfr. Eilhart 7072—3, Ulrich pag. 574 — 5, 
Heinrich 5962 — 72. in der Thomasversion, wo Tristan sich die 
bUdniase seiner geHebien anfertigen U.B8, winl nirgends erwähnt, 
dass die andere Isolde^) wirklich seine frau geworden wäre, das 
verhältniss gewinnt ungemein an idealem gehalte, wenn Tristan 
der blonden Isolde die treue wahrt. ^) in denjenigen scenen, 
welche sich gleichmässig in beiden hauptversionen finden, ist bei 
Thomas in wort und ausdruck alles derbe und anstossige fast 
durchweg getilgt worden, und einem verfeinerten, edleren ge- 
schmacke rechnung getragen, die bewunderungswürdige feinheit 
und decenz im ausdrucke Gottfrieds (Heinzel, ztsch. f. österr. 
gymnasien 1868, pag. 548—9) hat er wol auch zum grössten 
teile seinem Vorbild entnommen, auffallend ist der merkwürdig 
rohe von Isolde gebrauchte ausdruck Michel II, pag. 13, 273 
le nes vus en deust trencher. aus solchen ausdrücken, die auf 
eine niedere Sphäre hinweisen, aus den versen 1379—1406, welche 
die politische und mercantile Stellung Londons schildern, aus dem 
verhältniss des kürzeren Douce 1811 — 1818 gegenüber Sueyd 638 
bis 681, glaubte Heinzel auch hier auf ursprüngliche einzelne 
teile schliessen zu dürfen, auf zwei hauptstücke.. Röttiger, der 

1) cfr. Michel II, pag. 159, 1253: 

itant aim Ysolt la räine 

qua vostre serur remaint mecbine. 

^) ein sehr interessanter unterschied tritt auch am Schlüsse hervor, 
in der spielmannsversion sagt Isolde einfach, das segel ist schwarz E. 9378 ff 
es wurde in der quelle eben einfach die tatsache erzählt, es war ein irrfcum, 
wie in der Theseussage. dagegen handelt in dem Tfaomasgedicht Isolde 
aus eifersucht. auch Ulrichs und Heinrichs vorlagen scheinen sich auf dem 
standpnncte der spielmannsversion befunden zu haben, wenigstens drückt 
sich Heinrich 6368 ff. sehr vorsichtig aus. der französische roman, der ja 
aber in bezug auf den schluss ein sehr junges machwerk ist, hat ein ähn- 
liches motiv wie das Thomasgedicht verwertet. 



~ 113 — 

der Tristran des Thomas pag. 10 ist bezüglich des zuletzt ei*- 
wähnten puuctes, nemlich bezüglich des Verhältnisses der yerse 
in Sneyd und Douce entgegengesetzter ansieht, dass Douce gegen- 
über Sneyd kürzte, nicht dass Sneyd die wenigen worte von 
Douce breiter ausgeführt habe, man dürfte sich am ehesten der 
ansieht zuwenden, dass die verschiedenen redactionen des Thomas- 
gedichtes in ungleicher weise unter dem einflusse der spiel- 
mannsversionen standen und mehr oder weniger residua von den 
letzteren enthielten. über die arbeitsweise des Thomas hat 
sich bereits Heinzel pag. 376—7 dahin ausgesprochen, dass 
der plan der erzählung ein viel einheitlicherer sei 
als bei Berol, wenn gleich auch hier noch einzelne episoden 
sich auslösen, zu einer straif gegliederten, vollkommen organischen 
und logischen einheit der handlung hat es die Tristansage aber 
auch hier nicht gebracht, solches ist in der mittelalterlichen 
litteratur überhaupt nur sehr selten anzutreffen, es fehlte dem 
dichter an der hiezu nötigen kraft der subjectiven energie, welche 
sich über den stoff stellt und ihn nach strengen regeln bemeistert, 
wenn wir die von K öl hing angestellten Untersuchungen über das 
gegenseitige verhältniss der drei hauptbearbeitungen, die aus der 
Thomasversion geflossen sind, ins äuge fassen, so ergibt sich, dass 
trotz vielen und nicht unbedeutenden differenzen 
doch das ganze episode für episode, zug um zug 
stimmt, nirgends Verwirrung der reihenfolge ein- 
riss, welche auf die vorläge zurückzuführen wäre, 
es sind drei redactionen eines und desselben ge- 
dichtes, es begreift sich, dass bei einem so beliebten thema 
ein grosses .gedieht sehr oft abgeschrieben und bearbeitet wurde 
und dass bei solchem verfahren eine anzahl von abweichungen 
sehr wol erklärlich sind, es besteht aber ein ganz ungeheurer 
unterschied zwischen den aus der Thomasversion und den aus der 
spielmannsversion geflossenen bearbeitungen. auch wenn wir den 
bear heitern der letzteren noch so viel freiheit zugestehen wollten, 
so werden sich doch die werke niemals auch nur annähernd unter 
einem ähnlichen gesichtspuncte vereinigen lassen, wie die der 
Thomasversion, eben weil hier kein bestimmter ausgangspunct 
vorliegt, auf grund des allgemeinen Stoffes der spiel- 

Golther, Tristan. 8 



~ 114 - 

mannsyersion haben sich mehrere einzelne, bearbei* 
tungen entwickelt: von dem gediohte des Thomas aber 
gab es zahlreiche redactionen. es begreift sich hieraus, 
warum wir von einer version des Thomas sprechen 
müssen, weil sie eben in einem sehr individuell ausge- 
prägten gedichte besteht, dagegen können wir die 
andere Version der Tristansage nur ganz allgemein als 
die spielmannsversion bezeichnen, weil in ihr kein in- 
dividueller kunstdichter schöpferisch aufgetreten ist. 

Thomas ist unstreitig der bedeutendste name, dem wir be- 
gegnen, sein werk muss als ein bahnbrechendes und zugleich 
sehr vollendetes kunstwerk betrachtet werden, wenn wir die 
gedichte als solche neben einander halten, dann muss man freilich 
Gottfried vor Thomas den preis zuerkennen, aber seine aufgäbe 
war auch eine viel leichtere, da ja die vorli^^e bereits vollendet 
war. den process, welchen Thomas mit seiner vorläge vornahm, 
dieselbe dichterische Verarbeitung liess dann Gottfried seinerseits 
dem Thomas angedeihen. bei zweifacher läuterung muss noch 
reineres und klareres gold aus dem tigel fliessen. 

E^ war im französischen noch eine bearbeitung der Tristan- 
sage vorhanden, die ähnlich dem Thomasgedichte den Stempel eines 
individuellen dichters, Chrestien von Troyes trug. 

In der einleitung zum Gliget (bei Holland, Gbrestien von 
Troyes, eine litteraturgeschichtliche Untersuchung, Tübingen 1854) 
sagt er: eil, qui jßst d'Erec et d'Enide — del roi Marc et d'Ysalt 
la blonde mscr. Gange 73, d'Yseut la blonde mscr. 6987. in einem 
liede (Holland ä. a. o. pag. 232) erwähnt er des Tristan: 

ainques dou buvraige ne bui, 
dont Tristans fu enpoissoiinez, 
car plus me fait amer, que lui 
fins cuers et bonne voulentez. 

Wir finden hier die form Ysalt, entsprechend der Eilhartischen 
tsalde. dieselbe begegnet auch im mscr. Bern von Tristans narrheit 
Ysiaut = Ysialt. die fragmente der spielmannsversion haben Yseut^) 

^) die proyenzalischen troabador haben fast alle die form Iseut; es 
scheint also eine version der spielleute und nicht das Thomasgedicht unter 



— 115 — 

wie dos zweite manuscript des Cliget. Yseut == Yselt. es ist 
unrichtig Iseult zu schreiben, wie Bessert in seiner abhandlung. 
es wäre gerade, wie wenn man die form der Übergangszeit z. b. aultre 
statt altre oder autre bevorzugen wollte, demnach haben wir für 
die spielmannsversion zwei formen Ysalt, Yselt, Ysaut Yseut an- 
zusetzen, der roman schreibt natürlich Yseult. die zweite form, 
welche im Thömasgedichte erscheint, ist Ysolt oder Ysout 
(im Donnez des Amanz z. b. Isoud). die formen des englischen 
gedicbtes Ysonde und der Trisiramsaga Isond erfordern für deren 
vorläge die lesart Ysoud; das u wurde als n verlesen, ähnlich im 
englischen Bohant für die namensform Boalt, Roaut aus Hruodwalt, 
Moraunt aus Morault. die namensform des Chrestiengedichtes 
deckt sich also genau mit der spielmannsversion. in dem liede 
zeigt sich eine sehr äusserliche, fast mechanische auffassung des 
liebestrankes. hieraus sind wir zu dem Schlüsse berechtigt, dass 
Chrestien von Troyes in seinem gedichte einen andern zweig der 
sage behandelt hat, als Thomas, was ja auch ganz natürlich 
scheint, da es doch seltsam wäre, wenn zwei dichter dieselbe 
quelle und ziemlich unter denselben Verhältnissen, nemlich um 
sie aus einer niederen Sphäre in die feinere, höfische, gesellschaft- 
liche zu erheben, tractirt hätten, die spielmannsversion war ihrer 
viel grösseren einfachheit halber nachmals besser geeignet in prosa 
aufgelöst zu werden, als das formvollendete Thomasgedicht, wie 
wir ja am beispiele unseres deutschen aus Eilhart geflossenen 
prosaromanes ersehen, der das Gottfriedische gedieht gar nicht 
berücksichtigt, in Frankreich mag dem noch der umstand zu 
hilfe gekommen sein, dass auch die spielmannsversion zur höfischen 
umgearbeitet wurde. Chrestien ist ein einfacherer erzähler, ein 
viel weniger bedeutender dichter als Thomas, aus den Vorstufen, 
die wir für seinen Tristan nachzuweisen im stände sind, zeigt sich, 

ihnen bekant gewesen zu sein, nur Bartolemeu Zorgi "hat Izoi, Peire de 
Corbiac Isolt. der roman de Renart Meon II, pag. 96 hat die form Iset, 
was auch auf Iselt zurückgeht, es ist aber nicht zu verschweigen, dass 
sich die form Yseut auch in redactionen des Thomasgedichtes belegen lässt, 
cfr. oben pag. 102 anm. einmal bei Michel II, pag. 60, vers 1283 Yselt. 
vielleicht nur druckfehler? — Bartsch irrt also, wenn er (Germ. Studien I, 126) 
behauptet, die französischen texte kennen so wenig wie Gottfried oder seine 
nachfolger die form Isalde sondern nur Isold, Isöt, Iseut, Iseult. 



— 116 — 

wie wenig man berechtigt ist, ihn als den eigentlichen schöpfet 
dieser epen, der womöglich der keltischen idiome fähig seinen stoff 
erst mühsam zusammensuchte, zu bezeichnen und es wird sich bei 
den übrigen nicht anders verhalten, cfr. oben pag. 31 if. obwol 
das Chrestiengedicht in directen Zusammenhang mit der spielmanns- 
Version^) zu bringen ist, so darf man doch Keineswegs mit Gisli 
Brynjülfsson (saga af Tristram ok Isönd, Kjöbenhavn 1878, 
pag. 382 — 3) die bei Michel I abgedruckten sog. Berolfragmente 
als bruchstücke des Chrestiengedichtes ansehen, erwägungen über 
spräche, form und stil verbieten durchaus eine solche annähme. 
Die deutschen Tristanbearbeitungen sind genugsam bekannt, 
für das italienische und spanische ist nur wenig zu bemerken, und 
das notwendige findet sich in der einleitung bei Michel I und 
Hagen, minnesinger IV. auf die nordischen bearbeitungen wollen 
wir hier anhangsweise noch einige blicke werfen, einerseits um 
festzustellen, ob wir aus dem materiale nicht noch einige rück- 
Schlüsse auf das französische gewinnen können, andererseits um 
die eigenartige behandlung des stoiFes unter den hier obwaltenden 
Verhältnissen zu verfolgen, denn während man sonst mit den 
Übersetzungen sich begnügte, und nur ganz verschwindende ausätze 
zu einer selbständigen dichterischen neubearbeitung des stoffes sich 
zeigen, so liegen die dinge hier etwas anders, neben der Trlstram- 
saga, welche eine 1226 angefertigte Übersetzung des Thomas-r 
gedichtes repräsentirt, existirt noch eine zweite isländische 



^) auch G. Paris (Rom. XV, pag. 699 und 602) bringt das gedieht des 
Chrestien mit der spielmannsYersion in Verbindung, er hält sogar'den fran- 
zösischen prosaroman für eine nachahmung desselben, man könnte auch 
die frage aufwerfen, ob nicht vielleicht Heinrich, dessen gedieht ja den 
andern gegenüber eine sehr bemerkenswerte feinheit aufweist, dem Chrestien- 
gedicht folgte? jedenfalls müssten sich aber in derjenigen version, welche 
man für Chrestienin ansprach nimmt, züge nachweisen lassen, durch welche 
sie eine besondere Stellung unter den andern einnimmt, für den Lancelot 
hat 'Paris (Rom. XII, 485 if.) den nachweis erbracht, dass Chrestiens gedieht 
in den prosaroman verarbeitet wurde, während man früher irrtümlich die 
prosa für die quelle hielt, aber beim Tristan liegen die Verhältnisse etwas 
anders und gerade der in frage kommende teil, der schluss, erregt insofern 
bedenken, als er sich fast ganz mit Eilhart deckt. Chrestien müsste die 
vorläge Eilharts oder eine sehr nah verwandte darstellung bearbeitet haben. 



— 117 — 

Tristansage, welche Bry njülfsson annaler for nordisk oldkyndighed 
og historie 1851, pag. 4 fF. edirt hat. die handschrift stammt 
aus dem XV. Jahrhundert, und die sage selbst ist jedenfalls eine 
sehr späte bildung. ein kurzer vergleich zeigt, dass die stofflich 
übrigens sehr abweichende sage auf die norwegische Übersetzung 
zurückzuführen ist und der gedanke ganz fern gehalten werden 
muss, als hätten wir es auch hier mit einer Übersetzung zu tun, 
welche uns einen sonst nicht bekannten zweig vermittelt. Tristans 
njutter heisst Blenzibly, was aus Blensinbil der saga hervorgieng; 
der name Bringven erscheint in einer richtigeren form und dadurch 
erweist sich Bringvet der saga als offenbarer fehler, den die vor- 
läge des isländischen werkes nicht enthielt, bei Thomas lautet 
die form Brengien,^) im englischen gedieht Brengwain und Bring- 
wain. Biring erzieht Tristan, er wird geraubt und an einen 
mächtigen vikinger verkauft, der ihn endlich an der küste von 
England aussetzt. Biring, der seinen pflegesohn in vielen ländern 
gesucht hat, kommt als bettler nach England und wird von Tristram 
mit grosser freude aufgenommen, dies entspriclit vollkommen der 
geschichte mit Hröaldr-Rual und kommt in der spielmannsversion 
überhaupt nicht vor. am Schlüsse bittet ein zweiter Tristram aus 
Jakobsland den helden um hilfe gegen seine sieben brüder. es 
ist demnach der schluss der Thomasversion, nicht das abenteuer 
mit Nampotenis. die Umarbeitung wurde sehr frei und flüchtig 
gemacht und der bearbeiter hat aus eignem ermessen hie und da 
rein erfundene züge hinzugefügt, der Tristan feindliche marschall 
in Irland wird Kaei genannt, aus nordischer sage ist der zug, 
dass der wunde Tristan seine 60 schiffsgenossen mit einander 
kämpfen lässt, bis nur er . allein noch am leben ist. die schwarze 
Isolde ist die Schwester der jarle Sigurdr und King, es macht 
den eindruck, als ob der bearbeiter stellenweise rein nur nach 
dem gedächtniss gearbeitet habe, die ereignisse der beiden reisen 
Tristans nach Irland sind bunt durcheinander gewürfelt. Tristan 
wird von Engres, dem Irenkönige, der an Morolis stelle getreten 
ist, verwundet, dass ein splitter in seinem haupte stecken bleibt, 
das wird doch sonst überall von Morolt berichtet, nach Isoldes 



^) Brenguein, Michel 11, pag. 64, 1161. 



- 118 — 

reinigungseid bis zum Schlüsse findet sich eine lücke, die hierher 
gehörigen ereignisse sind weggefallen, derartige isländische bear-* 
beitungen romantischer stoffe, welche ursprünglich iu Norwegen 
übersetzt worden waren, finden sich auch sonat, cfr. Kölbing, 
Germania XVII, pag. 193 — 197. wichtig aber ist, wie das Gottes- 
urteil erzählt wird (Annaler p. 60): en pö bar svo til, at |»au 
gengust ä möti a einu straeti, adr |)au skyldu til skfrslunnur fara. 
Hildifonsus het biskup i Vallandi, sa er skirsluna gerdi. en um 
dag einn |>ä er {>au ridu, |»a vard fyrir {)eim eitt mikit diki, Qk 
la 1 dikinu hestr Isoddar drottnfngar; f)a kom ^ar at einn stafkarl 
ok kipti henni upp ä bakkann, ok bar svo til at hon steig yfijr 
hann. Ok er hon kom i Valland, |>a finnu |>au biskup, ok bad 
hon sik svo skfra vera, at sa .einn stafkarl hefdi henni neer komit, 
annarr enn böndi hennar, er kipti yfir dikit; ok eptir j^essi sögu 
gerdi biskup henni skirslu ok verdr hon vel skir. die scene ist 
also nicht so erzählt, wie sie in dem gediehte des Thomas steht, 
sondern die scenerie ist eine andere und das eisentrageu föUt weg, 
es ist die darstellungsweise der spielmannsversion. die scene be^ 
gegnet uns auch sonst in der isländischen litterätur, in der Grettis- 
saga, cfr. oben pag. 14 f. noch einen zug aus der Tristansage 
fanden wir in der Gaungu Rolfssaga, cfr. oben pag: 16. Hrolfr 
wirbt, wie Tristan für Marke, für den jarl |>orgnyr um Ingigerd, 
die später seine braut wird, auf der fahrt findet sich der inte«^ 
rassante zug: lägu |>au Hrolfr ok konungsdottir baedi saman hverja 
nott, ok nakit sverd i milli J^eirra. Fornaldar sögur III, pag. 303« 
die sagen sind zwar an und für sich zum grössten teile ganz 
wertlos und erweisen sich auf den ersten blick als sehr späte pro- 
ducte. jedoch behalten sie insofern bedeutung, indem aus ihnen 
zu entnehmen ist, welches maass von bildung ihre verfertiger 
besassen und welche romantische und andere si^en sie vor allen 
benützten, der Verfasser der Gaungu-ßolfssaga hatte jedenfalls, 
wie derjenige der Grettissaga kenntniss von der spielmannsversion 
der Tristansage oder doch wenigstens von episoden aus derselben, 
und so ist es auch beim Verfasser der jüngeren isländischen sage 
vorauszusetzen, wir dürfen demnach schliessen , dass man auch 
die spielmannsversion im norden neben der Übersetzung kannte, 
wobei allerdings nicht auszumachen ist, ob. auch sie etwa durch 



— 119 — 

eine Übersetzung bekannt war, oder ob nur einzelne züge losgelöst 
vom Zusammenhang mit dem ganzen in umlauf waren. 

Die nordischen Volkslieder haben sich des stoffes 
bemächtigt, die isländischen lieder (Islensk fomkvsedi ved Sv. 
Grundtvig og J6n Sigurdsson heft I, pag. 186 — 207) ent- 
sprechen der norwegischen saga cap. XCVI — CI. der todwunde 
Tristan hat nach der lichten Isolde (Isodd bjarta) um heilung aus- 
gesandt, blau sollen die segel sein, wenn sie naht, schwarz wenn 
sie fern bleibt, ein eigener zusatz des liedes ist, dass Isolde sich 
Yom könig Marke die erlaubniss zur fahrt einholt. Tristans gattin, 
die schwarze Isolde (Isodd svarta) geht zu Tristan hinein und 
meldet ihm, deine schiffe kommen wiederum zum lande, aber 
schwarz sind die segel und nicht blau, da wandte sich Tristan 
zur Seite und das herz brach ihm vor weh. unterdessen landete 
die lichte Isolde, die gloeken läuteten und priester sangen über 
seiner todtenbahre. Isolde neigte sieh über seiner leiche und 
endete ihr leben, zu beiden Seiten der kirche werden die liebenden 
beerdigt, aber hohe bäume wachsen aus den gräbern empor und 
vereinigen ihre zweige über dem kirchendache. das lied ist 
direct aus der saga geflossen, nur in der saga wird 
Isolde Weissband Isodd svarta genannt (cfr. Eölbing, Tristram- 
saga einl. pag. XVII). blau soll das segel der freude sein (bla 
skulu segl ä skipinu sem hün er ä) cfr. dazu Tristramsaga cap. IG 
Kardin sigldi med hvitum ok bläm seglum. im französischen 
nur „le blanc sigle unt amunt traif", Michel II, pag. 79, 1700. 
aus einer anderen spräche wurde das lied nicht übersetzt und 
namentlich ist ein Zusammenhang mit dem gleich beginnenden 
anfang (ferido esta don Tristan de una mala lancada =3= Tristran 
hadi bardagann vid heidinn hund: I>ar hlaut margur blöduga und 
af f>eirra fund) der spanischen romanze, an den die herausgeber 
(Isl. fornkvsedi pag. 188) zu denken scheinen, entschieden abzu- 
weisen, da diese letztere auf einer ganz verschiedenen sagenversion 
beruht, cfr. oben pag. 90. in zweiter linie kommt ein fseröisches 
lied in betracht, herausgegeben in der Tristramsaga v. G. Bryn- 
jülfsson pag. 366—370, und faeresk anthologi ved. V. ü. Ham- 
mershaimb, Kebenhavn 1886, pag. 216 — 222. Tistram und Isin 
lieben sich, aber sein vater und seine mutter wollen sie trennen. 



- 120 - 

sie senden daher Tistram mit einem briefe zum könig von Frank- 
reich, entweder soll er seine tochter z,um weihe nehmen, oder den 
tod erleiden. Tistram weigert sich, wahrt die treue und stirbt, 
darauf zieht Isin sengend ,und brennend nach Frankreich zur räche, 
geht zum galgen, an dem Tistram hängt und stirbt an seiner 
leiche. es finden sich hier gar keine beziehungen mehr zur eigent- 
lichen sage, warum die liebenden getrennt werden sollen, ist 
nicht gesagt, vielleicht auch aus dem in den dänischen liedem 
genannten gründen, weil sie geschwister sind, der name Isin 
erklärt sich als eine abkürzung, indem man Is-odd oder Is-olt-alt 
zerlegte und an Is- die enduug -in (Katrfn Kristin) anfügte.^) 
die namensform kann nur auf nordischem boden entstanden sein. 
Tistram mit ausfall des r an erster stelle ist in den dänischen 
liedern häufig, wir werden darum wol an entlehnung 
des Stoffes durch dänische Vermittlung zu denken 
haben, das heroische ende erinnert an speciell nordische sagen, 
an Hagbard's und Signe's geschick. aus der norwegischen 
saga und ihrer isländischen Weiterbildung ist das 
lied unter gar keinen umständen geflossen, zwei 
oder drei verschiedene gruppen von liedern haben wir im dänischen , 
abgedruckt in der Tristramsaga pag. 339 — 362. das erste lied, 
erhalten in handschriften des XVL und XVII. Jahrhunderts be- 
handelt eine Zusammenkunft der liebenden im rosengarten unter 
der grünen linde, die scene selber lässt sich mit keiner der spiel- 
mannsversion oder des Thomasgedichtes in directen Zusammenhang 
bringen, es ist reine erfindung des Volksliedes, die überlieferten 
namensformen sind Thisterum, Thistrum, Thistrun, Thistronn, 
Tistrum, Thristum, Tristum, Thristronn, Thristrom. es ist dies 
ohne zweifei eine reminiscenz an die stelle der Tristramsaga 
cap. XVI en f pessu mäli er trist hryggr en hum er madr ok 



^) das fseröische lied ist somit a\if die ganz richtige alte form des 
namens gekommen, jedoch unbewusst. die Zerlegung lehnt sich an ver* 
wandte namen an, vorzüglich an den in den liedern häufigen namen Is-mal. 
Isin findet sich im fseröischen aber auch als masculinum, als abkürzung von 
Isungr, so in den liedern, die zum Sagenkreise Dietrichs von Bern gehören, 
cfr. f. anthologie ed. Hamraershaimb pag. 223 (fsin eigir eina borg) und 
pag. 237. 



— 121 — 

var |)Yf snuit nafni bans, at fegra atkvasdi er Tristam enn Tristhum. 
man hat es hier vielleicht mit einem erklärungsversuche des nor- 
wegischen möncbes selber zu tun, denn im romanischen ist meines 
Wissens eine solche erklärung u^nerhört. jedenfalls hat sie anklang 
gefunden und ohne dass sonst eine spur übrig geblieben wäre, 
einfluss auf die bildung des dänischen namens ausgeübt. Isolde 
aber heisst Isallt, Issallt, Isalt, Isolt, Isoldt, Isbal (a. a. o. pag. 340 
anmerk.). in der sage lautet die form Isodd oder Isond. dem* 
nach weist der name auf die spielmannsversion und 
zwar auf durch deutschen einfluss vermittelte, 
etwa prosaische bearbeitungen des Eilhartgedichtes, 
die zweite gnippe schildert, wie Tristan und Isolde, welche nach 
einigen liedern geschwister sind, sich nicht finden sollen, aber 
dennoch treffen sie an des kaisers hofe zusammen, frau Kritnold 
will sie vergiften, muss aber den trank selber trinken, und Tristan 
entführt am ende die geliebte, auch hier ist jeder Zusammenhang 
mit der sage gelöst, nur noch die namen sind vorhanden, alles 
andre ist erfindung und mischung mit den verschiedensten sagen- 
elementen, z. b. Grimhild mit dem tränke ist eine reminis'cenz an 
die Niflungensage, näheres Gisli Brynjülfsson a. a. o. pag. 333. 
Von den nordischen liedern ist also nur das is- 
ländische aus der Übersetzung des Thomasgedichtes 
geflossen, die andern beruhen auf reiner erfindung 
und stammen aus einer späteren zeit, es geht aber 
aus ihnen hervor, dass unterdessen deutsche bear- 
beitungen in Dänemark und auf den Faer0ern be- 
kannt geworden waren, die in Norwegen angefertigten Über- 
setzungen romantischer sagen sind zum grössten teil nur in 
isländischen abschriften und teilweise auch bearbeitungen er- 
halten, während sie in Norwegen bald verloren gegangen zu 
sein scheinen, es ist daher leicht erklärlich, warum wir gerade 
ein isländisches lied aus der Übersetzung hervorgehen sehen, 
noch in isländischen märchen zeigt sich deutlich eine 
erinnerung, wenn auch nur in den erhaltenen namen. der stoff 
gehört zu den märchen* von den bösen Stiefmüttern, bei Jon 
Arnason, islenzkar fjodsögur og aefintyri II, pag. 315 und 320 
finden sich zwei märchen: sagan af Fertram og Isöl björtu, die 



- 122 — 

nebenbulerin heisst fsöl blakka; und sagan af Tistram og Isöl 
björtu; hier heisst die nebenbulerin Isöta svarta. Fertram ist nur 
eine rariante, wie aus der anmerkung pag. 319 hervorgeht: fl|)vi 
ymist er hün köllud, eins og her, eda sagan af Isöl björtu og 
Isol svörtu, eda af Fertram og Isoddu, eda Tistram og Isöl björtu, 
eda Tistram og Isoddu, og mun päd alt vera sama sagan. ^ 

Ein blosses spielen mit den hochberühmten namen geht schon 
in ältere zeit hinauf, indem in der |>idrekssaga^) cap. 281 der 
jarl Harpengn eine frau hat mit namen Isold oder Isodd, ihr söhn 
heisst Tistram, Tristram oder Tilstram. 

Noch bleiben zwei neuere erschein ungen zu besprechen, 
dänische prosaromane. cfr. darüber auch E. Nyrop, 
Romania VIII, pag. 280 — 1. für die sagengeschichte bieten die 
romane wenig interesse. es ist nur von interesse, zu beobachten, 
wie der stoflf noch einmal wahrscheinlich erst im letzten jähr* 
hundert von Deutschland aus in die dänische spräche übergieng. 
die notizen über ausgaben verdanke ich einer gütigen mitteilung 
-Kälund's aus Kopenhagen, das eine der dänischen Volksbücher, 
das bis in die jüngste zeit aufgelegt wurde (Kopenhagen 1857), 
trägt den titel: historie om herr Tristan og den smukke Isalde, 
som oplevede stör glöde med hinanden, og hvorledes de fik en hei 
s0rgelig ende, das erste capitel trägt die aufschrift: hvorlunde 
kong March af Kumeval formaeles sin s0ster Blankeflor med kong 
Ribalin af Leonois. es ist dies eine Übersetzung des deutschen 
prosaromanes. an zweiter stelle kommt ein Volksbuch zu nennen, 
das auch noch bis in die jüngste zeit aufgelegt wurde (Kopen- 
hagen 1876, Bergen 1879), mit dem titel: en tragisk historie om 
den sedle og tappre Tistrand, Hertugens s0n af Borgundien, og 
den skj0nne Indiana, den störe Mogul keyserens datter af Indien, 
die ersten ausgaben scheinen vom ende des vorigen Jahrhunderts 
zu datiren und das ganze elaborat wird nicht früher gesetzt werden 
dürfen, ^les noms et les lieux de la scene sont ainsi fortement 
defigures, mais neanmoins notre recit suit tres bien dans tous les 

^) cap. 417 ff. führt Hertnid's gattin ebenfalls den namen Isold. die 
erklärung Sarrazins ztschr. f. vergl. litteraturgesch. bd. 1, 1887, pag. 265 — 6, 
welche hierin mehr als ein blosses äusseres spiel des zufalls mit den namen 
erkennen will, kann ich nicht annehmen. 



— 123 — 

details les versions primitives et semble se rapproeber tantöt de 
Thomas, tantöt de Berol Nyrop a. a. o. 281. das Volksbuch 
schliesst sich aber vollständig an den roman an. einige züge sind 
weggefallen, z. b. das haar, das die schwalbe bringt, aber trotzdem 
sind worte und scenen, die nur auf dieser basis eigentlich ver-* 
ständlich sind, stehen geblieben, z. b. prosaroman (6d. Pf äff 
pag. 32): und die weil er also in dem bad sass und die fraw vor 
ym umgieng, gedacht er bey dem har, das er mit ym gefürt het, 
das sy die fraw wer, die er s&chte, und ward io ym^selbs schmollen, 
des nam die schön Isald war, und gedachte; wes lachet dieser? 
ich weiss doch nichts, das ich geton hab. aber ich solt ym sein 
Schwert haben gewischte, im dänischen Volksbuch (ausg. von 1792, 
pag. 28): og som hun stod og ordinerede alle ting, taenkte Tistrand 
ved sig selv, om hun vidste, at jeg er den, der draebte Kunchin, 
fik jeg ikke saa stör opvartning, og med det samme loe han. auf 
dieses hin holt auch hier Indiana das scbwert. also es ist nur ein 
anderer grund unterschoben, züge der geschmacklosesten und 
albernsten erfindung sind häufig, aber am ärgsten ist die mora- 
lisirende tendenz; tugend überwindet alles, auch die liebe, das ist 
der grundgedanke des Verfassers, niemals geniessen Tistrand und 
Indiana auch nur im geringsten einen Schimmer von liebesglück. 
es ist im höchsten grade lächerlich und absurd, wie alle scenen 
des Eilhartgedichtes (am Schlüsse finden sich aber grosse kürzungen) 
erzählt werden und dabei die liebe, das einzig lebende und treibende 
motiv der sage, eliminirt wird, nur einmal zeigt sich auch be- 
kann tschaft mit der höfischen version, indem nach der Verurteilung 
und dem waldleben auch noch die eisenprobe erzählt wird. Tistrand 
muss als gottesurteil einen kämpf mit wilden thieren bestehen! 
das Gottesurteil passte natürlich der tendenz "sehr gut, denn die 
vollkommen reinen und schuldlosen werden dadurch wunderbar 
gerechtfertigt, man darf also nicht etwa an einen durch irgend- 
welche Zwischenglieder vermittelten Zusammenhang mit der Berol- 
version denken, wo ja auch Verurteilung und reinigungseid ver- 
einigt sind, abgesehen von allem andern ist es hier die eisenprobe, 
dort aber nur der reinigungseid. 

Der poetische wert der Tristansage, welcher sie weit über 
die gewöhnlichen ritterromane, einen Iwein, Erec etc. stellt, liegt 



— 124 — 

in dem glücklichen umstände beschlossen, dass wirklich ein grund- 
gedanke, die liebe, durch das ganze sich hindurchzieht, so konnte 
es gelingen, die ganz willkürlich und zufällig zusammengeraffte 
menge Ton einzelnen abenteuern und episoden zu einer wirklichen 
einheitlichen dichtung zu vereinen und der sage somit einen 
bleibenden poetischen wert zu sichern, während die übrigen romane 
des bretonischen kreises, soweit sie nicht gerade dem ernsteren 
genre der Gralssage angehören, hierauf keinen anspruch machen 
können, die episodßn können einzeln interessiren, aber in der 
gesamtheit sind sie gehaltlos. 



Akademische Buchdruckerei von F. Straub in MQnchen. ^ ^^ 



[ 



■ 



MAR 1 1965 



um 



^